Oliver Marks bekommt immer nur die Nebenrollen. Trotzdem ist der junge
Schauspieler glücklich am renommierten Dellecher College, einer abgeschiedenen
Welt mit flackernden Kaminfeuern und ledergebundenen Büchern. Die sieben
Studenten seines Jahrgangs sind eine eingeschworene Gemeinschaft, besessen von
der Schauspielerei und von Shakespeare. Die Rollen, die sie auf der Bühne
verkörpern, legen sie auch privat nicht ab: Mitläufer, Verführerin, Held. Der
charismatische Richard gibt die unberechenbaren Tyrannen. Doch eines Tages
treibt einer der Freunde tot im Collegesee. Die anderen stehen vor einer
schwierigen Wahl: Sollen sie der Wahrheit ins Auge sehen oder weiter ihre
Rollen wahren?
If we were villains von M. L. Rio
ins deutsche übersetzt von Karin Dufner
Genre Krimi - Drama (Dark Academia)
Verlag Penguin -- Seitenzahl 464 -- 1. Auflage Mai 2023
Meine Meinung
❤❤❤❤❤❤❤❤❤
Ich bin kein großer Theaterfan und mit Klassikern hab ich es auch nicht so - aber immerhin hab ich von Shakespeare vor Jahren Der Sommernachtstraum sowie Romeo und Julia gelesen. Beides hat mir wirklich gut gefallen, auch wenn es schon etwas anstrengend war, sich auf diesen Stil einzulassen.
Mit diesem Buch legt uns die Autorin jedenfalls Shakespeare zu Füßen.
Zum einen ist die Geschichte in fünf Akte unterteilt und die Kapitel in Szenen. Zum anderen werden wir hier mit vielen Zitaten aus sämtlichen Werken des bekannten Dichters konfrontiert, denn die Studenten fügen viele davon in ihre Dialoge mit ein. Das wirkt erstmal komisch und für den ein oder anderen vielleicht auch etwas zu viel - und ich kann mir nicht vorstellen, dass Shakespeare Liebhaber tatsächlich so reden - aber es hat die Atmosphäre einfach perfekt getroffen!
Überhaupt war man von Anfang super in diese "Theater-Welt" integriert.
Das Campusleben war gut beschrieben, ohne zu viel Raum einzunehmen. Ich hab einen Eindruck bekommen wie so ein Unterricht verläuft, wie Rollen verteilt und einstudiert werden und wie die Proben ablaufen.
Natürlich auch die Ambitionen der Protagonisten, die sieben Viertsemester, um die es hier geht, in ihrem letzten Studienjahr. Anfangs waren die vielen Namen noch etwas schwer auseinander zu halten, das legte sich aber schnell.
Erzählt hat Oliver in der Ich-Perspektive. Die Akte wurde immer mit einem Prolog eingeleitet, der in der Gegenwart spielt, 10 Jahre nach den dramatischen Ereignissen. Denn jetzt entschließt er sich endlich, die Wahrheit zu erzählen über das, was damals passiert ist.
Obwohl eigentlich gar nicht viel passiert war ich sehr von der Handlung gefesselt, die sich vor allem auf diese sieben aufstrebenden Künstler fokussiert. Sie haben sich zusammen gefunden und sind Freunde geworden, auch wenn sie recht unterschiedlich sind. Das Studium und ihre Liebe zu Shakespeare hat sie zusammen geschweißt. Aber man merkt schon recht schnell beginnende Risse in der Freundschaft.
Kleine Unsicherheiten, Liebe, Neid, Missgunst, Selbstsucht und die heimliche Geheimnisse, die jeder mit sich herumträgt. Etwas mehr Tiefe hab ich hier vermisst, auch wenn man jeden von ihnen von den Grundzügen her gut einschätzen kann.
Oliver, den durchschnittlichen Typen, der sein Herz am rechten Fleck hat
James, seinen besten Freund, der eine undurchschaubare Seite hat
Meredith, die mit ihrem Sexappeal jeden um den Finger wickeln kann
Wren, die mit ihrer scheuen Naivität berührt
Alexander, etwas großspurig und mit Ecken und Kanten
Filippa, die man in keine Schublade stecken kann und der Stützpfeiler der Gruppe ist
und Richard, der sich gerne mit seinen Erfolgen rühmt
Ein bunter Haufen, der auf eine Katastrophe zusteuert und auf eine Entscheidung, die das Leben aller für immer verändern wird.
Sehr gut fand ich definitiv die vielen Reaktionen und Gefühle, die hier dann zum Vorschein kamen und wie jeder anders damit umgeht. Manches davon mag irrational erscheinen, aber in Anbetracht der Situation durchaus gerechtfertigt. Niemand weiß vorher, wie er im Schock reagiert, wie lange dieser nachhallt und inwieweit das das Urteilsvermögen beeinträchtigt.
Der Fall selbst, um den es geht, hätte für mich am Ende noch etwas mehr Schwung gebraucht. Ich rätsle gerne mit und da hätte es definitiv noch vereinzelte Andeutungen geben dürfen. Kleine Ahnungen hatte ich schon, war dann aber doch noch ein bisschen überrascht wie alles abgelaufen ist - und auch über die Gründe. Irgendwie hatte ich da noch mehr erwartet, noch einen größeren Effekt, aber dafür war der Ausklang im Epilog ein schönes Ende.
Ein bisschen viel Alkohol war im Spiel und das ständige Joint rauchen hätte man vielleicht ebenfalls reduzieren können. Ja, sie sind jung und in dem Alter, da das einfach üblich ist - aber ich muss da nicht so oft darauf hingewiesen werden und es muss auch nicht als Botschaft weitergetragen werden, DASS es üblich ist. Ich bin da vielleicht kleinlich mittlerweile. Dafür wiederum war gut, dass im Endeffekt auch gezeigt wird, welche Gefahren und schlimmen Auswirkungen daraus entstehen können.
Meine Bewertung
❤❤❤❤❤❤❤❤❤
Ich hab das Buch in einer Leserunde gelesen zusammen mit Sabine, Martina und
Nicole
Unseren Austausch mit Spoilern könnt ihr gerne
*hier*
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Rezensionen findet ihr auch bei
Guten Morgen, Aleshanee,
AntwortenLöschenda hast du alles genau auf den Punkt gebracht mit deiner Rezension! Die Idee, das Ganze im Steil eines Shakespeare-Stückes aufzubauen, finde ich immer noch gut, mir war es ja ein wenig zu viel der Zitate. Aber das ist letztlich dann Geschmackssache.
Ich kann nur unterschreiben, dass der Austausch in unserer Leserunde sehr erhellend war, insbesondere weil manche Situation ganz unterschiedlich empfunden worden war - und das war echt interessant!
LG Sabine
Das Buch war auch wirklich super für eine Leserunde und ich mag den Austausch mit euch immer sehr! Das macht das Lesen nochmal ein Stück "weiter", wenn man sich so direkt mit anderen über die einzelnen Passagen austauschen kann :)
LöschenStimmt!
LöschenHallo Aleshanee,
AntwortenLöschenwieder eine gelungene Rezension. Dieses Buch hat so viele Facetten und spricht jeden auf andere Art und Weise an, dass es schon allein deshalb lohnenswert ist. Jedem gefällt oder missfällt etwas anderes daran. Die Leserunden machen immer eine Freude, aber bei diesem Buch fand ich den Austausch besonders spannend. Ich denke, M. L. Rio sollte man im Blick behalten.
Liebe Grüße
Nicole
Dankeschön Nicole <3
LöschenDer Austausch war wirklich klasse, auch weil man hier eben gesehen hat, wie unterschiedlich manches aufgefasst wurde, aber auch, wie am Ende es insgesamt ja doch zu einer recht einhelligen Meinung kam. Es war auf jeden Fall mal ganz anders und das mag ich ja immer gerne :D
Liebe Aleshanee,
AntwortenLöschenauch ich habe die gemeinsame Leserunde genossen, auch wenn ich das Buch nach dem ersten Leseabschnitt am liebsten abgebrochen hätte. Hätte ich nicht mitgelesen, hätte ich es getan. Nun bin ich aber froh, dass ich es gelesen habe, auch wenn e smir nicht so gut, wie euch gefallen hat. Trotzdem war es interessant und durch die unterschiedlichen Auffassungen zu einigen Passagen spannend zu lesen. Ein perfektes Leserundenbuch.
Liebe Grüße
Martina
Schön wenn die Leserunde dich zum weiterlesen animiert hat :) Ich kann mir gut vorstellen, wenn andere dann gleichzeitig dasselbe lesen und doch mehr begeistert sind, dass man dann eher Motivation sind es noch ein Stück weiter zu versuchen!
LöschenImmerhin waren ja doch ein paar Punkte dabei, die du auch gut fandest :)