Dienstag, 30. Mai 2017

Rezension: Die fremde Königin von Rebecca Gablé

Die fremde Königin

von Rebecca Gablé

Die Fortsetzung zu "Das Haupt der Welt"
Historischer Roman um König Otto den Großen
empfohlen ab 16 Jahren

Verlag: Bastei Lübbe
Seitenzahl: 763
Hardcover: 26,00 €
Ebook: 19,99 €

1. Auflage: Apr 2017





Zum Inhalt

"Könige sind wie Gaukler. Sie blenden die Untertanen mit ihrem Mummenschanz, 
damit die nicht merken, dass das Reich auseinanderfällt"


Anno Domini 951
Die italienische Königin Adelheit ist in Gefangenschaft geraten. Nachdem ihr die Flucht gelungen ist, nimmt sie gerne das Heiratsangebot von König Otto an und versucht, die vielen Zwistigkeiten innerhalb der Königsfamilie zu bereinigen - doch das ist wahrlich nicht leicht. Vor allem, da sie selbst auch immer wieder an ihre Gefangenschaft erinnert wird und mit der argwöhnischen Missgunst beäugt wird, dass ihre kommenden Kinder anderen den Königstitel streitig machen könnten.

Der junge Gaidemar, ein Bastard vornehmer, aber unbekannter Herkunft und Panzerreiter in König Ottos Reiterlegion, war maßgeblich an der Flucht von Adelheid beteiligt. Seine aufkeimenden Gefühle für sie sind jedoch von Anfang an zum Scheitern verurteilt - und auch andere, große Steine werden ihm in den Weg gelegt

(Achtung vor dem Klapptentext bzw. Inhaltsangabe auf der Verlagsseite - Spoiler!)


Meine Meinung 

Bei der Autorin weiß man halt einfach, dass man wieder mal eine großartige Geschichte erwarten darf! Schon der Einstieg hat mich sofort in die historische Zeit versetzt, Spannung erzeugt und ich war mitten im Geschehen!

Der Schreibstil ist wie immer flüssig und passt wunderbar zur Epoche, ohne übertrieben zu wirken. Erzählt wird aus der auktorialen Perspektive und wechselt dabei zwischen Sichtweisen der Charaktere - hauptsächlich der Königin Adelheid und Gaidemar. 

Mit Adelheid bin ich nicht so richtig warm geworden. Was vielleicht auch beabsichtigt war, zumindest wirkt sie auf mich sehr authentisch. Sie ist eben nicht aus dem "einfachen Volk" sondern hat eine gewisse Erziehung genossen, die sie auf ihr "Amt" vorbereitet hat. Dass sie dadurch vieles nicht versteht, was die Sorgen und Nöte der einfachen Menschen betrifft ist also normal, auch wenn sie sie deshalb nicht völlig ignoriert. Aber es ist eben eine ganz andere Welt, als Königin zu leben und ganz andere Verantwortungen zu tragen, da fallen gewisse Entscheidungen nunmal nicht leicht bzw. fallen sie manchmal lieblos aus, weil sie immer "nur" das große Ganze im Auge hat - gefühlskalt könnte man sagen, aber sie hat eben ein ganz anderes Denken aus ihrer Erziehung geprägt. Trotzdem war es nicht so, dass ich sie nicht leiden konnte, sie war eben perfekt in ihrer Position und vor allem immer auf der Seite ihrer Familie.
König Otto mochte ich irgendwie tatsächlich mehr, denn trotz vieler erbarmungsloser Urteile und Vorgehensweisen, hatte er doch das Herz auf dem rechten Fleck.

Gaidemar, er war hier schon der Held der Geschichte, denn trotz zahlreicher Fehlschläge gibt er nicht auf. Sein Ehrgefühl ist ihm heilig und er ist ein typischer Vertreter seines Geschlechts, aber er hat auch weiche Seiten, wenn man es denn so nennen kann und ein für damals ungewohntes Feingefühl.
So schwierig das Leben damals auch war, ich kann mir gut vorstellen, dass die Menschen eben gerade deshalb so wie hier beschrieben oft eben nicht mit dem Schicksal gehadert haben. Sie haben es angenommen - sei es durch ihren Glauben oder innerer Stärke - und haben sich durchgekämpft. Nach vorne zu schauen und nach jedem hinfallen wieder aufzustehen, seine "Ehre" nicht zu vernachlässigen und gleichzeitig auch Empathie zu zeigen, trotzdem aber konsequent zu sein ... ein schweres Los, mit dem wir wohl auch heute noch zu kämpfen haben. 

Überhaupt kreiert die Autorin die Charaktere wieder sehr prägnant, was die Handlung sehr lebendig gestaltet. Genauso wie die geschlichtlichen Hintergründe, die gekonnt und anschaulich in Szene gesetzt werden. Ich war keinen Moment gelangweilt und habe jeden Moment mit Spannung verfolgt - es ist sehr abwechslungsreich mit den Entwicklungen der Figuren sowie den Intrigen und Kriegsschauplätzen der damaligen Zeit. Hier gibts dazu natürlich wieder im Nachwort die Infos, aus welchen wahren Überlieferungen Rebecca Gablé ihre Geschichte kreiert hat, was ich immer besonders interessant finde - und es jedes Mal wieder bewundere, wie sie aus diesen wenigen Daten so eine oppulente Geschichte zusammenbasteln kann. Vor allem auch die vielen kleinen Details, die alles authentisch und lebendig wirken lassen.

Besonders interessant ist für mich, wie die Menschen damals gelebt und geliebt haben, denn mit der heutigen Zeit kann man es überhaupt nicht mehr vergleichen. Die Gefühle blieben bei "Die fremde Königin" weitgehend außen vor, wie es damals ja auch üblich war - gerade wenn man ständig den Krieg im Nacken sitzen hat. Aber die Autorin zeigt deutlich, wie sie trotz allem mit ihren Gefühlen umgehen konnten und mussten. Mir kommt es immer so vor, als würde auch in jeder Epoche die Definition von Liebe auf ihre Art neu erfunden bzw. ist sie sowieso für jeden Menschen ganz individuell, auch heute. Und selbst mit ihrer verschlossenen, ruppigen und standesmäßig verbundenen Weise waren es trotz allem tiefe und innige Gefühle, die nur anders gezeigt und ausgelebt wurden. Gerade das wurde hier wieder mal äußerst anschaulich und nachvollziehbar geschrieben.

Vorne im Buch findet man eine wunderschöne Karte des Reiches von König Otto um 962 in Farbe, sowie hinten eine Ahnentafel des Königshauses.


Bewertung
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© Aleshanee


Über die Autorin: Rebecca Gablé studierte Literaturwissenschaft, Sprachgeschichte und Mediävistik in Düsseldorf, wo sie anschließend als Dozentin für mittelalterliche englische Literatur tätig war. Heute arbeitet sie als freie Autorin und lebt mit ihrem Mann am Niederrhein und auf Mallorca. Ihre historischen Romane und ihr Buch zur Geschichte des englischen Mittelalters wurden allesamt Bestseller und in viele Sprachen übersetzt. Besonders die Romane um das Schicksal der Familie Waringham genießen bei Historienfans mittlerweile Kultstatus. 
Quelle: Bastei Lübbe Verlag


Otto der Große
2 - Die fremde Königin


6 Kommentare:

  1. Kann dir in allen Punkten nur zustimmen und ich werde definitiv noch andere Bücher der Autorin lesen. Sie schreibt einfach toll!

    Liebe Grüße,
    Nona

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    1. Schon oder? Durch sie bin ich so richtig in dem Genre auf den Geschmack gekommen - ich mag alle Bücher von ihr total gerne!!!
      "Der Palast der Meere" fehlt mir noch bzw. wartet der noch auf dem SuB, freu mich schon drauf! :D

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  2. Hallo Aleshanee!

    Huch, hierbei handelt es sich um einen zweiten Teil, das wusste ich gar nicht. Kommt denn Adelheid im ersten Band auch bereits vor? :) Da hätte ich sie gar nicht in deiner Rezension entdeckt :D

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    1. Nein, auch wenn es auch zu "Otto" gehört, passiert alles etwas später als im ersten Teil.
      Ist ähnlich wie bei den Waringham Büchern, die muss man ja auch nicht hintereinanderlesen, weil es immer 1-2 Generationen überspringt von Band zu Band ;)

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    2. sehr gut. so indirekt verknüpfte Geschichten finde ich eigentlicha uch immer recht spannend :)

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    3. Ja find ich auch! Man kriegt halt super mit wie sich alles weiterentwickelt hat!

      Gerade auch bei den Waringhams - die Familie begleitet man ja sozusagen durch die Jahrhunderte :)

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