Die Leuchtturmwärter von Emma Stonex
Genre Roman / Drama
Im Original The Lamplighters -- übersetzt von Eva Kemper
Verlag Fischer -- Seitenzahl 432
1. Auflage August 2021
Verlagsinfo
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In der Silvesternacht verschwinden vor der Küste Cornwalls drei Männer
spurlos von einem Leuchtturm. Die Tür ist von innen verschlossen. Der zum
Abendessen gedeckte Tisch unberührt. Die Uhren sind stehen geblieben. Zurück
bleiben drei Frauen, die auch zwei Jahrzehnte später von dem rätselhaften
Geschehen verfolgt werden. Die Tragödie hätte Helen, Jenny und Michelle
zusammenbringen sollen, hat sie aber auseinandergerissen. Als sie zum ersten
Mal ihre Seite der Geschichte erzählen, kommt ein Leben voller Entbehrungen
zutage – des monatelangen Getrenntseins, des Sehnens und Hoffens. Und je
tiefer sie hinabtauchen, desto dichter wird das Geflecht aus Geheimnissen und
Lügen, Realität und Einbildung.
Emma Stonex hat in ihrem Roman »Die Leuchtturmwärter« ein fesselndes Drama über Verlust und Trauer geschaffen – und über die Liebe, die es braucht, um das Licht am Brennen zu halten, wenn alles andere von Dunkelheit verschlungen wird.
Emma Stonex hat in ihrem Roman »Die Leuchtturmwärter« ein fesselndes Drama über Verlust und Trauer geschaffen – und über die Liebe, die es braucht, um das Licht am Brennen zu halten, wenn alles andere von Dunkelheit verschlungen wird.
Meine Meinung
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Manchmal finden einen Geschichten einfach ... dieser Roman passt eigentlich
überhaupt nicht in mein typisches Beuteschema, auch nicht das Cover und der
Klappentext klingt jetzt (für mich) auch nicht grade spektakulär. Und dennoch:
ich musste es ausprobieren und ich hab es nicht bereut!
Drei Männer verschwinden spurlos von einem Leuchtturm mitten im Meer - was
kann dahinter stecken? Kann man daraus eine reißerische Geschichte machen?
Vielleicht, aber Emma Stonex macht etwas ganz anderes daraus. Etwas ruhiges, fesselndes und sehr intensives.
Sie lässt die Menschen sprechen. Zum einen die Frauen, die mit dem ungewissen
Verlust zu kämpfen haben und zum anderen die Männer, die 1972 ihre letzte Schicht als Wärter begangen haben.
Schon der Beginn stimmt perfekt auf die Atmosphäre ein. Die Fahrt zum Leuchtturm weit draußen auf offenen Meer. Die verschlossene Tür, der verlassene Turm und kein Zeichen von den drei Männern, die hier auf mysteriöse Weise verschwunden sind.
1992, 20 Jahre später, rührt ein Autor diesen Fall wieder auf. Er will darüber berichten, ein Buch schreiben und möchte mit den Frauen darüber sprechen, was aus ihrer Sicht damals passiert ist.
Der Stil ist unglaublich fesselnd zu lesen und hat mich sofort in diese Geschichte hineingezogen. Dicht verwoben und voller Metaphern bildet sich ein Muster, das sich aus Gedanken und Gefühlen zusammensetzt, die Bilder entstehen lässt und einen Sog entwickelt, der mich nicht mehr losgelassen hat. Mit vielen bedeutsamen Details erzählten die Figuren über ihr Leben, ihre Ängste, ihre Träume, ihre Zweifel und Hoffnungen und rückt die damaligen Ereignisse wieder in die Gegenwart.
Auf einem Leuchtturm ist die Welt klein. Langsam. Das können andere Menschen nicht: Sie können Dinge nicht langsam und bedeutungsvoll machen.Zitat Seite 244
Während die Frauen nie wirklich loslassen konnten, da die Ungewissenheit ihre Zweifel gestreut hat, spürt man bei den Männern, wie sich Überzeugungen entfalten, die sich in der Einsamkeit des Turms zu Gewissheiten formen. Doch die Wahrheit hat immer zwei Seiten und die Geheimnisse, die jeder vor den anderen zu verbergen versucht, ergeben ein verzerrtes Bild der Realität - ob zwischen den Paaren oder unter den drei Männern - in der Verlorenheit, die jeder von ihnen spürt, bröckeln die Mauern, die ihnen Sicherheit versprochen haben.
Die Autorin zeigt ein unglaubliches Feingefühl und Empathievermögen, wie sie zum einen die einzelnen Charaktere dem Leser nach und nach offen legt, wie ihre Vergangenheit ihren Einfluss geltend macht und wie sie das mit ihren Worten auf so intensive und eindringliche Weise beschreibt.
Man findet sicher nicht alle sympathisch, aber jeder von ihnen hat neben seinen "unschönen" Eigenschaften gute Seiten, hoffnungsvolle Gedanken, ein Sehnen nach Liebe, nach Vergebung, nach dem Leben, wovon er träumt.
"Was eine Ehe am Leben hält, sind die kleinen Gesten: Dinge, die wenig kosten, aber dem anderen sagen, dass man ihn liebt und dafür nichts von ihm verlangt."Zitat Seite 64
Kleine Bemerkungen, am Rande, die auf die vielen Geheimnisse hindeuten, lassen Vermutungen zu und geben letztlich einen schmerzlichen Eindruck auf die Tragödie, die sich hier angebahnt hat.
Am Ende sehen wir von anderen immer nur eine Fassade - eine Maske, mit der sie sich präsentieren und zeigen möchten. Sei es aus Schutz, aus Angst, aus Hoffnung und der Suche nach etwas, das ihnen fehlt.
Es ist eine Schande, wenn ein Mensch einen schwierigen Start ins Leben hatte und nie richtig auf die Beine kommt, weil die Leute immer das Schlimmste von ihm annehmen.Zitat Seite 129
Gehemmt durch Erfahrungen, gefangen durch Erlebnisse, die es nicht zulassen, sich zu öffnen, kämpft jeder von ihnen darum, sich dich Sog nach unten zu entziehen und an die Oberfläche zu kommen, ans Licht.
Alleine die Tatsache, immer wieder für 8 Wochen auf so einem beengten Raum "eingesperrt" zu sein ist schon eine sehr bedrückende Vorstellung. Auch wenn es sicher Menschen gibt, auf die das eine gewisse Faszination ausübt. Zu Meditationen ziehen sich ja immer wieder Menschen zurück, um im Alleinsein zu sich zu finden - aber diese Arbeit auf Leuchttürmen war sicher für einige ein sehr belastendes Erlebnis. Seit Ende des 20. Jahrhunderts werden diese Türme übrigens automatisch von zentralen Stationen
überwacht und nur noch bei Bedarf gewartet.
Mich hat diese Geschichte sehr beeindruckt. Alleine vom Schreibstil her, aber auch, wie die Handlung aufgebaut war und sich immer mehr geweitet und Einblicke gegeben hat, während sich der Fokus gleichzeitig zusammen gezogen hat und man auf den fixen Punkt am Ende zugesteuert ist.
Tiefschneidende Ereignisse über Verlust und Trauer sind hier behutsam aber deutlich zu spüren.
Die Idee zum Buch kam durch das Verschwinden von drei Wärtern auf einem abgelegenen Leuchtturm auf der Insel Eilean Mòr im Dezember 1900, hat aber keinerlei Ähnlichkeit mit deren Leben oder Persönlichkeit.
Meine Bewertung
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Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.
Es gab diesbezüglich keinerlei Vorgaben und die Rezension
spiegelt meine ganz persönliche Meinung wider.
Ebenfalls rezensiert von
Um dieses Buch kreise ich jetzt schon länger und ich habe sehr unterschiedliche Meinungen gehört bzw. gelesen. Du machst mich mit deiner Rezi sehr neugierig - ich glaube, ich muss unbedingt mal in eine Leseprobe reinlesen!
AntwortenLöschenLG Sabine
Ich wusste tatsächlich gar nicht, worauf ich mich hier einlasse - vor dem Lesen hab ich noch keine Rezension dazu gesehen gehabt ... aber ich fands wirklich grandios!
LöschenEs konzentriert sich halt sehr auf die Menschen, aber das mit großem Feingefühl und vielen ungewöhnlichen Mitteln im Schreibstil.
Ich hoffe, dir gefällt die Leseprobe :)
Sooo - ich habe jetzt angefangen, das Hörbuch zu hören und es gefält mir sehr gut! Die Stimmung und die verschiedenen Sichtweisen - sehr gut gemacht. Und irgendwie ist es ja auch untergründig spannend...
LöschenLG Sabine
Oh, wie schön, das freut mich wirklich sehr! Dann noch viel Spaß dabei!
LöschenHuhu Aleshanee,
AntwortenLöschendas Buch sagte mir bisher noch gar nichts. Auch hatte ich nach dem Klappentext eher noch einen wagen Eindruck von der Geschichte. Was du darüber schreibst, klingt aber so schön und gut geschrieben. Die Autorin scheint ein Händchen für Zwischenmenschliches und für die Beschreibung unterschiedlicher Persönlichkeiten zu haben. Ich werde das Buch auf jeden Fall mal im Blick behalten. =)
Ganz liebe Grüße
Leni
Es kam jetzt grade auch ganz frisch raus und ich hab es eher zufällig gesehen und bisher auch sehr wenig darüber gehört. Aber ich fands wirklich großartig <3
LöschenIch würde mich freuen, wenn du es auch liest und hoffe natürlich, dich kann es auch begeistern :)
Ich habe gleich gewusst, die Geschichte ist was für mich.
AntwortenLöschenSo intensiv wie das Buch zu sein scheint, kommt auch deine Besprechung rüber. Vor allem die Zitate gefallen mir sehr.
Liebe Grüße