Warum unsere Kinder Tyrannen werden
von Michael WinterhoffGenre: Sachbuch Erziehung
Verlag: Gütersloher Verlagshaus
Seitenzahl: 191
Hardcover: 17,95 €
Taschenbuch: 9,95 €
ebook: 8,99 €
ISBN: 978-3-579-06980-7
1. Auflage: Jan 2008
Klappentext
Kleinkinder außer Rand und Band, Zehnjährige, für die Respekt vor Eltern
und Lehrern ein Fremdwort ist, 17-Jährige, die nicht mehr arbeitsfähig
sind - Kinder an die Macht?
Gesellschaftliche Fehlentwicklungen und eigene Probleme von Erwachsenen verhindern, sich abgegrenzt und strukturierend gegenüber dem Kind zu verhalten und diesem dadurch eine normale Entwicklung seiner Psyche zu ermöglichen. Stattdessen wird es zunächst partnerschaftlich, dann symbiotisch vereinnahmt und kann niemals eine eigene Persönlichkeit entwickeln.
Michael Winterhoff zeigt in seiner überraschenden wie erschreckenden Analyse diesen emotionalen Missbrauch unserer Kinder auf und belegt ihn mit vielen anschaulichen Beispielen. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen: Nur wenn unsere Kinder wieder wie Kinder behandelt werden, können sie in einem positiven Sinne lebensfähig werden.
Ein Buch für alle, die verhindern wollen, dass unsere Gesellschaft ihre Kinder eines Tages hassen wird ...
Meine Meinung
Ich kann mich leider nicht mehr so genau erinnern, wie
die Stimmung war, als dieses Buch heraus gekommen ist – ich habe das damals
nicht so verfolgt, aber ich glaube noch zu wissen, dass die Meinungen ziemlich
hochgekocht sind. Das kann ich nicht wirklich nachvollziehen.
Das Buch ist mit 191 Seiten nicht sehr dick und führt mit
kurzen Kapiteln und Fallbeispielen zügig und prägnant durch die Kritikpunkte,
die sich nach Sicht des Autors in unserer Gesellschaft in Bezug auf Kindererziehung heraus kristallisieren.
Es gab kaum eine Meinung, die ich kritisieren würde, denn alles, was in diesem
Buch steht, ist für mich entweder nicht wirklich neu oder logisch
nachvollziehbar. Einige wenige Situationen sind für manche vielleicht
unpassende Beispiele, aber man sollte sich auf den Grundgedanken besinnen, der
dahinter steckt, denn es handelt sich ja hier immer um „Beispiele“.
Dass viele Kinder und Jugendliche psychisch nicht fähig
sind, ihrem Alter entsprechend zu reagieren und zu handeln ist heutzutage ja
fast schon Standard.
Manche Fallbeispiele über die Kinder wirken vielleicht
überzogen, kommen aber sicherlich auf die ein oder andere Weise so vor und
sollen ja vor allem eines tun: Eltern und Erzieher wachrütteln und für die Probleme sensibilisieren. Gerade das vielseits
gelobte „Selbstbestimmungsrecht“ von Kleinkindern zu fördern, die erst einmal
von uns Erwachsenen lernen sollten, wie die Regeln im Miteinander einzuhalten
sind, ist für mich völlig daneben. Vor allem kleine Kinder bis ins Grundschulalter
brauchen Grenzen und müssen auch Konsequenzen spüren, um sich in unserer Welt
zurecht finden zu können.
„Eltern, die mit
ihrem Kind ständig Erwachsenenthemen diskutieren, schon Kleinstkindern
weitestgehende Autonomie und Selbständigkeit zubilligen, handeln nicht anders
als ein Tennislehrer, der seinem Schützling gar nicht erst Schläger und Ball in
die Hand gibt, sondern sofort beginnt, mit ihm taktische Finessen und
Spielstrategien zu diskutieren.“ S. 77
Wenn sie nie gezeigt bekommen, was richtig oder falsch
ist, woher sollen sie es dann lernen? Wenn ich auf endlose Diskussionen
eingehe, was ein 4jähriger heute anziehen soll, wie lernt er dann, Respekt vor
mir zu haben? Und wenn ich einer 5jährigen alles nachsehe, wie soll sie sich
später an die Regeln einer Gruppe halten können? Durch die vielen gutgemeinten
Einlenkungsversuche der Eltern schwindet die Frustrationsgrenze der Kinder und
sie lernen nicht, Enttäuschungen auszuhalten und damit umzugehen.
„Konflikte lassen
Kinder erkennen, was richtig und was falsch ist, sie weisen eine Richtung.
Kindern, die sich durch das Aushalten und Verstehen der Konsequenzen von
Konflikten diese Richtung nicht mehr weisen lassen, haben folgerichtig die
Orientierung im Leben nicht.“ S. 153
Schlimm ist auch, dass das, was früher als „Fehlentwicklung“
eingeschätzt wurde, heutzutage schon Normalzustand ist – ganz einfach weil über
die Hälfte der Kinder davon betroffen ist. Und dass sogar die Leistungen in der Schule immer weiter
herunter geschraubt werden, weil zu viele Kinder diese Anforderungen gar nicht
mehr bewältigen können – die früher von uns allen ohne Probleme gemeistert wurden.
Ich nehme mich davon nicht aus, dass ich auch oft falsche
Ansätze in der Erziehung meiner Kinder habe oder nicht so konsequent bin, wie ich sein sollte – aber der
Grundgedanke dieses Buches spricht mir aus dem Herzen. Kinder müssen Kinder
sein dürfen – sie sind keine gleichberechtigen Erwachsenen und gerade deshalb
müssen wir Eltern/Verwandte/Erzieher/Lehrer etc. ihnen zeigen, wie ein
gesellschaftliches Miteinander funktioniert. Liebevoll, aber mit dem intuitiven Verstand, der einen Erwachsenen von einem Kind unterscheidet.
Fazit
Eine ehrliche, konsequente Aufforderung an Erwachsene,
die Kinder wieder als das zu sehen, was sie sind. Lernende, sich entwickelnde
Persönlichkeiten, die der Führung und der Konsequenzen von verantwortungsbewussten
Erwachsenen bedürfen, um zu lernen, sich in unserer Gesellschaft zurecht zu
finden. Grenzen zwängen nicht ein – sie geben einen sicheren Raum, in dem sich
das Kind wohlfühlen und entwickeln kann.
Bewertung
© Aleshanee
Über den Autor: Dr. Michael Winterhoff, geb. 1955, verheiratet, zwei Kinder, lebt und
arbeitet in Bonn. In bislang drei Bestsellern analysiert er die schwer
wiegenden Folgen veränderter Eltern-Kind-Beziehungen für die psychische
Reifeentwicklung junger Menschen und bietet Wege aus den durch die
Reifedefizite verursachten Beziehungsstörungen an. Seine ersten
„Tyrannen“-Bücher erreichten 2008 und 2009 zwischenzeitig Platz 1 und 2
der Spiegel-Bestseller-Listen.
Nach dem Studium der Humanmedizin ließ Michael Winterhoff sich 1988 in Bonn mit einer eigenen Praxis als Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie nieder. Als Sozialpsychiater hat er sich darüber hinaus im Bereich der Jugendhilfe einen Namen gemacht. Er ist Initiator eines Kinderheimes.
Nach dem Studium der Humanmedizin ließ Michael Winterhoff sich 1988 in Bonn mit einer eigenen Praxis als Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie nieder. Als Sozialpsychiater hat er sich darüber hinaus im Bereich der Jugendhilfe einen Namen gemacht. Er ist Initiator eines Kinderheimes.
Quelle: Gütersloher Verlagshaus
Puh da hast Du dir aber ein schweres Thema ausgesucht :)
AntwortenLöschenIch habe keine eigenen Kinder aber ich kann die Entwicklung bei meinen Nichten und Neffen gut beobachten :)
Alle enwickeln sich völlig unterschiedlich was aber nicht nur an der Erziehung der Eltern sondern auch am Umfeld liegt. Da kommt halt alles zusammen: Familie, Schule, Freunde usw.
So ein wachrütteln in der Gesellschaft finde ich gar nicht mal so schlecht :)
Danke also für die interessante Rezension,
LG Ela
Morgen Ela!
AntwortenLöschenIch hatte das Buch jetzt wirklich schon lange auf dem SuB und wollte es endlich "hinter mich bringen" ;)
Aber es war nicht schwer zu lesen, flüssig geschrieben und ich konnte wirklich bei den meisten Sachen nur zustimmend mit dem Kopf nicken.
Ich arbeite ja auch selber an einer Grundschule, hab vier Kinder und kann bei ihnen wie auch ihren Freunden viel in der Entwicklung beobachten. Deshalb kann ich dem Autor hier schwer widersprechen. Was aber nicht heißt, dass nur noch kleine "Tyrannen" rumlaufen ;) Aber zum "wachrütteln" ist das Buch wirklich gut.
Klar, da bekommst du natürlich auch einen völlig anderen Einblick :)
LöschenFinde es gut das Du auch solche Bücher rezensierst :)
LG Ela
super Rezension! Kinder sind für mich zwar noch kein Thema, aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass sich einiges geändert hat seit meiner eigenen Kindheit. Wenn ich sehe, wie wild es in z.B. in Grundschulen zugeht, an denen ich vorbeilaufe, wird mir teilweise fast übel...
AntwortenLöschenDanke :)
LöschenIch muss ehrlich sagen, dass mich das Verhalten von einigen Grundschülern wirklich erschüttert. Die einfachsten Regeln (Zuhören, ruhig sitzenbleiben, Höflichkeit) sind teilweise überhaupt nicht mehr vorhanden. Und es wird nicht besser. Natürlich gilt das nicht für alle Kinder, aber ich sehe schon eine steigende Tendenz.