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Montag, 28. Oktober 2024

Das Porzellanhaus von Laura Purcell

Ein Haus voller Geheimnisse, Angst und Wahnsinn.

Die Schwindsucht raubte Dr. Pinecroft mehrere Kinder und die Frau. Nur seine Tochter Louise ist ihm geblieben. Erfüllt von Trauer zieht er mit ihr in ein weitläufiges Anwesen am Meer, das einsam über den Klippen von Cornwall steht.
Aber Dr. Pinecroft hat Pläne: Überzeugt, dass eine Heilung möglich ist, lässt der Arzt einige an Schwindsucht leidende Gefangene in die Höhlen unter Morvoren House bringen. Was dort geschieht hat Folgen, die über die Jahrzehnte hinweg nachhallen.
40 Jahre später trifft Hester Why ein, um die inzwischen teilweise gelähmte und stumme Miss Louise zu pflegen. Doch in ihrem neuen Zuhause lauert das Unheil ...






Das Porzellanhaus von Laura Purcell


Ein viktorianischer Thriller -- Schauplatz Cornwall
im Original Bone China -- übersetzt von Eva Brunner

Verlag Festa -- Seitenzahl 480 -- 1. Auflage September 2019



Meine Meinung
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Die Geschichte beginnt mit einer Reise - die zugleich eine Flucht vor den Schatten der Vergangenheit ist, aber auch eine Suche nach einer Perspektive für die Zukunft. Nach einer Aufgabe, einem Platz im Leben der Erfüllung verspricht und das wärmende Gefühl von Zuneigung. Doch schon auf den ersten Seiten kriecht einem die Kälte unter die Haut, denn Hester Why (wie sie sich jetzt nennt) ist auf dem Weg zu einer einsam gelegenen Grafschaft in Cornwall, mitten im eisigen Winter. 

Es ist der bitterste Winter, solange ich mich erinnern kann. Selbst für Schnee ist es zu kalt. Eine in weißer Unschuld gewaschene Welt soll mir Trost spenden, aber nein - das hier ist die Jahreszeit von Schneeregen und metallblauem Himmel. Alles ist grau und kalt. Wie im Eiskeller; wie in meinem Herzen.
Zitat Seite 11

Die frostige Stimmung bleibt auch bei Hesters Ankunft im Morvoren Haus an den Klippen, wo es über dem schäumenden, tiefdunklen Meer thront und mit seinen sterilen weiß-blauen Farben im Inneren den abweisenden Charakter beibehält. Auch wenn sie freundlich empfangen wird, spürt man recht schnell die seltsamen Gepflogenheiten mancher Bewohner: die alte Hausherrin, die sich scheinbar niemals aus dem Porzellanzimmer entfernt, ihr geistig beeinträchtigtes Mündel und auch die abergläubische Creeda, die sich um diese kümmert. 

Während Hester versucht, sich mit Alkohol und Laudanum bei Sinnen zu halten, und um zu vergessen weshalb sie aus London geflohen ist, versucht sie ihr Gewissen zu reinigen, indem sie sich um die kranke Herrin kümmert. Ihre Einsamkeit spiegelt sich in ihrem Bestreben wider, unentbehrlich zu werden, gemocht und gebraucht zu werden und damit in Abhängigkeiten zu verfallen, die ihr Gemüt immer verzweifelter werden lassen. 

Der Rückblick auf die Vorgeschichte dieses Hauses spielt sich 40 Jahre vorher ab. Dr. Pinecroft hat bis auf seine Tochter Louise seine gesamte Familie an die Schwindsucht verloren und versucht mit einer neuen Methode, die er an kranken Gefangenen ausprobiert, eine Heilmethode zu entwickeln. Nicht nur, um seinen guten Ruf wieder herzustellen, sondern um seinen Seelenfrieden wieder zu gewinnen. 
Den Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart hat die Autorin sehr gut miteinander verflochten. Jedes Detail wirkt auf andere Art unheimlich und beängstigend - vor allem die Kombination mit den alten Mythen über die Feen und wie dieser alte Glaube die Menschen beeinflusst, lässt einen beim Lesen schwanken zwischen Wahrheit und Illusion, bis einen die Tragik des Ganzen mit in den Abgrund zieht.
Das schafft die Autorin nicht nur mit der Handlung, sondern auch mit dem wunderschönen Schreibstil, der trotz - oder gerade durch - seine gedämpfte Art sehr effektvoll die verhängnisvolle Entwicklung trägt und konstant mit den verschiedensten Mitteln das Gefühl der Isolation, der Hoffnungslosigkeit und der Kälte im Äußeren wie im Inneren spielt.

Während die Schwindsucht damals (um 1900) meist tödlich endete, ist Tuberkulose mittlerweile heilbar. Die zahlreichen Versuche und der Verlauf der Krankheit hat sein ganz eigenes Grauen - wie auch viele andere Fragmente, die einen permanent ein Banges Gefühl bereiten. 
Auch das Porzellan spielt eine Rolle und der Originaltitel "Bone China" gibt hier einen interessanten Hinweis, der mir völlig neu war und der allein schon eine gruselige Komponente besitzt. 

Es ist eine eher ruhige, von unheilvoller Stimmung getragene Geschichte, die mich sehr gefesselt hat. Das Cover und die Aufmachung des Buches sind wirklich wunderschön gelungen und transportieren perfekt die unterkühlte Isolation wider, die durch die vielen Schicksalsschläge auf die Figuren abgefärbt hat. 

Meine Bewertung
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7 Kommentare:

  1. Hallo Aleshanee,

    auch das war ein sehr düsteres Werk von Laura Purcell und ich freue mich, dass es dir ebenso gefallen hat.

    Dieses Detail bzgl. Porzellan hat mich sehr erstaunt. Genauso wie diese grausigen Behandlungen der Schwindsucht. Da ist man froh, dass die Medizin mittlerweile fortschrittlicher ist. Wobei sie das in 100 Jahren wohl auch sagen, wenn sie auf uns zurück schauen.

    Liebe Grüße
    Nicole

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    1. Ja, die medizinischen Behandlungen früher waren schon extrem schrecklich, ich muss da auch immer an die Nervenheilanstalten denken, aber auch an die vielen Schmerzen, gegen die es ja oft nichts gab.
      Aber ganz ehrlich, krank zu sein an sich ist ja schon schlimm, aber in eine Klinik zu müssen - ich weiß dass alle dort ihr bestes geben, aber ich hab so viele schlechte Erfahrungen gemacht in den letzten Jahren, was einfach durch die äußeren Umstände beeinflusst wird, das ist teilweise wirklich auch echt schrecklich. Wenn auch nicht vergleichbar mit damals. Aber eben auf eine andere Art auch traumatisch.
      Wie in allen Bereichen momentan muss hier auch viel getan werden und wieder auf Empathie gesetzt werden.

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    2. Puh, da muss ich sagen, dass ich schon sehr verschont bin und davon so gar nichts mitbekomme. Sicherlich, man hört schon immer was, aber mein Umfeld hatte eigentlich immer Glück. Also, aus eigener oder nächster Erfahrung könnte ich absolut nichts Negatives berichten. Aber vielleicht ist es bei uns auch noch besser als in Deutschland.

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    3. Vielleicht ist es ja bei euch besser :) Und ich sag auch nicht dass es immer und überall ist, aber ich hab wirklich schon lange nichts positives mehr gehört. Und ich höre vieles, zum Teil von meiner eigenen Familie, wie auch von Angehörigen von Freunden. Falsche Diagnosen, gar keine Diagnosen (meist erfahre ich in google mehr als beim Arzt), stundenlanges Warten trotz Termin im KKH (und den Leuten ging es wirklich sehr schlecht), und in den Psychiatrien ist es besonders schlimm. Ich glaube dass die Menschen, die dort arbeiten, wirklich motiviert sind, oder es mal waren, aber ich hab oft das Gefühl, dass sie nach Jahren einfach betriebsblind geworden sind. Es ist ein sehr harter Beruf - ich könnte es jedenfalls nicht - und es gibt bestimmt gute Leute, ich will da nichts über einen Kamm scheren. Aber die Empathie und Menschlichkeit ist einfach oft zweitrangig, weil die Kliniken einfach überfüllt sind und das Personal fehlt. Ich bin in dem Punkt wahrscheinlich auch etwas ... feinfühlig, sag ich mal, um es nett auszudrücken. Da kommt es eben auf die Erfahrungen an die man gemacht hat. Ich freu mich für jeden, der da positives zu berichten hat.

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    4. Sorry, das ist ein wunder Punkt bei mir, ich musste mich da jetzt einfach kurz auslassen ;)

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    5. Das mit den falschen Diagnosen kenne ich auch. Das habe ich letztes Jahr am eigenen Leib erfahren und dabei ging es um eine ernste Angelegenheit. :/ Ich schiebe es auf Überarbeitung und habe mir jemand anderen gesucht.

      Du hast recht, es kommt sicherlich auf die Erfahrungen an. Noch fühle ich mich hier in guten Händen und habe rundherum tolle Ärzte, die sich wirklich für mich interessieren. Ich hoffe, dass es beim medizinischen Nachwuchs so bleibt, wenn die alle mal in Pension (Rente) gehen.

      Ich verstehe schon, wenn man wirklich schlecht gefahren ist, dass man sich da auch mal auslassen muss.

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    6. Ist ja schön, wenn es anderswo dann doch auch funktioniert :) Ich geh ja wirklich kaum noch zum Arzt und "erlese" mir alles selber und fahre damit seit Jahren ganz gut ... gestern hätte ich einen Arzt gebraucht, bei zwei wurde ich abgelehnt, trotz starker Schmerzen (ohne Termin geht nichts) und schlussendlich war ich heute wieder in der Arbeit mit Schmerzmitteln... naja, ist halt so :D Aber nur noch morgen, dann hab ich endlich meine 2 Wochen Urlaub :D

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