Mittwoch, 7. Mai 2014

Rezension: Timothy Wilde (1) Der Teufel von New York von Lyndsay Faye

Der Teufel von New York

von Lyndsay Faye

Genre: Historischer Kriminalroman
Band 1 der Timothy Wilde Mysteries Reihe
Originaltitel: The Gods of Gotham

Verlag: dtv
Seitenzahl: 476
Taschenbuch: 15,90 €
ebook: 13,99 €

1. Auflage: März 2014






"Wenn nur genügend schreckliche Dinge vorgefallen waren, fühlte es sich nicht mehr 
ganz so schrecklich an, sie selbst zu tun." S. 429


Zum Inhalt


New York 1845. Die gerade gegründete Polizei der Stadt ist ein zusammengewürfelter Haufen von Schlägertypen und seltsamen Vögeln. Auch Timothy Wilde gehört dazu - gegen seinen Willen. Bei einem Brand wurden seine Zukunftspläne zerstört, sodass er jetzt jede Arbeit annehmen muss, die sich bietet. Eines Tages läuft ihm ein völlig verstörtes kleines Mädchen in die Arme, bekleidet mit einem blutdurchtränkten Nachthemd. Sie will oder kann nicht sagen, wer sie ist. Da sie selbst körperlich unverletzt ist, muss das Blut von einer anderen Person stammen. Kurz darauf findet Tim auf einem entlegenen Gelände neunzehn Kinderleichen. Es kursieren die wildesten Gerüchte, und die politische Situation ist bis zum Zerreißen angespannt …
(Quelle: dtv Verlag)

Meine Meinung

Man merkt, dass die Autorin die Sprache liebt und oft verschlungene Wege findet, um sich auszudrücken. Hier kann man wirklich richtig eintauchen, weil sie sehr gut die ganze Szenerie dieser Zeit, die Menschen, ihre Gefühle, die Stadt, das alles sehr intensiv und atmosphärisch dicht beschreibt. Dieses Buch muss man sich auf der Zunge zergehen und sich wirklich Zeit lassen, denn gerade der Schreibstil macht dieses Buch zu etwas besonderem.
Das Ganze hat ein sehr gediegenes Tempo, bevor die eigentliche Handlung, die Aufklärung der Verbrechen, beginnt. Erst einmal wird der Schauplatz und die Charaktere aufgezeigt, inmitten des Geschehens in New York im Jahre 1845. Man muss sich also durch knapp 100 Seiten in die tieferen Schichten dieser Metropole lesen, was sich für mich auf jeden Fall gelohnt hat.
Die Morde selbst stehen teilweise eher im Hintergrund, was mich aber nicht gestört hat.

Man fühlt sich wirklich in diese Zeit versetzt und taucht völlig in diese ausladende Sprache ein, die die Autorin meisterhaft zu verwenden versteht. Man sieht, man riecht, man fühlt mit den Figuren mit, die in diesen schwierigen Zeiten nur eines versuchen, so gut es geht am Leben zu bleiben.

Der Protagonist Timothy Wilde ist ein sehr eigenwilliger Charakter, der sehr genau weiß, was er im Leben will - doch was ist jemals einfach? Ein großes Feuer zerstört seine gesamte Lebensgrundlage und die neue Arbeit, die ihm sein Bruder Valentine verschafft, ist nicht wirklich das, was er erwartet hat. Schneller als er ahnt merkt er allerdings, das er für diesen Beruf geradezu prädestiniert ist und gerade durch den langen Vorspann kann man sich sehr gut in ihn hinein versetzen und verfolgt gespannt, wie aus dem lässigen Barkeeper ein durchsetzungsfähiger, umsichtiger und vor allem auch unbeirrter Sucher nach der Wahrheit wird, die ihm keine Ruhe mehr zu lassen scheint. Seine Entwicklung und das Zusammenspiel mit den anderen Charakteren ist sehr menschlich und hat mich gefesselt.
Auch Valentine, sein Bruder sowie auch die anderen Figuren sind sehr greibar beschrieben und vor allem Mr Piest hat sich hier in mein Herz geschlichen.

Das New York der damaligen Zeit ist sehr lebendig und überzeugend beschrieben. Zusammen mit Timothy Wilde durchforstet man düstere Gegenden und lernt die grausamen Zustände kennen, mit denen die Menschen und vor allem die Kinder haben aufwachsen müssen. Die verqueren Ansichten über Politik und Glauben in Bezug der Einwanderer aus Irland sowie viele dunkle Geheimnisse sind in der ganzen Stadt wie Kloaken verteilt und kriechen mit ihrem Gestank bis in den letzten Winkel.
Einige Ausdrücke der alten "Gossensprache" sind in den Text eingeflossen, die die Übersetzerin aus den Wörterbüchern des 19. Jahrhunderts übernommen hat. Die meisten Bedeutungen ergeben sich aus dem Text, für die anderen gibt es im Anhang ein kleines "Glossar der Gaunersprache". Auch wenn die Autorin damit noch mehr den Bezug zu dieser vergangenen Epoche herstellen wollte, hätte sie es sich meinetwegen sparen können.


 Fazit

Durch die bildhafte, dicht gesponnene Sprache entsteht ein sehr eindringliches Bild einer stimmungsvollen Atmosphäre, derer ich mich kaum entziehen konnte. Das New York des 19. Jahrhunderts ist für mich lebendig geworden, mit all seinen Licht- und vor allem den Schattenseiten. Ein sehr gelungener Auftakt für alle, die sich beim Lesen auch mal Zeit lassen können, um wahrhaftig in die "Geschichte" einzutauchen.

 Bewertung
 

© Aleshanee



Über die Autorin:  Lyndsay Fay wuchs im Pazifischen Nordwesten auf und studierte Englisch und Performance in Belmont, Kalifornien. Lindsay Faye arbeitete einige Jahre als Schauspielerin bevor sie 2005 nach New York zog und mit dem Schreiben begann. Ihr Roman ›Der Teufel von New York‹, der erste einer Serie um Timothy Wilde, wurde für den Edgar Award 2013 (Kategorie Best Novel) nominiert und ein internationaler Erfolg. Lyndsay Faye lebt mit ihrem Mann nördlich von Harlem.
Quelle: dtv Verlag

Timothy Wilde Mysteries

1 - Der Teufel von New York
2 - Die Entführung der Delia Wright
3 - Das Feuer der Freiheit


4 Kommentare:

  1. Hi,
    Das Buch ist mir jetzt schon mehrfach über den Weg gelaufen. So wie du es beschreibst klingt es super interessant, obwohl mich Krimis im Moment eigentlich eher weniger ansprechen.
    Mal sehen, vielleicht irgendwann mal, aber in nächster Zeit gehe ich eher nicht davon aus, dass ich es kaufen/lesen werde.
    Deine Rezi ist auf jeden Fall mal wieder super und macht sehr viel Lust, dass Buch sofort zu lesen. ;)
    Liebe Grüße
    Alesha

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    1. Dankeschön ♥
      Es ist halt nichts schnelles oder leichtes, man muss sich schon Zeit nehmen und auch den großen Rahmen akzeptieren, den die Autorin hier rundrum spannt ;)

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  2. Guten Abend :)
    Zunächst muss ich einmal sagen, dass ich mich sogleich in das Cover verliebt habe. Dieses hat mich schon dazu verleitet das Buch lesen zu wollen... und deine Rezension hat dem ganzen dann noch den Rest gegeben. Sie ist wirklich gelungen! Ich glaube es wäre ein wirklicher Verlust wenn ich dieses Buch nicht lesen würde und das beschreibst du so gut, das mir hier die Wahl vollkommen abgenommen wird :)

    <3 Nadine

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