Samstag, 20. Mai 2017

Rezension: Wolfssucht von Nora Bendzko

Wolfssucht

von Nora Bendzko

Märchen Adaption von Rotkäppchen
Novelle ~ aus der Reihe Galgenmärchen

Verlag: CreateSpace
Seitenzahl: 132
Taschenbuch: 6,99 €
Ebook: 1,99 €

1. Auflage: Mai 2016





Klappentext


Irina musste als Kind mit ansehen, wie ihre Schwester Leonore ermordet wurde. Nur weil Skandar, der Sohn des Jägers, sie beschützte, ist Irina noch am Leben.
Selbst als Erwachsene verfolgen sie die Bilder des brutalen Mordes. In ihrem Dorf fühlt sie sich ausgestoßen. Hinter ihrem Rücken nennt man sie verflucht. Allein Skandar will Irina für sich gewinnen. Als er sein Ziel nicht erreicht, schlägt seine Zuneigung in Gewalt um. Irina muss fliehen.
Doch »es« lauert immer noch da draußen. Im finsteren Wald. Leonores Mörder hat Irina nicht vergessen.
Ihre erneute Begegnung setzt blutige Ereignisse in Gang, die das ganze Dorf ins Verderben zu reißen drohen …

Eine dunkelfantastische Novelle zur Zeit des 30-jährigen Krieges, angelehnt an das bekannte Märchen der Brüder Grimm: »Rotkäppchen«.



Meine Meinung


Ich bin ja kein großer Fan von "kurzen" Büchern oder Novellen, aber ich probiere gerne aus und an Märchen-Adaptionen komme ich sehr schwer vorbei ...

Nora Bendzko hat sich hier das Märchen "Rotkäppchen" der Gebrüder Grimm vorgenommen und hat es auf den wenigen Seiten geschafft, mich für ihre Geschichte zu begeistern! Das Schicksal von Irina ist grausam und die Szenen sind trotz oder gerade wegen der kurzen Momentaufnahmen sehr prägend: Der Krieg und die Flucht aus dem Dorf, der Abschied von den Eltern und der Tod von Leonore lassen das Mädchen auch über die Jahre nicht mehr los. Das Vergessen oder auch Verdrängen wollen ihrer Gefühle verwandeln das Mädchen in eine andere, in eine junge Frau, die zwischen den Forderungen und der Glaubensbessenheit des Dorfes steht.

Es hat mich positiv überrascht, wie sehr ich in die Handlung eintauchen konnte, wie klar die Figuren skizziert waren und vor allem auch, welche überraschenden Wendungen eingebaut waren! Teilweise fast schon verstörend, aber auch sehr einfühlsam gibt es hier keine klare Linie wie im Märchen, sondern zwischen dem Dunkel und dem Licht wandeln viele Schattierungen, die man erst nach und nach erahnt. 
Gerade Irina, die mit ihrer Vergangenheit nie wirklich abgeschlossen hat, findet ihren Frieden auf eine scheinbar schändliche Weise, die aber gerade ihre Sehnsucht zum Ausdruck bringt, ihre Angst und ihre Gefühllosigkeit endlich hinter sich zu lassen.

Der Schreibstil ist dabei sehr eindrucksvoll und lässt mit wenigen Worten die Bilder und Gefühle entstehen, die mich wie gebannt an die Seiten gefesselt haben. Genauso hat mich die trostlose Atmosphäre gefangen genommen, die die Einsamkeit von Irina unterstreicht. Es gibt nur wenige Augenblicke, die sie sehr intensiv und mit Gewalt aus dieser Isolation ausbrechen lassen und die zum großen Finale führen, das die Geschichte mit einem passenden Ende ausklingen lassen.

Durch die heftigen Szenen nicht für jeden was, aber wenn man den Sinn dahinter sucht, hinterlässt es einen tiefgreifenden Eindruck!

Bewertung

 http://blog4aleshanee.blogspot.de/search/label/4%20Sonnen

Idee/Thematik: ✮✮✮✮
Umsetzung: ✮✮✮✮✰
Schreibstil: ✮✮✮✮✰
Charaktere: ✮✮✮✮
Atmosphäre: ✮✮✮✮
Lesespaß: ✮✮✮✮✰

 © Aleshanee



Über die Autorin: Geschrieben hat die 22-jährige Münchnerin von Kindheit an, meist fantastische Texte. Einmal begonnen, hat das Schreiben sie nicht mehr losgelassen. Der Wunsch, Literatur zu einem festen Bestandteil ihres Lebens zu machen, brachte sie nach Wien, wo sie seither die Deutsche Philologie studiert.
Neben dem Studium arbeitet sie als Lektorin, unter anderem für den Dead Soft Verlag, und moderiert im Rindlerwahn-Autorenforum.
Nach der Veröffentlichung von mehreren Kurzgeschichten war ihr nach etwas Größerem: Mit den »Galgenmärchen« möchte sie ihre ganz eigene Selfpublishing-Reihe verwirklichen. 
Quelle: Amazon

Im März 2017 ist mit "Kindsräuber" ein weiteres "Galgenmärchen" erschienen



7 Kommentare:

  1. Hallo und guten Tag,

    für mich als Lesern ist die Autorin Nora Bendzko eine Perle im Einerlei der Romanwelt.
    Denn mich konnte sie mit ihrem Roman "Kindsräuber" echt beeindrucken.

    Geschickt wie die Autorin hier die Märchenfigur "Rumpelstilzchen" in ihre Geschichte mit einbringt.

    Und eine Rahmenhandlung mit der geschichtlichen und gesellschaftlichen Verbindung zum 30-jährigen Krieg aufbaut und verbindet. Und so entsteht eine ganz andere und neue Geschichte, die mir sehr gut gefallen hat so.

    LG..Karin..

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    1. Für mich war es jetzt das erste Buch von ihr, aber "Kindsräuber" möchte ich definitiv auch bald lesen! Das ist ja auch um einiges länger als Wolfssucht und ich bin sehr gespannt, wie sie das andere Märchen umgesetzt hat. Ich denke, das wird ja auch sehr düster von der Atmosphäre her sein?

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    2. Hallo,

      ja, das kann ich Dir schon mal verraten. Aber genau richtig für solch einen Roman mit dieser Geschichte...bin gespannt wie er Dir gefällt.

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  2. Hey,
    ich habe schon beide Galgenmärchen gelesen und warte jetzt ganz gespannt auf das dritte. Ich finde die düstere Atmosphäre phantastisch. Rotkäppchen und Rumpelstilzchen gehören ja eigentlich nicht zu meinen Favoriten, deswegen war ich umso gespannter auf Noras Umsetzung.

    Gruß Isbel

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    1. Ja, die beiden Märchen sind nicht ganz so populär wie viele andere - gerade deshalb war ich sehr neugierig!
      Weißt du, wie viele da insgesamt geplant sind? Oder bleibt es dann bei drei?

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  3. Hallo Aleshanee,
    als ich gelesen habe, dass es sich hier um eine Märchenadaption handelt, bin ich gleich neugierig geworden. Allerdings wäre ich durch die Inhaltsangabe nie darauf gekommen, dass die Geschichte Bezug auf Rotkäppchen nimmt. Sind da denn im weiteren Verlauf noch einige Parallelen zu erkennen?

    Ich kann mich gerade nur an eine Novelle erinnern, die ich bislang gelesen habe. Das Buch hat mir damals sehr zugesagt. Auch fand ich die Länge sehr reizvoll, weil man sie "mal eben zwischendurch" lesen kann.

    Sehr schöne Rezension. Du hast mich neugierig gemacht :o)

    Ganz liebe Grüße
    Tanja

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    1. Also Parallelen sind definitiv da, wenn manchmal auch nur im kleinen Detail, und im größeren völlig anders als erwartet. Das ist schon ein "sehr frei nach" Rotkäppchen, und eben düster und schon eher Richtung Horror, obwohl ichs jetzt nicht so bezeichnen würde. Aber dafür gibts irgendwie auch keine passende Bezeichnung, die mir einfällt ^^

      Es gibt aber auch zwei heftige Stellen, es ist bitter, einsam, brutal - also wenn dich das alles nicht schreckt, kann ich es dir empfehlen ;)

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