Samstag, 18. Oktober 2025

Kaninchenherz von Annette Wieners



Mit Kaninchenherz startet die 3teilige Krimireihe um Gesine Cordes. 

Das Kennenlernen mit Gesine war etwas gewöhnungsbedürftig. Der knappe Schreibstil mit den kurzen Sätzen und das schroffe Verhalten von Gesine wirken im ersten Moment abweisend und markig.

Gesine arbeitet als Friedhofsgärtnerin und die Beerdigung, für die sie die Kränze an diesem Tag bringt, hält eine bittere Überraschung bereit: es ist ihre Schwester, die zu Grabe getragen wird. Ihre Schwester, die sie seit 10 Jahren nicht mehr gesehen hat. Ebenso wenig ihre Eltern. Dadurch wird eine lange und gärende Schuld wieder hochgespült, die sie tief in sich vergraben hatte. 

Langsam taucht man dann tiefer ein, in die Vergangenheit, an den Sohn von Gesine, der vor 10 Jahren gestorben ist und an ihre beendete Karriere als Polizeibeamtin bei der Kripo. Mittlerweile lebt sie  zurückgezogen in einem Wohnwagen und ist nicht erpicht auf menschliche Gesellschaft. Ihre Stelle als Friedhofsgärtnerin hat sie über Umwege erhalten; durch ihr gewecktes Interesse an Pflanzen, vor allem Giftpflanzen, und die Verbundenheit zu der Stille und Einsamkeit zwischen den weitläufigen Gräbern.

Der Tod ihrer Schwester jedenfalls wirft Fragen auf, die sich mit Gesine verbinden und die Ermittlungsbeamten unangenehme Nachforschungen eröffnen.

Es ist auf jeden Fall speziell in der Schreibart, was ich im Laufe der Seiten aber dann echt gut fand. Nur die Dialoge mit den Kindern, also wie sie reden, wirkt eher als erwachsenes Niveau. 
Manches Detail schien nicht ganz rund oder logisch, was ich aber nur am Rande wahrgenommen habe - denn der Verlauf und vor allem die Charaktere empfand ich vielschichtig und interessant. Vor allem entwickelt es einen Sog, dem ich mich kaum entziehen konnte und ich hab die Ermittlungen mit Spannung verfolgt. Zum einen Gesine selbst, die sich zwar überfordert fühlt, aber jetzt, mit ihrer Vergangenheit konfrontiert, nicht mehr ausweichen kann - wie auch von der Polizistin Marina Olbert, die ihre eigenen Spuren verfolgt. 

Die Spannung hält sich bis zum Schluss aufrecht und trotz kleiner "Mängel" war ich sehr begeistert!

Trigger: Selbstmordgedanken, Tod des eigenen Kindes



Der zweite Band Fuchskind beginnt einige Monat nach den Ereignissen aus Band 1. Gesine findet im nebligen Novembermorgen ein Findelkind auf dem Friedhof und kann es gerade noch rechtzeitig in eine Klinik bringen. Zudem wird in der Nähe eine ermordete Frau gefunden und natürlich glaubt niemand an einen Zufall, so dass die Zusammenhänge dieser beiden Taten gesucht werden.

Auch Marina Olbert ist wieder involviert, die Kripo Beamtin war schon im ersten Band bei den Ermittlungen dabei und hat auch hier wieder einiges zu tun, um die verschiedenen Vorfälle und Spuren in die Richtung der Wahrheit zu lenken. Nicht immer ist sie mit ihren Entscheidungen zufrieden, denn ihre Wahl kann über Leben und Tod entscheiden.

Da ich den Schreibstil schon gewohnt war konnte ich schnell wieder eintauchen. Auch die Charaktere hab ich gerne wieder begleitet und man merkt, dass gerade Gesine langsam immer mehr auftaut und Nähe zu anderen Menschen zulässt. Vor allem die Gefühle für Hannes, der mit ihr auf dem Friedhof arbeitet, kommen an die Oberfläche, auch wenn sie sie nicht zulassen möchte. Ich hoffe ja sehr auf ein Happy End mit den beiden :)

Der Fall selbst ist sehr verstrickt und zieht weite Kreise - auf logischer Ebene ist er noch etwas diffuser wie der erste Band, was hier leider schon aufgefallen ist. Vielleicht war es auch etwas zu überfrachtet mit den vielen Themen, worunter die Spannung auch gelitten hat. Insgesamt also etwas schwächer, trotzdem unterhaltsam und zügig zu lesen.



Auch wenn die Spannung etwas nachgelassen hatte war ich dennoch neugierig auf den dritten Band und habe mir wieder einen interessanten Fall und einen schönen Abschluss für Gesine erhofft. 

In Wildeule beginnt es aber erstmal mit Spannungen zwischen Gesine und Hannes, was noch davon überschattet wird, dass ein Konkurrent von dem Bestattungsunternehmen ermordet aufgefunden wurde und Hannes unter Verdacht steht, etwas damit zu tun zu haben.
Der Fall war wieder sehr verwickelt und auch hier gab es kleine Ungereimtheiten - und auch die Reaktionen der Charaktere wirkten manchmal überzogen oder etwas unverständlich. An anderen Stellen wiederum sehr durchdacht und nachvollziehbar, das war wirklich ein sehr unbeständiger Zustand bei den Figuren ^^ Ich wollte mich davon aber nicht abhalten lassen, denn spannend war es trotzdem wieder, auch wenn manche Verdächtigungen schon etwas abstrus waren. 

Es war auf jeden Fall viel los und und die Ermittlungen hatten einige falsche Spuren, so dass man auch gut miträtseln konnte. An den ersten Band kommt aber auch dieser für mich nicht ran.

Die Autorin drückt sich manchmal etwas umständlich aus, aber ich mag es, wie sich Gesines Weg zeigt - vor allem wenn man zurückblickt, was sie alles hinter sich hat und es trotzdem geschafft hat, weiter zu machen und sich etwas aufzubauen, das ihr guttut und mit dem sie Leben kann.



Eine interessante und ungewöhnliche Krimireihe, die spannende Unterhaltung bietet, wenn man über ein paar störende Kleinigkeiten hinwegschauen kann :) 




1 - Kaninchenherz | 348 Seiten | Juni 2015
2 - Fuchskind | 347 Seiten | Juni 2016
3 - Wildeule | 352 Seiten | August 2017 

Verlag List / Ullstein


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