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Sonntag, 21. August 2022

Im Schatten des Märchenerzählers von Antonia Michaelis




Im Schatten des Märchenerzählers von Antonia Michaelis


Die Fortsetzung zum 2011 erschienenen "Der Märchenerzähler"
Genre Coming of Age / Thriller

Verlag Oetinger --- Seitenzahl 457
1. Auflage August 2022
 


 
 

Klappentext: Achtung! Spoilert zum Vorgänger!
 
Viel Zeit ist vergangen, seit Abel Tannatek, der Märchenerzähler und Wolf, den Tod fand. Sein Sohn Elias weiß nicht, ob er ihn hassen oder vermissen soll. Doch dann, kurz vor seinem 18. Geburtstag, macht Elias eine merkwürdige Entdeckung: Seine Mutter Anna schreibt dem Märchenerzähler Briefe – und bekommt Antworten. Elias beginnt ihr nachzuspionieren. Lebt sein Vater etwa noch? Wer ist der Schatten im Wald, den er manchmal zu sehen glaubt und was verheimlicht Micha, Abels Schwester? In den geheimnisvollen Briefen liest er ein neues Märchen, ein gefährliches, mörderisches Märchen, so wie jenes vor 18 Jahren. Auf den Spuren der Liebe seiner Eltern verliebt sich Elias selbst zum ersten Mal. Und er beginnt, sich vor sich selbst zu fürchten. Was wenn er wie sein Vater ist? Der Jugendroman »Im Schatten des Märchenerzählers« von Antonia Michaelis ist packender Thriller und Liebesgeschichte in einem. 
 
 
Meine Meinung
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Damit hat man ja nach all den Jahren wirklich nicht gerechnet - das hier noch eine Fortsetzung erscheinen wird! Ich hab auch extra nochmal "Der Märchenerzähler" gelesen, da es schon lange her ist und ich viele Details nicht mehr wusste. Zum Glück hab ich das gemacht, denn die vielen Verbindungen hätte ich wohl sonst übersehen. 

Ich muss in der Rezension zu Band 1 spoilern, weil ich ansonsten kaum auf die Thematik eingehen könnte - wer diesen noch nicht kennt, sollte also hier nicht mehr weiterlesen, sondern sich nur das Fazit unten anschauen ;)

Wir haben es hier mit Elias zu tun. Er ist der Sohn von Abel und Anna und lebt mit seiner Mutter bei ihren Eltern, die sie immer noch unterstützen, wo es ihnen nur möglich ist. Auch Abels Schwester Micha ist hier aufgewachsen, lebt jetzt alledings selbständig in einer WG und studiert mittlerweile. 
Elias steht kurz vor seinem 18. Geburtstag und natürlich beschäftigt ihn die Geschichte seines Vaters, der sich zu diesem Zeitpunkt damals selbst erschossen hat. 
Bisher kam er damit eigentlich klar, aber plötzlich mischen sich einige Leute ein, die meinen, ihm einen gutgemeinten Ratschlag zu geben: "Du hast seine Gene, pass auf, dass du nicht so wirst, wie er" 

Was für eine Aussage! Als ob jedes Kind genauso wird wie die Eltern! Das hat mich ein bisschen genervt, weil es so gehäuft vorkam und natürlich weiß ich, worauf die Autorin hinauswill; dennoch war es mir hier zu offensichtlich hervorgehoben - im Märcherzähler hat sie das subtiler gemacht. Natürlich werden die Gene weitervererbt, aber was jeder daraus macht, ist ja dann doch sein eigenes Ding. 
Und natürlich übernimmt man immer einige Muster von den Personen, die einen erziehen, mit denen man zusammenlebt - auch das wird hier sehr deutlich gezeigt - aber Abels Vater ist ja gar nicht da.

Allerdings erhält Anna Briefe. Darin wird ein Märchen erzählt und Elias vermutet plötzlich, dass sein Vater doch nicht tot ist. Er gerät in eine Identitätskrise und findet sich zwischen dem realitätsnahen Märchen und der reellen Wahrnehmung nicht mehr zurecht. 
Auch eine Liebesgeschichte spielt wieder eine Rolle, ebenso ein Mord - überhaupt wiederholt sich hier sehr viel, was mich anfangs etwas gestört hat. Vielleicht, weil ich Band 1 direkt vorher gelesen hatte und mir die Parallelen so sehr ins Auge gesprungen sind.

Besonders schön fand ich Annas Motivation, den "Straßenkindern" zu helfen. Dass sie bei Abel damals "versagt" hat, scheint sie nie überwunden zu haben und sie ihre ehrenamtliche Tätigkeit ist ihr sehr wichtig geworden. Sie sieht hinter jeder harten Fassade einen Menschen, der sich eigentlich nur nach einer liebevollen Familie sehnt, nach jemanden, der ihn annimmt, der ihn versteht und der ihm eine Chance gibt. Eine wunderschöne Botschaft.
Man erfährt hier auch noch mehr über Abels Hintergründe von damals und es wird einiges klarer, warum damals alles so passiert ist. 

Die Autorin demonstriert hier aber auch deutlich, dass es Unterschiede gibt. Es gibt menschliche Schicksale, die uns erschüttern und die uns mitleiden lassen. Ich hab schon im ersten Band mit Abel mitgefühlt und konnte ihn verstehen (jetzt noch besser) auch wenn ich seine Taten natürlich nicht gutheiße. 
Hier gibt es aber auch Menschen, die sicher ebenfalls ihre Vergangenheit im Gepäck haben, bei denen das Mitgefühl aber auf der Strecke bleibt. Zum einen, weil man sie nicht so gut kennt, zum anderen ... ja, warum eigentlich? Den Satz hab ich schneller geschrieben als ich nachgedacht habe, denn es liegt wohl wirklich daran, wie sehr man jemanden und dessen Hintergründe kennt. Antonia Michaelis verteidigt hier nichts, sie zeigt nur auf, dass es Erfahrungen gibt, die die menschliche Seele kaputt machen, sie zerstören, und zwar soweit, dass sie kaum mehr geheilt werden kann. Diese inneren Verletzungen sind nicht sichtbar und deshalb so schwer zu begreifen. Wobei das eh nicht möglich ist, denn ich denke, dass niemand wirklich wissen kann, was andere fühlen - jeder hat sein Leben, seine Erfahrungen und die kann nunmal niemand anders nachempfinden. Aber man kann es versuchen, denn im Grunde will jeder Mensch nur geliebt und angenommen werden.

Fazit
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Ich fand es anfangs nicht so ganz packend, weil sich so vieles wiederholt hat, was man aus Band 1 schon kennt. Eine ähnliche Thematik, die sich jetzt mit dem Sohn von Abel auf etwas andere Art ausprägt, in der die Autorin aber wieder aufmerksam macht auf die vielen Randfiguren der Gesellschaft, die so gerne übersehen werden. Die Schubladen, in die sie gesteckt werden, sind oft fest verschlossen und ein Ausweg für sie kaum mehr möglich: ihnen neue Chancen zu ermöglichen würde vieles besser machen. Niemand weiß, was hinter verschlossenen Türen vor sich geht, man kann in andere Menschen nicht reinschauen und sollte immer vorsichtig sein mit dem, was man zu anderen sagt und wie man ihnen umgeht. Man merkt, wie sehr die Autorin für diese Schicksale fühlt und kämpft, dafür meinen größten Respekt <3

Ab der Hälfte steigt aber die Spannung und man ist ebenso gefangen zwischen Illusion und Realität wie Elias und erkennt erst am Ende, wie alles zusammenhängt. Um es im ganzen zu verstehen sollte man aber den Vorgänger gelesen haben.

Vorne im Buch findet sich eine Triggerwarnung, um welche Themen es geht kann man hinten im Buch nachschlagen, denn auch hier gibt es wieder einige Szenen, die nicht leicht zu ertragen sind.


 Meine Bewertung
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Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.
 Es gab diesbezüglich keinerlei Vorgaben und die Rezension 
spiegelt meine ganz persönliche Meinung wider. 
 
 
Vorgänger: Der Märchenerzähler 



 

4 Kommentare:

  1. Hallo Aleshanee,
    ich habe "Der Märchenerzähler" ja erst vor kurzem zum ersten Mal gelesen und war dementsprechend gespannt auf die Fortsetzung. Ich fand sie auch sehr gelungen, ingesamt sind die Bücher gut aufeinander abgestimmt.
    Du bringst in deiner Rezension vieles genau auf den Punkt und dem kann ich mir nur anschließen.
    Annas Motivation, anderen Jugendlichen im Jugendzentrum zu helfen, fand ich auch sehr gut.
    Ich fand auch, dass die Geschichte gerade ab der zweiten Hälfte richtig an Fahrt aufnimmt und manchmal wurde es wirklich heftig. Oft nicht leicht und sehr traurig, aber dennoch sehr lesenswert.

    Liebe Grüße
    Nicole

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    1. Dankeschön Nicole!
      Also manches, was hier aufkam, war schon echt heftig! Das muss man schon mit etwas Abstand lesen, ich fand das schon sehr krass, aber eben auch erklärend für manches Verhalten. Im Vergleich fand ich es dennoch etwas schwächer, da ich es, wie du, direkt hintereinander gelesen habe, waren die Parallelen halt schon sehr deutlich.

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  2. Hallo meine Liebe

    Auf diese Rezension habe ich bereits gewartet und es freut mich, dass du das Buch so sehr empfehlen kannst. Ich werde aber wohl den ersten Band noch einmal lesen müssen, so langsam weiss ich nicht mehr, ob ich meinen Erinnerungen vertrauen kann ;-)

    Alles Liebe an dich
    Livia

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    1. Die Verbindungen zwischen den beiden Bänden sind auf jeden Fall wichtig - und ich denke es wäre gut, da deien Erinnerungen aufzufrischen. :)
      Es gibt aber wieder einige heftige Momente, diese Geschichte wird auch wieder nicht einfach!

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