Freitag, 12. Juli 2024

Die Geisha von Arthur Golden

Arthur Golden
Nach dem Tod ihrer Mutter wird Chiyo in ein Geisha-Haus nach Kyoto verkauft. Nach leidvollen Lehrjahren wird sie in die hermetische Gesellschaft der Geisha aufgenommen und ist bald die begehrteste und mächtigste von allen. Doch ihr Traum vom privaten Glück erfüllt sich erst nach jahrelangen Wirren und dem Untergang der alten Geisha-Kultur gegen Ende des verlorenen Zweiten Weltkrieges.



Die Geisha von Arthur Golden

Historischer Roman - Kultur Japans - Kyoto - 30er Jahre
Im Original Memoirs of a Geisha --- übersetzt von Gisela Stege

Verlag btb --- Seitenzahl 570 --- 1. Auflage Januar 1997




Meine Meinung
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Ich hab den Film damals gesehen, was aber schon gefühlt eine Ewigkeit her ist und meine Erinnerungen daran mich sehr im Stich lassen. Als ich jetzt das Buch geschenkt bekommen habe, war ich aber dann doch neugierig, denn "Geisha" ist mir schon ein Begriff und ich war gespannt, mehr über die damalige Kultur in Japan und die Einbindung einer Geisha in die Gesellschaft zu erfahren.
Das Buch hab ich zusammen mit anderen in einer Leserunde gelesen (klick hier) und dort leider erfahren, dass vieles hier im Roman sehr fiktiv und eher effektheischend eingebracht wurde. 

Eine Geisha war ja an sich eine Künstlerin in Gesang, Tanz und zur anspruchsvoller Unterhaltung der männlichen Autoritäten in den Teehäusern gedacht. Die Tradition geht schon sehr lange zurück. 
Obwohl es tatsächlich üblich war, die Zeremonie des Mizuage durchzuführen, also den Verlust der Jungfräulichkeit an einen zahlenden Gönner, die den Übergang vom Lehrling zur Geisha darstellte, sind sie keine Prostituierten. Diesen Ruf haben sie durch die Verwechslung mit den Kurtisanen erhalten. 
Deshalb mutet es schon seltsam an, dass es hier im Buch so dargestellt wird. Natürlich ist es ein fiktiver Roman, der aber auf den Erfahrungen einer echten Geisha beruhen soll; und da frage ich mich jetzt schon, ob das tatsächlich so ist. 
Denn man hat das Gefühl, dass die Mädchen und Frauen in den 30er Jahren in Japan als Geisha nur einen Geldwert hatten, sehr unterdrückt und gedemütigt wurden und sehr wohl sexuelle Dienste gegen Bezahlung geboten haben. Das hat schon ein bisschen einen Schatten auf die Geschichte geworfen, weil ich nicht mehr wusste, was ich jetzt davon glauben soll oder nicht. Das ist einfach der Herangehensweise von mir geschuldet, da ich mir schon "echte" Einblicke in die damalige Zeit erhofft hatte.
Im Nachwort schreibt der Autor, er habe all diese Fakten aus zuverlässiger Quelle, also direkt von einer Geisha, die viele dieser Geheimnisse preisgegeben hat. Ich glaube zwar, dass sicher mehr "unter der Hand" abgelaufen ist, als man offiziell hört, aber die Geisha, von der er seine Informationen hat, hat ihn nach der Veröffentlichung verklagt, weil er so viele Fakten verdreht und geändert hat. Das sagt ja dann schon einiges.

Ansonsten war es von der Art der Erzählung her sehr gut zu lesen, denn der Autor versteht es, sehr anschaulich zu schreiben. Gerade zu Anfang, wie das kleine Mädchen Chiyo von ihrer Familie getrennt und nach Kyoto verfrachtet wird, wo sie eine harte und bedrückende Zeit erwartet, habe ich mit Spannung verfolgt. 
Irgendwann verlief es sich aber ein bisschen, weil viel Zeit für die Erklärungen aufgewandt wurde. Es war definitiv interessant zu erfahren, wie die Ausbildung einer Geisha verläuft, welchen Aufwand das Make-Up oder die Frisuren bedeutet, welchen Wert ein Kimono hat und wie abhängig die Mädchen von ihrer Okiya, ihre Unterkunft während der Ausbildung, die hier jedoch eher als Heimstatt beschrieben wird, der sie völlig verpflichtet und ausgeliefert sind.

Chiyo, die später ihren Geisha Namen Sayuri annimmt, hat eine wirklich harte Zeit hinter sich und hofft einfach nur auf ein Leben ohne Angst. Sie kennt nichts anderes und dadurch gibt sie sich mit dem zufrieden, was ihre Okiya bzw. ihre Gönner ihr bieten - gefühlt in ständiger Demut und Dankbarkeit. Und einer heimlichen Liebe zu einem älteren Mann, der in einem sehr traurigen Moment ein paar nette Worte an sie gerichtet hat. Ein unerreichbarer Traum, an dem sie sich festklammern kann.
Sie hat mir oft so leid getan, aber auch andere Figuren, deren Leben insgesamt einfach nur als tragisch bezeichnet werden kann. Die ganze Geschichte war durchzogen von Leid und Einsamkeit - selbst die Männer die die Mädchen benutzten haben mir irgendwie leidgetan, denn wie armselig muss ihr Leben gewesen sein, um es mit käuflichen Gesellschafterinnen auffrischen zu müssen? 

Insgesamt empfand ich den Einblick sehr interessant, stellenweise aber etwas zu langatmig und dass der Autor hier so vieles hinzugedichtet hat, fand ich sehr schade. Ich hatte mir hier einen Einblick in die reale Kultur erhofft. Es war wohl eher der Aspekt: sex sells, der ihn dazu bewogen hat.


Meine Bewertung
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4 Kommentare:

  1. Klasse Rezension. Mir geht es hier tatsächlich wie dir. Ich habe auch den Film gesehen und nachher das Buch gelesen. Und eine lange Zeit habe ich auch geglaubt das eine Geisha nicht mehr als eine bessere Prostituierte ist. Im Buch entsteht auf jedenfall der Eindruck. Das finde ich schon bedenklich. Auch wenn der Autor dann verklagt wurde ( was ich gar nicht mitbekommen hab)
    Eigentlich waren Geishas ja eine Art Gesellschafterinen soweit ich weiß. Im Buch wurden sie herabgewürdigt..deshalb finde ich die drei Sonnenblumen echt gerechtfertigt.
    Ich lese zur Japanischen Kultur inzwischen auch lieber Sachbücher :) Auch wenn solche Roman halt auch viel unterhaltsamer sind :)

    Liebe Grüße
    Sarah

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  2. Ich kenne das Buch nicht, aber ich verstehe deine Kritikpunkte - die würden mich tatsächlich auch stören.
    Danke für die Rezension. :)

    Liebe Grüße

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  3. Hallo, ich nochmal :)
    Deine Rezension ist wirklich toll und spricht mir aus der Seele. Ich hatte mir auch damals Einblicke in das Leben einer Geisha erhofft, weil ich vorher gelesen hatte, dass der Autor mit einer ehemaligen Geisha gesprochen hat. Aber ich wurde auch sehr enttäuscht, denn warum so viel fiktives hinzudichten, wenn man doch die richtigen Fakten hat? Wie du schon sagst, sex sells. Sehr schade!
    Liebe Grüße
    Diana von lese-welle.de

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  4. Hallo liebe Aleshanee,

    ich habe das Buch vor Ewigkeiten gelesen und ich weiß noch, dass es mir damals sehr gefallen hat. An mir ist allerdings vorbeigegangen, dass der Autor hier einige Wahrheiten verdreht hat. Ich hätte heute nicht mal mehr sagen können, ob es sich um eine rein fiktive Geschichte handelt oder eben nicht. Ich verstehe deinen Ärger.

    Liebe Grüße
    Tanja

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