Mittwoch, 12. November 2014

Rezension: Die Seiten der Welt von Kai Meyer

Die Seiten der Welt

von Kai Meyer

Genre: Jugend-Fantasy
Band 1 der Trilogie

Verlag: Fischer

Seitenzahl: 560
Hardcover: 19,99 €
ebook: 17,99 €

1. Auflage: Sept 2014






Dort draußen war die weite Welt, laut und schrill und tanzend, 
aber die Faerfax lebten in der Abgeschiedenheit der Cotswolds, in der Stille der Bücher, 
verborgen vor den Agenten der Akademie. S. 32


Klappentext

Furia Salamandra Faerfax lebt in einer Welt der Bücher. Der Landsitz ihrer Familie birgt eine unendliche Bibliothek. In ihren Tiefen ist Furia auf der Suche nach einem ganz besonderen Buch: ihrem Seelenbuch. Mit ihm will sie die Magie und die Macht der Worte entfesseln.
Doch dann wird ihr Bruder entführt, und Furia muss um sein Leben kämpfen. Ihr Weg führt sie nach Libropolis, die Stadt der verschwundenen Buchläden, und an die Grenzen der Nachtrefugien. Sie trifft auf Cat, die Diebin im Exil, und Finnian, den Rebellen. Gemeinsam ziehen sie in den Krieg – gegen die Herrscher der Bibliomantik und die Entschreibung aller Bücher.


Buchtrailer auf youtube



Meine Meinung

Der Buchtrailer ist wunderschön, die Musik, die Farben, die Stimme ... genauso wie das Cover und der Klappentext verspricht er vieles an Magie, die zwischen den Seiten von Büchern verborgen ist. Leider hat sie sich auch ein bisschen vor mir versteckt.
Dem Buch lag ein Lesezeichen bei mit dem schönen Aufdruck "Libropolis" - eine Eintrittskarte in eines der Refugien der Bibliomanten mitten in London. Eine Stadt der Bücher, ein Sammelsurium an Buchhandlungen und Antiquariaten, bei denen man wirklich ALLES finden kann.

In dieser Geschichte kann man auch sehr viel finden: Magie, Machtkämpfe, Revolution, Geheimnisse, Freundschaft, Liebe ... es wird gemordet, verfolgt und geflüchtet und trotz, oder gerade durch das hohe Tempo und die Vielfalt habe ich nicht so gut in das Buch reingefunden.

Der Schreibstil war wieder mal richtig gut! Zwischen einem temporeichen, jugendlichen Stil gab es immer wieder wunderschöne Beschreibungen und Wortspiele, die mich kurz innehalten ließen. Ich hab für meine Verhältnisse etwas länger für das Buch gebraucht. Der Anfang klang für mich recht vielversprechend, die Entwicklung war allerdings völlig anders, als ich erwartet hatte.

Es geht um die 15jährige Furia Salamandra Faerfax und ihren kleinen Bruder Pip, die bei ihrem Vater auf einem großen Anwesen in der Nähe von London leben. Sie haben kaum Kontakt zur "Außenwelt", da sie sich vor den Agenten der Adamistischen Akademie verstecken müssen. Ihr Vater, Tiberius Faerfax, ist ein Bibliomant und gehört somit zu den geheimen Buchmagiern, die durch ihr Seelenbuch Zauber und große Macht ausüben können. Furia hat diese Gabe geerbt, doch ihr Seelenbuch hat sie bisher noch nicht gefunden.
In den Katakomben unterhalb der Residenz gibt es eine riesige Bibliothek, in der Furia trotz des Verbots ihres Vaters gerne herumstreunt - denn es gibt nicht nur ein weit verzweigtes Labyrinth aus Bücherregalen, in dem man sich leicht verirren kann, sondern auch gefährliche Schimmelrochen und Metapherngas.

"Sie war aufgeregt, das war sie immer, wenn sie die Bibliothek betrat. 
Dennoch weigerte sie sich, Angst zu haben. Meist hatte sie damit Erfolg." S. 15

Furias Mutter ist bei Pips Geburt gestorben und seitdem ist ihr Vater nicht mehr derselbe. Sorgenvoll und ernst hat er sich zur Aufgabe gemacht, Furia alles über die Bibliomantie beizubringen. Er nimmt sie mit auf die Jagd nach den "Leeren Büchern", die ihr Leben und die Magie der Bücher bedrohen. Vergisst dabei aber den kleinen Pip, der keinerlei magische Fähigkeiten besitzt.

Furia ist neugierig und eigenwillig, nimmt die Dinge selbst in die Hand und lässt sich nicht so leicht unterkriegen - auch als die Ereignisse sich zu überschlagen beginnen. Die "Umgarnte", eine Auftragsmörderin" ist hinter ihr her und plötzlich steht das junge Mädchen Herausforderungen gegenüber, denen sie kaum gewachsen ist. Durch ihr bisher behütetes und abgeschiedenes Leben stürmt die Realität regelrecht auf sie ein und sie kann sich glücklich schätzen, auf ihrer Flucht Verbündete zu finden. Obwohl Furia weiß, dass ihr Vater viel vor ihr geheim gehalten hat, glaubt sie, alles zu durchschauen und wirkte dadurch an manchen Stellen naiv und besserwisserisch zugleich.
Die Emotionen haben mir hier etwas gefehlt, denn ich konnte nicht wirklich mit Furia mitfühlen. Auch gefiel mir ihre Reaktion nicht so gut, als die Macht der Bücher in ihr erwacht; was aber vielleicht auch daran lag, dass sehr wenig erklärt wurde. Überhaupt wird man sehr schnell mit sehr vielen Veränderungen, neuen Schauplätzen und Umständen konfrontiert, ohne dass man das Ganze wirklich verinnerlichen kann.

Eines der Refugien der Bibliomanten, die Bücherstadt Libropolis, hatte ich mir etwas freundlicher und wärmer vorgestellt. Hier trifft Furia auf Cat, ein einsames Mädchen, dass sich mit Diebstählen über die Runden bringt und Finnian (genialer Name), der in der Gärtnerei zerstörte Bücher zu einem Wald aus Bäumen heranwachsen lässt. Die beiden mochte ich sehr gerne, hätte aber wie bei allen anderen Figuren auch gerne mehr über sie erfahren.

Die Kapitel sind kurz gehalten und haben oft Cliffhanger am Ende, die mich weitergetrieben haben. Es gibt spannende Momente und stellenweise auch brutale Szenen, die den magischen Zauber in den Hintergrund gerückt haben.
In all der Fülle an phantastischen Wesen, magischen Ideen und verwunschenen Orten stecken aber auch einige hintergründige Fragen: Was macht man gegen ein korruptes System? Gegen Machthaber, die eine Diktatur entwickelt haben und welche Mittel sind gerechtfertigt, um sich daraus zu befreien? Und kann man in einer so großen Gesellschaft wirklich allen Menschen gerecht werden?

"Nur Freiheit", sagte Finnian. "Ohne Wenn und Aber. Ohne Wofür und Wozu. 
Einfach nur zu wissen, dass einen keiner dafür verurteilt, was man ist oder nicht ist." S. 358

Große Fragen, die durch die Komprimiertheit der ganzen Geschichte etwas untergegangen sind wie so einiges andere. Manchmal fühlte ich mich wie Furia durch die Handlung gejagt und hab immer wieder das Gefühl vermisst, in das Buch so richtig eintauchen zu können.

Zusammengefasst


Thematik: Macht verändert
Schreibstil: jugendlich mit schönen Wortspielereien, manchmal etwas zu gehetzt
Charaktere: gut skizziert, richtig nahe kommen konnte ich ihnen leider nicht
Spannung: viele aufregende Momente
Umsetzung: durch die rasche Entwicklung konnte ich mich nicht so auf die Handlung einlassen, tolle Ideen in einem rasanten Abenteuer

Fazit


Ich finde das hohe Tempo doch etwas schade, das mich durch diese Geschichte gejagt hat. So viele Impulse und magische Ideen, die etwas mehr Zeit gebraucht und Wirkung hätten entfalten können. Insgesamt wirklich schön geschrieben, interessante Charaktere und ein tiefgründiger Hintergrund - aber alles kam irgendwie zu kurz.

Bewertung



© Aleshanee




Über den Autor: Kai Meyer, geboren 1969, ist einer der wichtigsten deutschen Phantastik-Autoren. Er hat über fünfzig Romane veröffentlicht, Übersetzungen erscheinen in dreißig Sprachen. Seine Geschichten wurden als Film, Hörspiel und Graphic Novel adaptiert und mit Preisen im In- und Ausland ausgezeichnet. 
Quelle: Fischer Verlag



17 Kommentare:

  1. Ja so ähnlich ging´s mir auch mit dem Tempo... vieles hätte ruhig vertieft werden können, aber gerade deshalb hoffe ich ja auf eine Fortsetzung ;)

    AntwortenLöschen
  2. Guten Morgen, meine Liebe:)
    Schade, dass es dich nicht ganz überzeugen konnte, aber wie immer sehr gut beschrieben. Ich habe schon von mehreren gelesen, dass sie das Gleiche beim Lesen empfanden - ist ja auch alles Geschmackssache und jeder hat ein eigenes Empfinden;) Tolle Rezi!

    LG und einen schönen Tag,
    Claudia:)

    AntwortenLöschen
  3. Halli-Hallöchen,
    Das ist ja ziemlich schade mit dem zu schnellen Tempo!
    Aber deine Rezension war wirklich schön zu lesen und vielleicht kaufe ich mir das Buch auch :)

    Ganz liebe Grüße,
    Cynder
    http://bluesplashes.blogspot.co.at/

    AntwortenLöschen
  4. Hallo Aleshanee,

    das habe ich jetzt schon in mehreren Rezensionen gelesen, dass diese schöne Welt nicht so richtig auf einen wirken kann. Ich bin ja neugierig, derzeit beobachte ich ja noch die Rezensionen dazu bevor es endgültig auf meine WL wandert. Aber ok, lesen werde ich es sicher - will mir ja eine eigene Meinung bilden.

    Liebe Grüße,
    Nicole

    AntwortenLöschen
  5. Guten morgen Liebes,

    das Buch steht schonmal startklar in meinem Regal. Nach deiner Rezi bin ich jetzt echt mal gespannt wie mir das Buch gefallen wird. Zumal ich noch kein einziges Buch von Kai Meyer gelesen habe. Ich hoffe ich werde nicht enttäuscht :)

    Liebste Grüße

    Sonja

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hi Sonja!
      Meine Erwartungen waren hier ja doch sehr hoch, vor allem, weil ich schon viel von Kai Meyer gelesen hab und da so einige Schätze dabei sind!
      Ich hoffe, euch kann es vielleicht ja doch mehr begeistern :)

      Löschen
  6. Hi,
    mir gings sehr ähnlich wie dir, ich fühlte mich richtig gehetzt beim Lesen, weil dauernd irgendwer vor irgendwem auf der Flucht war und keine rechte Ruhe reinkam. Viele Ideen fand ich an sich toll, aber am Ende dann etwas too much. Sehr schade, da ich Bücher von Kai Meyer ansonsten wirklich toll finde.
    Lg
    Anna

    AntwortenLöschen
  7. Hey!
    Schöne Rezi :) Also das ist ja echt witzig: ich habe vor wenigen Tagen Phantasmen beendet und mir erging es sehr ähnlich. ich glaube dieses hektische Tempo ist so ein Kai-Meyer-Ding. Bei Arkadien empfand ich ebenfalls so. Seiten der Welt liegt noch auf meinem SuB, ich bin schon gespannt drauf.
    Liebe Grüße,
    Ebru

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das ist ja das komische, das ist eigentlich gar nicht sein Ding ... bei Arkadien hats gepasst, fand ich und Phantasmen war ja wie ein Film im Buchformat.
      Ich mag da dann doch lieber die "alten" wie die Merle Trio, Das Wolkenvolk oder auch Die Sturmkönige

      Löschen
  8. Hi :)

    Schöne Rezi! Genau diese Rasanz und Hektik die du beschreibst ist mir bei Phantasmen schon sauer aufgestoßen... Irgendwie scheint das bei Herrn Meyer neuerdings die Regel zu sein ^^'. Jetzt bin ich erst recht ein wenig skeptisch was dieses Buch betrifft, weil du ja für gewöhnlich große Fan seiner Bücher bist. Ich finde das auch immer sehr schade, wenn alles so gehetzt wird und man für die besonderen Momente gar nicht so die Zeit zum genießen hat.

    LG Insi Eule

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, das war wirklich schade.
      Bei Phantasmen hat es irgendwie gepasst, das Buch fand ich ja richtig klasse, aber bei dem Thema hier hätte ich mir das schon anders gewünscht. Vor allem war ja der Anfang wirklich wunderschön, so richtig zum eintauchen, aber dann gings auch schon los und das Tempo hat dann bis zum Schluss angehalten

      Löschen
  9. Hey Alex, also das Buch ist noch auf meiner Wunschliste, aber ich muss sagen trotz deiner kritischen Bemerkungen finde ich jetzt noch spannender es zu lesen weil ich befürchtet habe, dass es vielleicht zu ruhig und magisch ist, aber mit Action wird das ganze ziemlich aufgelockert.
    Liebe Grüße,
    Fiorella

    AntwortenLöschen
  10. Guten Abend Alex,

    meiner Meinung nach, hätte Libropolis ein charismatischer Wohlfühlort wie die Winkelgasse werden können. Der Leser hätte verweilen und entdecken können. Mich störte das Tempo ebenfalls.

    Ganz schrecklich fand ich auch, die Einführung so wundervoller Charaktere wie Ypsylonzett, die Origami Vögel, Sofa und Lampe und dann kamen sie kaum bis gar nicht mehr vor. Sehr schade. Für mich sind sie die Magie hinter den Seiten der Welt. :)

    Liebe Grüße
    Cindy

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, das hast du sehr treffend beschrieben, es kam einfach alles zu kurz ... das ist schon schade.
      Hatte mich zwar über den "Einzelband" gefreut, aber da hätte er mit mehr Muse gern dann auch zwei Teile draus machen können

      Löschen
  11. Hallo Alex,
    ich finde dein Fazit richtig gut gelungen. Mir hat das Buch schon ziemlich gut gefallen, aber du hast die negativen Punkte schön auf den Punkt gebracht. Die Geschichte könnte noch um einiges fesselnder sein, wenn man sich nicht so getrieben fühlen würde. Viel Potential hat die Idee auf jeden Fall.
    Liebe Grüße
    Kristin

    AntwortenLöschen
  12. So meine Liebe,

    endlich komme ich zum Kommentieren. Schöne Vorstellung und wie immer gut formulierte Rezension. Ich weiß immer noch nicht so...der Hype hat mich etwas abgeschreckt gehabt...aber lesen wollte ich es irgendwann auf alle Fälle. Und das deine Rezension kritischer als manch andere ausfällt, heiße ich gut, da die kritischen uns die guten und schlechten Seiten anzeigen und ich persönlich oftmals mehr daraus für mich gewinnen kann. Ich werde es noch eine Weile aufschieben und mal schauen, ob ich es irgendwann irgendwo mal auftreiben kann.
    Die Idee als solche ist ja wirklich für uns Bücherliebhaber ^^ TRAUMHAFT! :D Und wie ich hier so bei deinen Kommentaren herauslesen kann, scheinen viele deine Gedanken zu teilen. :) *Wundert mich nicht*
    Danke dir, gerade das mit den Charakteren...lässt mich etzt etwas nachdenklich zurück..

    ~ Jack

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Diese ganzen Hypes mag ich ja gar nicht so gerne, hier hats mich gar nicht so gestört, weil ich ja selbst dem Buch so entgegen gefiebert hab ... ich hatte halt etwas völlig anderes erwartet.

      Nach der Beschreibung wäre es wieder einmal ein Buch nach "alter Kai Meyer Art" gewesen (die neueren ziehen vom Tempo her ja schon ganz schön an), aber hab da einfach getäuscht ...

      Löschen

Ich würde mich über dein Feedback zu meinem Beitrag freuen! Ich beantworte die Kommentare immer direkt hier oder schreibe dir gerne auf deinem Blog zurück :)

Die zitierten Cover und Bilder sind Eigentum des jeweiligen Verlags bzw. Schriftstellers bzw. sonstigen Rechteinhabers und dienen nur zur Veranschaulichung. Bildquellen sind die jeweiligen Verlage, goodreads.com und pixabay.com