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Dienstag, 7. Juni 2022

[Klassiker] Der geheime Garten von Frances H. Burnett




Der geheime Garten von F. H. Burnett

 
Klassiker aus dem Jahr 1911 -- empfohlen ab 10 Jahren
Im Original The secret garden -- übersetzt von Felix Mayer

Verlag Anaconda -- Seitenzahl 320
Neuauflage von 2013



 
 
 
 
Klappentext
 
 
Niemand kümmert sich um das Waisenkind Mary auf dem Schloss voller verborgener Zimmer und verbotener Gänge. Als sie eines Tages im Garten umherläuft, entdeckt sie ein efeuberanktes Tor. Hinter einer Mauer liegt ein geheimer Garten, der seit Jahren verschlossen ist. Gemeinsam mit Colin, ihrem zehnjährigen Cousin, beginnt Mary, vor der Welt der Erwachsenen ein paar Dinge geheim zu halten.
 
 
Meine Meinung
 
 
Was für eine wunderschöne, bezaubernde und berührende Geschichte! Warum wird das nicht in der Schule gelesen? Es transportiert so eine wundervolle Botschaft mit so viel Liebe dass ich es wirklich jedem ans Herz legen möchte, der es noch nicht kennt!

Es hat aber auch seine Schattenseiten, denn Mary, die in Indien aufwächst, wird mit 10 Jahren zur Waise und hatte zuvor auch kein wirklich schönes Leben. Vom Vater nicht beachtet, von der Mutter nur als störend empfunden, wurde sie von "Fremden" aufgezogen, die ihr jeden Wunsch erfüllt haben, um sich vor ihren Wutausbrüchen zu schützen. Deshalb verwundert es nicht, dass sie zu einem herrischen und kaltherzigen Mädchen heranwächst.
Nach dem Tod ihrer Eltern kommt sie zu ihrem Onkel Mr. Craven nach England. Er besitzt dort ein sehr großes Anwesen mitten im Moor - ein tristes und düsteres Haus, das die Stimmung der Bewohner widerspiegelt.

Doch Mary hat Glück, denn das Dienstmädchen Martha ist eine Plaudertasche und redet mehr und offener, als sie eigentlich sollte und lockt damit eine verborgene Seite in ihr heraus, die bisher unter der Last des Alleinseins und der Nichtbeachtung begraben war. Vor allem ihre Einsamkeit und ihre Unselbständigkeit fallen mehr und mehr von ihr ab. Diese Veränderungen in Mary ist sehr schön zu beobachten, vor allem als sie das erste Mal mit jemand anderem Mitleid verspürt.

Es war doch sonderbar, dachte sie, um wie viel sympathischer ein Mensch wirkte, wenn er lächelte. Das war ihr noch nie aufgefallen.
Zitat Seite 45

Mir ist ja schon in Der kleine Lord aufgefallen, dass die Autorin sehr oft vom Aussehen spricht. Der kleine Lord war immer so ein hübscher und damit liebenswerter Kerl, was mich ein bisschen geärgert hat, aber ich denke, dass ich durch diese Geschichte hier verstanden habe, warum sie das so oft betont hat. 
Mary nämlich wird als unscheinbar und reizloses Geschöpf beschrieben, entsprechend ihrem Charakter. Als sie sich allerdings verändert, an die frische Luft geht, sich bewegt und gut isst, spielt und netter wird, verändert sich dadurch auch ihr Aussehen. Wie in dem Zitat oben hat es einfach etwas mit der Ausstrahlung zu tun, denn ein missmutiger Mensch wirkt einfach anders, als ein fröhlicher :)
 
Ihr Onkel Craven will nichts mit ihr zu tun haben, das Zimmer, in dem sie untergebracht ist, enthält keine Spielsachen und so ist Mary - zum Glück - dazu gezwungen, selbst etwas zu unternehmen und zu suchen, mit dem sie sich beschäftigen kann. Und sie wird fündig! 
Die Autorin verbindet hier wunderschön die etwas trostlose Landschaft nach dem Winter, die plötzlich, oder eher nach und nach, wieder zum Leben erwacht. In der die Blumen und Bäume nach der Sonne trachten, sich entfalten, erblühen, in den Himmel sehen und die Welt mit ihren Farben bunter machen. Ebenso wie es auch das Mädchen Mary durchlebt. Eine wunderschöne Metapher, die sich durch die ganze Geschichte zieht!
 
Mary lernt auch den Bruder ihres Dienstmädchens kennen: Dickon. Und ihn habe ich auch sehr ins Herz geschlossen. Er scheint eine Art kleiner Zauberer zu sein, denn er spricht mit den Tieren, die ihn auch immer wieder begleiten, wie eine Krähe, oder Eichhörnchen, oder Hasen. Seine Verbundenheit mit der Natur ist die Magie, die alles Leben durchdringt und hat in ihm einen ganz außergewöhnlichen Charakter, den man einfach nur bewundern muss. Natürlich kennt er sich auch bestens mit Pflanzen aus und so kann er Mary helfen, ihren geheimen Traum zu verwirklichen. 

"Die Kräfte des Zaubers wirken unaufhörlich, und er lässt wie aus dem Nichts Neues entstehen. Alles erwächst aus einem Zauber, Blätter und Bäume, Blumen und Vögel, Dachse und Füchse und Eichhörnchen und Menschen. Also muss der Zauber überall sein."
Zitat Seite 256

Das wird noch sehr wichtig, denn außer dem geheimen Garten, der Marys Wunder ist, gibt es noch Rätsel in dem alten Gemäuer im Moor. Nachts hört sie nämlich immer wieder seltsame Geräusche in dem alten Haus - ein Weinen und Stöhnen, dem sie unbedingt auf den Grund kommen möchte. Und was sie schließlich entdeckt, lässt sie weiter über sich hinauswachsen.

Manches was Mary oder auch andere hier sagen oder tun wirkt sehr gefühllos, schroff und hartherzig. Aber verwoben mit der Geschichte, den Entdeckungen und Entwicklungen kristallisieren sich die Veränderungen so wunderschön wie eine kahle Erde, aus der plötzlich die hartnäckigen Triebe hervorsprießen und sich allein durch Willenskraft in die schönsten Blüten verwandeln.

Ein weiterer, sehr bewegender Aspekt ist die Macht des Glaubens und der Hoffnung. Eigentlich wissen wir sehr gut, wie stark sich diese Einstellungen auswirken, aber wir machen es uns viel zu selten bewusst. Sich ständig einzureden wie schlimm alles ist wird uns kaum positiv beeinflussen - entgegen einem Mantra, indem wir uns gut zureden, uns selbst fröhlich stimmen, uns auf die positiven Dinge konzentrieren!

Einen traurigen oder bösen Gedanken in sein Herz zu lassen ist so gefährlich, wie wenn Bakterien in den Körper gelangen, die Scharlach auslösen. Wenn sie einmal drin sind und man sie nicht bekämpft, erholt man sich vielleicht sein ganzes Leben nicht mehr davon.
Zitat Seite 301

Ein äußerst wertvoller Gedanke, der in dieser Zeit (1911) scheinbar erstmals so wirklich in den Köpfen der Menschen angekommen ist. Und den viele anscheinend wieder vergessen haben. Unsere Gedanken voll zu machen mit Ängsten, Sorgen und Hoffnungslosigkeit wird uns nicht aus unserem seelischen Tief herausfinden lassen. 
Aber wenn die Sonne uns bis ins Herz scheint, wir die Natur beobachten mit all ihrer Fülle, ihrem Lebenswunsch, ihrer bunten Vielfalt und Sorglosigkeit - ich denke, das hilft uns viel mehr, genauso wie das Lachen, das Beisammensein mit lieben Menschen, das Genießen der kleinen Glücksmomente, auf die wir viel öfters acht geben sollten.

 
Meine Bewertung
 
 

 
 
Von der Autorin hab ich ebenfalls gelesen: Der kleine Lord
 
 

8 Kommentare:

  1. Liebe Aleshanee,
    was für eine schöne Rezension! Ich möchte das Buch auch unbedingt noch lesen, vor allem nachdem du nun auch so zauberhafte Worte dafür gefunden hast. Ich habe auch gesehen, dass es so schöne illustrierte Ausgaben gibt.
    Ganz liebe Grüße, Steffi

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    1. Dankeschön Steffi, ich kann es wirklich nur wärmstens empfehlen!

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  2. Hallo Aleshanee,

    ich liebe diese Geschichte sehr! Und es freut mich, dass sie dich auch überzeugen konnte!
    Ja, das frage ich mich allerdings auch, warum dieses Buch nicht in der Schule gelesen wird!

    Liebe Grüße
    Petrissa

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    1. Schon oder? Das wäre doch mal wirklich für die Schule perfekt - es hat so viele Botschaften und genug Stoff um darüber zu reden...und es ist einfach eine wunderschöne Geschichte <3

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  3. Liebe Aleshanee,
    Danke das du mir dieses Buch mit deiner tollen Rezi wieder in Erinnerung gerufen hast. Möchte es auch noch gerne lesen.

    Herzlich Sheena

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    1. Na das freut mich ja dann sehr! Ich hoffe, du findest bald Zeit dafür :)

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  4. Liebe Aleshanee

    Sooo eine schöne Rezension und das Buch ist auch herzallerliebst gestaltet. "Der kleine Lord" habe ich vor Jahren (Jahrzenten...) mal gelesen oder erst mir vorgelesen worden, "Der geheime Garten" kannte ich aber noch nicht. Das Buch merke ich mir direkt vor.

    Ganz liebe Grüsse
    Livia

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    1. Dankeschön! Ich wünsch dir viel Spaß damit, das ist wirklich total schön <3

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