Sankt Petersburg, 1917. Der junge Bibliothekar Artur flieht vor den Schergen
der Revolution, im Gepäck ein Manuskript, das ihn retten soll – und die Leben
vieler anderer bedroht. Sein Ziel ist Leipzig, die Stadt der Bücher. Im
legendären Graphischen Viertel will er seine große Liebe Mara wiedersehen, die
dem Sohn eines reichen Verlegers versprochen ist.
Cote d’Azur, 1928. Das Mädchen Liette findet auf dem Dachboden des Luxushotels
Château Trois Grâces die vergessenen Reisekisten russischer Familien, die
während der Revolution ermordet wurden. Darin entdeckt sie ein altes, mit
einem Schloss gesichertes Buch.
Dreißig Jahre später beauftragt Liette, mittlerweile Direktorin des Hotels,
den Gentleman-Ganoven Thomas Jansen, mehr über die ehemalige Besitzerin des
Buchs herauszufinden – eine Russin namens Mara. Die Spur führt zu einem
Bibliothekar, der vor Jahren nach Leipzig kam, zu einer verlassenen Villa am
Meer und der geheimnisvollen Bibliothek im Nebel.
Die Bibliothek im Nebel von Kai Meyer
Genre Historische Fiktion, Spannungsroman
Band 2 aus der Reihe um die Graphischen Viertel in Leipzig
Verlag Knaur - Seitenzahl 557 - 1. Auflage November 2023
Meine Meinung
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Historische Romane die in der Zeit vom 1. und 2. Weltkrieg spielen lese ich ja
eher ungerne - aber da mir Der Junge, die Bücher und die Nacht schon sehr gut
gefallen hatte, musste natürlich auch der zweite Band um die Graphischen
Viertel von Leipzig gelesen werden: und er hat mir sogar noch einen Tick
besser gefallen!
Schon auf der Überfahrt von Artur im Jahr 1917 - er flieht aus Russland
nach Deutschland - hab ich mich sehr über ein Wiedersehen mit einer
geschätzten Figur aus dem ersten Band gefreut! Die Bände hängen ja nicht
zusammen, aber wenn dann plötzlich am Rande ein Charakter auftaucht, den man
schon kennt, ist das immer ein kleines freudiges Wiedersehen :)
Artur aber ist mit so gut wie nichts auf dem Weg in die Fremde: um seine Liebe
Mara wiederzusehen.
Wie er auf das Schiff kam und warum er seiner Liebe hinterher reisen muss,
erfahren wir in einem sehr spannend erzählten Rückblick.
Mit Liette erleben wir die anderen beiden Zeitstränge, die uns an die
französische Mittelmeerküste entführen. Mit 11 Jahren entdeckt sie auf dem
Dachboden im Hotel ihres Onkels in den alten, verstauten Überresten von
Koffern ein mit Ketten verschlossenes Buch, das ihre Neugierde weckt.
30 Jahre später macht sie sich mit dem "Gentleman Ganoven"
Thomas Jansen auf, um mehr über eine Person herauszufinden, deren Villa
direkt neben dem Hotel schon seit Jahrzehnten leer steht und die Liette
unbedingt kaufen möchte. Denn hier hat sie als Kind eine Bibliothek entdeckt:
eine Bibliothek im Nebel.
Ich denke, in dieser losen Buchreihe steht vor allem immer
die Liebe zu Büchern im Mittelpunkt und welche Geheimnisse sie über
lange Zeit mit sich tragen können. In der gesamten Handlung ist spürbar, wie
sehr Geschichten uns beeinflussen können, erzählt oder gelesen und natürlich
lernen wir auch häusliche Bibliotheken kennen und entdecken die Bücherstadt
Leipzig mit ihren zahlreichen Druckereien, Antiquariaten, Buchbindereien uvm.
Auch ein geheimnisvolles Manuskript spielt eine Rolle, sowie ein Reporter der
seine Memoiren schreiben möchte ...
Das Zusammentreffen von Liette und Thomas hat mir sofort viel Spaß gemacht.
Seine Art, für Gerechtigkeit zu sorgen, ist zwar nicht sehr schön, aber er
findet für sich einen Weg, wie er trotzdem gut schlafen kann. Da er damit
Opfer unterstützt und sich selbst ein angenehmes Dasein bereitet kann er
bisher gut damit leben.
Dass sich Liette nun an seine Fersen hängt und einen Auftrag für ihn hat,
passt ihm nicht so gut ins Konzept, aber die delikate Verbindung der beiden
sorgt für spannende und witzige Momente. Beide sind keine typischen Figuren,
sondern haben viele Schattierungen, und auf der Suche nach der Vergangenheit
raufen sie sich zusammen.
Es spielt um die Zeit der beiden Weltkriege und natürlich fließt das in
die Handlung mit ein. Familien werden auseinander gerissen, verfolgt und
getötet. Geheimpolizei, Überläufer, Flüchtende, sie alle sind im Strudel der
machtpolitischen Kämpfe verwickelt: sie lassen sich treiben oder werden
mitgerissen, manchen von ihnen gelingt es dabei aufzusteigen - andere gehen
unter und verschwinden für immer.
Ein Roman, der mich vom Thema her gar nicht so sehr interessiert, aber Kai
Meyer schreibt hier wieder so bildlich und spürbar, dass man alles hautnah
miterlebt beim Lesen als wäre man selbst dabei.
Außerdem entwickelt sich eine Spannung, eine Neugier auf die vielen
Geheimnisse, die es aufzuklären gilt, und wie die einzelnen Schicksale der
Figuren miteinander verbunden sind. Dabei entdeckt man die kleinen
Zusammenhänge und Überraschungen und gerät dabei immer tiefer in die Gefühle,
Hoffnungen und Ängste der Menschen, die alle auf einer Suche sind. Gerade
Artur wird vom Schicksal sehr gebeutelt, aber auch andere haben es nicht
leicht und es gibt viele Dramen mitzuerleben!
Schön fand ich auch dass der Nebel immer wieder durch die Seiten wabert und
eine die Atmosphäre verdichtet :)
Da ich mir sicher bin, dass der Autor gut recherchiert hat, war es spannend,
diese Zeit zu erleben und hautnah mit den Figuren durch Russland, Leipzig und
Frankreich zu reisen. Einzig bei den Dialogen war ich manchmal etwas "aus der
Zeit herausgerissen", weil es sich wie in der Gegenwart anhört. Man erwartet
irgendwie dass früher eben anders gesprochen wurde, wobei ich auch nicht
wüsste, wie :) Mir ist einfach nur kein großer Unterschied aufgefallen, der
die Sprache aus dieser Zeit hervorheben würde. Aber das nur so am Rande.
Insgesamt war ich von Anfang bis Ende gefesselt - und das Ende hat es nochmal
in sich, das fand ich wirklich sehr gelungen und hat die Geschichte perfekt
abgeschlossen!
Jetzt freu ich mich auf den nächsten Band um die Geheimnisse der graphischen
Viertel!
Meine Bewertung
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Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.
Es gab diesbezüglich keinerlei Vorgaben und die Rezension
spiegelt meine ganz persönliche Meinung wider.
Die Geheimnisse der graphischen Viertel
2 - Die Bibliothek im Nebel
3 - Das Haus der Bücher und Schatten
4 - Das Antiquariat am alten Friedhof






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