Freitag, 24. Februar 2017

Rezension: Epidemie von Asa Ericsdotter

Epidemie
von Asa Ericsdotter

übersetzt von Ulla Ackermann
Setting: Schweden
Genre: Thriller-Dystopie (Populismus)

Verlag: Arctis
Seitenzahl: 384
Hardcover: 22,00 €
ebook: 17,99 €

1. Auflage: Feb 2017




* * *

*Die Fettepidemie ist eine tickende Zeitbombe.
Schweden muss sich von Grund auf verändern,
um eine Katastrophe dieses Ausmaßes bewältigen zu können.*

* * *

Seit knapp vier Jahren ist der Ministerpräsident Johan Svärg in Schweden mit seinem Gesundheitsprogramm gut gefahren. Er hat der Bevölkerung Gesundheit versprochen. Gesundheit für alle - wenn sie schlank sind und sich an sein Programm halten.

Zu diesem Zeitpunkt steigt man in die Thematik ein, die aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird:
  • Johan Svräg, der sich einen perfiden Plan überlegt, damit er in 6 Monaten wiedergewählt wird.
  • Landon, der zwar übergewichtig ist, aber noch nicht zu denen zählt, die von der Regierung als sehr gefährdet eingestuft werden
  • und Gloria, die mit ihren 150 Kilo schon ziemlich mit dem Umschwung in der Gesellschaft zu kämpfen hat.


Die Autorin nimmt hier kein Blatt vor den Mund und zeigt sehr offen und direkt, welche Ausmaße politische Handlungen nehmen können, vor allem, wenn sie zwar nach außen hin eine gut gemeinte Verbesserung darstellen sollen, es indirekt aber wie immer nur ums Geld (und um Macht) geht.

Seit Jahren sprießen in Schweden Fitnesscenter aus dem Boden, Fachkliniken für Fettabsaugung oder Magendband OPs, Koch Shows mit Ernährungsberatern und die Pharmaindustrie boomt natürlich! Aber selbst vor Kindern und Säuglingen macht die Politik hier nicht halt, denn gute Menschen sind nur schlanke Menschen - alles unter dem Deckmantel der Gesundheit. Denn je dicker, desto anfälliger für Krankheiten und somit schlecht für die Staatskasse und ergo auch für die Bevölkerung.

Ich hab die ganze Zeit beim Lesen immer überlegt, ob das alles tatsächlich möglich ist, ob sich auch heute noch die Menschen(massen) so einer Gehirnwäsche unterziehen lassen könnten. Einige Methoden des Ministers erinnern stark an Hitlers Zeiten und man ist ja immer so bestürzt/fasziniert, wie sehr man eine ganze Gesellschaft so lenken konnte, ohne dass es anscheinend jemandem auffällt. Zumindest die Presse müsste doch Wind davon kriegen, denn sie stecken ja überall ihre Nase rein - aber wieviel Einfluss und Macht hat so eine Behörde tatsächlich, um alles zu verschleiern?

Anfangs wirkte das ganze noch etwas konfus, denn nach den ersten Seiten war nicht klar, an welcher Stelle man gerade steht. Ich dachte, dass das alles grade erst seinen Anfang nimmt, das war etwas ungeschickt aufgebaut. Trotzdem war ich sofort gefesselt, denn der Einstieg ist schon sehr extrem: 
Die krankhafte Fixierung auf das Äußere, auf das Gewicht, auf Kalorien, die unzähligen Versuche, noch mehr abzunehmen und auch die Scham, Lebensmittel einzukaufen oder in der Öffentlichkeit zu essen, prägt das Gesellschaftsbild. Magen OPs werden zu Schleuderpreisen angeboten und auch vor Kindern wird nicht Halt gemacht: man will ihnen ja einen guten Start ins Leben nicht durch unnötige Gewichtszunahme versauen ... Aber selbst als die ersten Toten registriert werden, gibt es keinen Aufschrei aus der Bevölkerung. 

* * *

"Nicht einmal, als Wissenschaftler den Nachweis erbrachten, dass Menschen 
mit leichtem Übergewicht in der Regel länger lebten als Untergewichtige, 
protestierte das Establishment. Diabetes! Herz- und Gefäßerkrankungen! 
Dann doch lieber Mitbürger mit Essstörungen, die sich leicht lenken ließen." S. 100

 * * *

Die wenigen Einzelnen, die sich dem ganzen Wahn entziehen wollen, haben es nicht leicht mit dem ganzen Druck von außen; vor allem da es gegenüber der Öffentlichkeit entweder totgeschwiegen oder bagatellisiert wird. Johan Svärg wird immer radikaler und schreckt vor nichts mehr zurück. Es ist richtig gruselig zu verfolgen, wie er mehr und mehr Menschlichkeit verliert, weil er sich schlicht und einfach in seine Idee verrannt hat.

Lustigerweise steht hier auf dem Cover "Roman", obwohl diese Geschichte tatsächlich mal den Stempel "Thriller" verdient hat! Wie gesagt war der Anfang noch etwas wirr, aber als ich mich dann zurechtgefunden hatte, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen und hatte eine schlaflose Nacht! Es ist so fesselnd geschrieben und baut eine immense Spannung auf, gleichzeitig ist es so erschütternd und wirkt so erschreckend real, dass ich beim Lesen desöfteren ein ganz ungutes Gefühl im Magen hatte. 
Asa Ericsdotter hat hier das Thema größenwahnsinniger Politiker, die gekonnt die Gesellschaft manipulieren, mit dem sehr aktuellen Thema Schönheitswahn verbunden. Doch man kann hier alle möglichen Themen einsetzen und nur hoffen, dass sowas niemals wieder funktioniert: die Ausgrenzung bestimmter Menschen durch irgendein Merkmal, das jemanden nicht in sein Ideal passt. Dabei überlegt man sich schon, ob diese schleichende Bevormundung nicht grade schon geschieht und ob wir es tatsächlich merken würden ...

Ein dringend lesenswertes Buch, das mit seiner Thematik aufrüttelt und den Menschen die Augen öffnen soll. Sehr aktuell, sehr offen und sehr erschütternd!


Bewertung
  http://blog4aleshanee.blogspot.de/search/label/4%2F5%20Sonnen

© Aleshanee 

Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.
 Es gab diesbezüglich keinerlei Vorgaben und die Rezension 
spiegelt meine ganz persönliche Meinung wider.


Über die Autorin: Asa Ericsdotter, geboren 1981 in Uppsala und aufgewachsen in Schweden, lebt heute mit ihrer Familie an der Ostküste der USA. Sie debütierte mit 17 Jahren und hat seitdem eine Reihe poetischer Kurzprosatexte veröffentlicht. Mit "Epidemie" legt sie ihren ersten Roman vor.
Quelle: Klappentext




15 Kommentare:

  1. Hallo liebe Aleshanee,
    Übergewicht in einer Dystopie ? Sehr ungewöhnlich. Bis eben war mir das Buch total unbekannt und doch hast du mit deiner Rezi meine Neugier geweckt. Auch ohne deinen letzten Satz, hat es den Anschein, als wäre es der Autorin wichtig, dass die Menschen aufgerüttelt werden.
    Ein Muss-ich-haben-Buch dank dir. ;-)
    Liebste Grüße, Hibi

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    1. jap, ungewöhnlich ist das richtige Wort ;)
      Deshalb hat es mich auch so neugierig gemacht und ist auch teilweise sehr heftig! Anfangs wie gesaagt noch etwas konfus, aber dann sehr sehr spannend!

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  2. Hallöchen Aleshanee,

    eine sehr schöne Rezension ♥
    Ich habe das Buch auch noch als Rezi-Ex hier liegen und werde es Anfang März lesen :) Bin schon gespannt.

    Liebe Grüße
    Charleen

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  3. Hallo,

    wow, das klingt verdammt interessant, ich merk mir das mal in meiner Leseliste vor. Im Moment mag ich solche Ddtopienganz gern, die auf sehr wirklichkeitsnahen Darstellungen beruhen, da passt das Buch wirklih gut rein.

    Liebe Grüße

    Ponine

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    1. Jup, das passt dann wirklich perfekt. Und ich fands auch super umgesetzt und regt auch zum Nachdenken an!

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  4. Hallo meine liebe,

    Das klingt ja wirklich interessant und ist mal was völlig anderes. Eine Rezension macht richtig neugierig und ich glaube, das Buch würde ich auch nicht mehr so schnell zur Seite legen. Es ist bestimmt auch ein wenig erschreckend. Denn heute ist der Schönheitswahn und das Thema abnehmen ein großes Gesprächsthema, wer weiß wie weit wir von sowas entfernt sind.

    Liebe Grüße,
    Vanessa

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    1. Ja, das Thema hat natürlich super gepasst! Aber prinzipiell kann man natürlich alles einsetzen anstatt dem "Schönheitsideal". Aber es war echt gut gewählt ... ich kanns auf jeden Fall sehr empfehlen :)

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    2. Das stimmt wohl, man könnte auch ein anderes Thema wählen. Es ist erschreckend wie schnell die Gesellschaft zu etwas geleitet werden kann.

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  5. Huhu Alex,

    ich bin begeistert von deiner Rezitation und jetzt mal so richtig gespannt auf das Buch, das ich auch noch hier liegen habe zur Rezi. Das Thema sprach mich so schon an und auf die Umsetzung bin ich schon neugierig. Gerade die Entwicklung in der Gesellschaft scheint mir sehr glaubwürdig aufgebaut.

    Liebe Grüße
    Silke

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    1. *Von deiner Rezi sollte das natürlich heißen. 🙈

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  6. Hallo liebe Aleshanee,
    man wispert im Netz, dass Du so eine tolle Rezi zu "Epidemie" geschrieben hast - und man wispert zu Recht. ;)
    Das Buch hört sich wirklich richtig gut an und es ist wirklich ein brisantes Thema. Es wird ja schon immer mal wieder darüber diskutiert, ob man Leuten, die gesund leben, einen Krankenkassenbonus zu Teil kommen lässt. Gerade auch im Zusammenhang mit den Fitnessarmbändern. Eine gefährliche Entwicklung, finde ich.
    Die Kehrseite von so was wie in dem Buch, wären sicher noch mehr Eßgestörte und Magersüchtige. Wird das auch im Buch erwähnt?

    Und ja, ich glaube, die Leute sind so dumm und lassen sich gerne sagen, wo es lang zu gehen hat. Besonders, wenn es dann ein gemeinsames Feindbild gibt. Sieh nur mal in die USA. Hätte man das wirklich für möglich gehalten, dass die Trump wählen? Was Politik angeht, ist der Mann stroh dumm. Aber mit Populismus hat er es an die Macht geschafft.
    Manchmal fürchte ich mich davor, dass bald alle weggestorben sind, die den Krieg erlebt haben und keiner mehr mahnen kann.
    Ganz liebe Grüße
    Lilly

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    1. Ohhh, tatsächlich? Das freut mich natürlich :)

      Ja, es wird grad am Anfang schon drauf eingegangen, teils sehr direkt, teils auch subtil. Der Schönheitswahn hat da auf jeden Fall auch sein Thema. Man könnte es ja beliebig austauschen, aber ich finde es gut, dass die Autorin das gewählt hat. Ist ja auch aktuell.

      Und ja, die Herde läuft halt leider immer dem nach, der am lautesten schreit *lach* Eigentlich traurig aber wahr, und war ja auch schon immer so. Wenn man mal die letzten Jahrhunderte zurückblickt kommts einem so vor, als hätte niemand so wirklich etwas daraus gelernt. (also im Gesamtbild)

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    2. Guten Morgen :)
      Ja, Hibi hat das Buch als Wunsch genannt und sich bei den Kommis mit jemand über Deine Rezi unterhalten.

      Du, ich denk das schon auch, dass die Welt nichts dazu gelernt hat.
      Früher dachte ich, es ist völlig klar, dass es nie wieder Krieg gibt. An meiner damligen Schule stand auch der Spruch: Stell dir vor, es ist Krieg und niemand geht hin.
      Heute muss ich einsehen, dass es eine Menge Leute gibt, die da nur allzu gerne hingehen würden.
      Dazu nützt es nichts, wenn man selbst vielleicht nicht gehen will, aber der andere zu einem kommt. (->Terrorismus)

      Als Putin die Krim übernommen hat, hat mein Bild von "Nie wieder Krieg" das erstemal einen argen Sprung bekommen. Und seit Pegida und dem rechten Mob, der auf den Flüchtlingsbus losgegangen ist, bin ich mir sicher, dass wir nicht generell sicher sind. :(
      Oh man, was für ein Thema.
      Herzlich
      Lilly

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    3. Ach ja, die Hibi ♥

      Kriege gab es schon immer und wirds auch immer geben - ich bin da mittlerweile recht nüchtern dem Thema gegenüber, weil ich einfach nichts sehe, was mich von etwas anderem überzeugen kann, leider.

      Deshalb: wenigstens in dem kleinen Kreis der Familie, Freunden etc. schauen, dass es zumindest da keinen "Krieg" gibt ;) Freundliches Miteinander fängt immer im kleinen an ♥

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