In einer hellen Mondnacht steht plötzlich die »Schöne Gärtnerin« vor Lucinda
und erzählt ihr, dass sie aus ihrem Bild gestiegen sei, um ihre verschollene
Schwester zu suchen. Lucinda glaubt zu träumen. Doch sie lässt sich überzeugen
– und so machen sich die beiden auf eine abenteuerliche Suche quer durch
Europa. Schon bald gesellt sich der Junge Mike zu ihnen. Und noch jemand hat
sich an ihre Fersen geheftet: eine seltsame Frau, die vor nichts
zurückzuschrecken scheint, um vor ihnen am Ziel zu sein ...
Vorgeschichte: Max Ernst malte zwei Versionen des Bildes "Die
Schöne Gärtnerin". Die erste "Die Schöne Gärtnerin oder die Erschaffung Evas",
entstand 1923 in Paris, wurde später von den Nationalsozialisten beschlagnahmt
und in der Ausstellung "Entartete Kunst" diffamiert. Seitdem ist sie spurlos
verschwunden. 1967 malte Ernst, der den Verlust des Bildes nie ganz verwinden
konnte, eine zweite, etwas abstraktere Version: "Die Rückkehr der Schönen
Gärtnerin".
Mike und ich und Max Ernst von Antonia Michaelis
empfohlen ab 10 Jahren - eine ungewöhnliche Liebesgeschichte
Verlag Loewe --- Seitenzahl 224 --- 1. Auflage Juni 2003
Meine Meinung
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Wie meist bei den Büchern von Antonia Michaelis spielt sie auch wieder mit
einer surrealen Realität. Sie verbindet das Leben und die Bilder des Künstlers
Max Ernst,mit der mysteriösen Lebendigkeit der gemalten Figuren und der auf
dem Cover angekündigten, ungewöhnlichen Liebesgeschichte. Dabei flechtet sie
aber auch nebenher kleine Ansätze aus dem Zweiten Weltkrieg ein, ein Thema das
immer wieder in ihren Büchern vorkommt, aber für das Lesealter passend
verpackt ist.
Die Protagonistin ist die 14jährige Lucinda. Sie lebt mit ihrem Vater in
Berlin in einem Museum und ist ein eher verschrecktes, einsames Mädchen, das
sich nicht viel zutraut. Als plötzlich ein Diebstahl das Vertrauen zwischen
ihrem Vater und ihr zerstört, begibt sie sich auf eine Suche, bei der sie über
sich hinauswachsen muss.
Die Idee, dass Figuren aus Bildern schlüpfen fand ich sehr interessant - vor
allem, da die Autorin diese Vorstellung wieder einmal äußerst mysteriös
dargestellt hat und gleichzeitig glaubwürdig, so dass kein Zweifel aufkam, die
"schöne Gärtnerin" wäre tatsächlich als lebendes Geschöpf von der Leinwand
gestiegen.
Lucindas Reise ist eine Suche nach der verschollenen Schwester der Gärtnerin,
aber auch eine Suche von Lucindas Selbst. Sie muss Stärke beweisen und Mut,
vor allem gegenüber dem Jungen Mike, der ganz unverhofft auftaucht. Ihr
ständiges Misstrauen begleitet sie die ganze Fahrt durch Europa, auch weil
eine Frau immer wieder auf der Bildfläche erscheint, deren Absichten nicht
ganz klar sind.
Antonia Michaelis flechtet hier die Vergangenheit mit ein, das Zerstören von
Kunstwerken in Menschen gemachten Dramen, und ein lebendiger Eindruck von
einem jungen Mädchen, das aus seiner Einsamkeit ausbricht, indem ihm einfach
"nur" die Möglichkeit dazu gegeben wird.
Besonders schön fand ich ja Lucindas Beschreibungen, wenn sie auf die Bilder
von Max Ernst zugreift und sich illusorische Vorstellungen der Landschaften
ausdenkt, durch die sie kommen. Überhaupt ist der Schreibstil wieder sehr
anschaulich und gut greifbar - als wäre man direkt mit dabei.
Eine kurze Geschichte, in der vieles angesprochen wird und trotzdem nicht
überladen wirkt. Ich hab mich sehr gut unterhalten gefühlt, auch wenn ich
keinen persönlichen Bezug zu den Bildern von Max Ernst gefunden habe - ich hab
bei Kunst aber auch einen ganz kauzigen Geschmack ;)
Meine Bewertung
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Liebe Aleshanee
AntwortenLöschenDas Buch und die Autorin muss ich mir ja unbedingt einmal ansehen. Ich mag es, wenn Bücher sehr verschiedene Themen/Genres streifen und mit Traum und Wirklichkeit spielen, aber auch noch gesellschaftskritisch sind, also einfach für alle etwas bieten und mich dabei sogar noch etwas lernen lassen.
Lieben Dank für den Tipp
Livia
Sie hat schon eine sehr spezielle Art und einige ihrer Bücher waren wirklich tolle Highlights für mich! Auch wenn die Genre oft gar nicht so meine Vorlieben treffen - trotzdem gefallen sie mir gut :)
LöschenHallo liebe Aleshanee,
AntwortenLöschenich weiß nicht, ob dieses Buch jetzt vom Thema her meinen Lesegeschmack treffen würde. Allerdings entnehme ich deine Rezension, dass die Autorin ein besonderes Talent hat, mit Worten umzugehen und gerade das macht mich neugierig.
Scheinbar hat A. Michaelis auch schon sehr viele Bücher gelesen. Ich kenne noch kein einziges von ihr. Vom Titel her hat mich ja Tankstellenchips gleich angesprochen. Hast du das zufällig gelesen?
Welches Buch von ihr kannst du empfehlen?
Ganz liebe Grüße
Tanja
Hm, Tankstellenchips ist das einzige, das mir nicht so gut gefallen hatte ^^
LöschenEmpfehlen würde ich für dich... Das Blaubeerhaus, Jenseits der Finsterbachbrücke, Die Worte der weißen Königin, wenn ich so über deinen Lesegeschmack nachdenke.
Meine Favoriten sind Der Märchenerzähler, Im Auge des Leuchtturms, Solange die Nachtigall singt - und absolutes Highlight war für mich Niemand liebt November
Verdammt und dabei klingt der Titel doch so gut :o))))))
LöschenIch danke dir für die Empfehlungen. Ich schaue mir die Bücher gleich mal genauer an.
Niemand liebt November klingt vom Titel her aber auch sehr ansprechend muss ich sagen ...
Naja, vielleicht gefällt dir Tankstellenchips ja auch :) Das war das erste von ihr mit "Humor" und der war einfach so gar nicht meins...
LöschenNiemand liebt November ist wie viele andere Bücher von ihr mit einer gewissen Tragik, aber eben großartig geschrieben, ich mag ihren Schreibstil einfach wahnsinnig gerne <3