[Herzensbuch] Die ganze Wahrheit von Leslie Connor

Eine rührende Außenseitergeschichte à la Forrest Gump

 

Mason Buttle ist grundehrlich und liebenswert, er hat ein Herz aus Gold. Allerdings würde er niemals einen Buchstabierwettbewerb gewinnen, denn er kann kaum lesen und schreiben. Die anderen Kinder lachen ihn aus und hänseln ihn. Aber Mason macht das nichts aus, denn er hat Calvin.

Calvin ist ungewöhnlich klein und dünn, dafür aber besonders schlau und witzig. Gemeinsam bauen die beiden ein Geheimversteck, in dem sie sich vor den Angriffen der anderen verstecken. [...Spoiler... hab ich weggelassen]

 

 

 

Die ganze Wahrheit (wie Mason Buttle sie erzählt) von Leslie Connor

Im Original The truth as told by Mason -- übersetzt von Buttle André Mumot
Genre -- empfohlen ab 10 Jahren

Verlag dtv --- Seitenzahl 318
1. Auflage im Original Januar 2018

Meine Meinung

❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧

Der Klappentext spoilert hier mal wieder leider sehr. Warum man Ereignisse, die erst im letzten Drittel passieren, schon hier erwähnen muss, bleibt mir wohl immer ein Rätsel. Das nimmt zum einen eine gewisse Spannung, zum anderen kann es das, was vorher passiert, langatmig erscheinen lassen, weil man genau darauf wartet. Deshalb lieber von der Geschichte überraschen lassen, so wie ich das gemacht hab :)

Der Einstieg war für mich nicht ganz so leicht. Erzählt wird ja aus der Sicht von Mason Buttle, einem 12jährigen, der allerdings beim Denken nicht der schnellste ist und vor allem beim Lesen und Schreiben Schwierigkeiten hat. Dass er nicht so schnell Zusammenhänge kapiert,  heißt aber nicht, dass er dumm ist. Im Gegenteil sieht man hier, wie jemand, der auf "einfache" Weise denkt und nicht mit so vielen Vorurteilen befrachtet ist, das Leben und die Menschen um sich herum betrachtet.

"Es zeichnet einen Menschen aus, wenn er nicht in eine feste Schublade passt. Es bedeutet, dass du ein offenes, außergewöhnliches Wesen bist, Mason. Und wenn du nicht in Schubladen denkst, heißt das, dass du keine festgefahrenen Meinungen hast."

Zitat

Diese schöne Weisheit sagt Miss Blinny zu ihm. Die Schulsozialarbeiterin. Eine etwas zerstreute, äußerst liebenswürdige Person mit viel Empathie, die immer für Mason da ist und ihm hilft. Ich mochte sie sehr, weil sie auf ihre spleenige Art ein gutes Gespür dafür hat, wie sie mit all den Außenseitern umgehen soll, die zur ihr geschickt werden. Nämlich ganz normal und mit dem richtigen Gespür.

Es geht hier viel um Mobbing - und zwar auf eine ziemlich fiese Art, die Mason aber gut zu handhaben weiß. Vor allem, seit er in Calvin einen neuen Freund gefunden hat. Calvin ist das genaue Gegenteil von ihm: klein, dünn und "schlau". Mit seinem Tablet findet er jedes Mal die interessantesten Dinge heraus und obwohl er ein Stubenhocker ist, lässt er sich von Mason immer wieder auf die weitläufige Plantage seiner Familie führen, auf der sie tollsten Sachen spielen und erleben. Und zwar so, wie ich finde, dass Kinder spielen können sollten: unter freiem Himmel, mit viel Platz und vielen Möglichkeiten, sich auszuprobieren. Das hat beim Lesen wirklich viel Spaß gemacht die beiden zu begleiten!

Überhaupt ist die Beziehung der beiden so toll! Jeder von ihnen hat seine Stärken und Schwächen, die sie nicht gegeneinander ausnutzen, sondern gegenseitig aufheben und Verständnis zeigen, auch ohne Worte. Akzeptanz und Vertrauen lässt sie füreinander da sein und sich gegenseitig respektieren.

Aber in Masons Leben geht es auch um Verlust. Seine Mutter starb als er noch klein war und im letzten Frühjahr hat er seinen besten Freund Benny verloren. Das war alles nicht einfach für ihn und er muss gegen viele Vorurteile kämpfen, die er gar nicht wirklich versteht. Er nimmt alles in seiner ganz speziellen Wahrnehmung auf, was es ihm oft nicht möglich macht, hinter die Masken zu blicken oder Feinheiten zu erkennen, die ihn betreffen. Er nimmt alles als "wahr" hin, weil er selbst so offenherzig ist. 

Außerdem steckt er voller liebenswerter Eigenschaften, die er auf seine eigene Art zeigt. In seiner Freundschaft zu Calvin, im Verständnis für seine Familie, oder auch zum Nachbarhund Moonie. 

Neben Freundschaft geht es aber auch um den Zusammenhalt in der Familie. Nur noch seine Grandma und sein Onkel Drum leben in der "Bruchbude", dem Haus in dem es so viel zu tun gäbe, das aber seit Jahren sozusagen brach liegt. Die Erwachsenen scheinen in einer Phase festzustecken, in der nichts vorwärts geht. In der sie alles irgendwie weiterlaufen lassen, ohne wirklich zu leben. 

Dafür stehen sie aber immer felsenfest hinter Mason. Zum einen lassen sie ihm seinen Freiraum, zum anderen sind sie immer für ihn da, wenn Lieutenant Baird vor der Tür steht. Seit dem Tod von Benny taucht dieser nämlich immer wieder mit auf, die Mason nicht beantworten kann und auch nicht versteht, welcher Sinn dahinter steckt.

Schwere Momente für Mason, den der Verlust von Benny noch immer zutiefst erschüttert. 

Neben einigen traurigen Momenten ist es ein herzerwämendes Buch. Dem Lesealter angemessen aber dennoch auf gewisse Weise auch anspruchsvoll. Man sollte wissen, dass es das Thema Tod, Verlust, Trauer und Schuldgefühle in sich trägt, um zu überlegen ob es fürs eigene Kind gerade vom Zeitpunkt her passt.

Es muss anfangs etwas in Schwung kommen, aber dann berührt es einfach nur noch. Wunderschön, traurig und zu Herzen gehend hat Masons Geschichte einen ganz besonderen Platz bei mir gefunden.

 

Meine Bewertung

❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧ ❧

Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.

 Es gab diesbezüglich keinerlei Vorgaben und die Rezension 

spiegelt meine ganz persönliche Meinung wider.

Ebenfalls rezensiert von 

Bambinis Bücherzauber 3.5/5 

Martins Buchgelaber

Die Bücherwelt von Corni Holmes (mit Spoiler) 5/5