Sonntag, 4. Mai 2025

The Bright Sword von Lev Grossman

Große, epische Fantasy und eine meisterhafte Neuinterpretation der Artus-Mythologie 

Als der junge Ritter Collum in Camelot eintrifft, um seinen Platz an der Tafelrunde einzunehmen, muss er feststellen, dass er zu spät kommt. Der König ist tot und hinterließ keinen Erben. Nur eine Handvoll Ritter hat die Schlacht von Camlann überlebt, doch es sind nicht die Helden der Legende, wie Lancelot oder Gawain. Es sind die Sonderlinge der Tafelrunde wie Sir Palomides, der sarazenische Ritter, und Sir Dagonet, Artus' Narr, der zum Scherz zum Ritter geschlagen wurde. Zu ihnen gesellt sich Nimue, die Merlins Lehrling war, bis sie sich gegen ihn gewendet hat. Gemeinsam macht sich diese zusammengewürfelte Gemeinschaft auf den Weg, um Camelot in einer zerstörten Welt wieder aufzubauen.





The Bright Sword von Lev Grossman


Im Original The Bright Sword - übersetzt von Heide Franck und Alexandra Jordan
Genre Historische Fantasy (Artus Sage)

Verlag Fischer/TOR - Seitenzahl 720 - 1. Auflage April 2025



Meine Meinung
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Collum wurde als Bastard geboren. Auf einem vergessenen Eiland weit im Norden von England musste er in seiner Kindheit und Jugend so einiges ertragen, doch seine äußeren und inneren Narben haben ihn nicht verzagen lassen, sondern in ihm die Kraft, den Mut und das Geschick eines ehrbaren Ritters entstehen lassen. 
Mit 17 kann er sich endlich aus dem Joch befreien und macht sich auf den langen und mühsamen Weg, um sich endlich seinen Traum zu erfüllen: Camelot. Die sagenumwobene Insel mit den mächtigen Kriegern der Tafelrunde und dem legendären König Artus, für den er Kämpfe und Abenteuer bestreiten möchte - die romantisierte Vorstellung vom Licht am Ende des dunklen Tunnels.

Doch Camelot ist verweist.
Nur ein kleiner Haufen der Edlen ist noch übrig, und wirklich edel scheinen sie nicht zu sein. Die wenigen Ritter wirken verroht und ohne Hoffnung, so dass Collums Traum ihm aus den Fingern zu gleiten scheint. Doch dann taucht Nimue auf und mit ihr die Magie.

Lev Grossmann hat eine sehr unterhaltsame Art, zu erzählen. Ungeschönt, aber wortgewandt erlebt man jeden Moment, während zwischendurch anschauliche Beschreibungen eingeflochten werden, so dass ein sehr lebendiges Bild entsteht. In wenigen Momenten spricht er den Leser direkt an - was ich ja immer gerne mag - und manches Mal wirkt die Ausdrucksweise auch etwas flapsig, mit Wörter aus unserer Zeit. Störte mich aber nicht weiter.
Das Nachwort des Autors erklärt auch sehr schön, wie die Sage um Artus im Laufe der Jahrhunderte immer wieder neu erzählt und neu interpretiert wurde. Es wurde sicher oft etwas weggelassen und vieles dazu gedichtet und so erlebt sie immer wieder eine Veränderung, wie auch hier.

Collums Reise bzw. sein Abenteuer wird immer wieder durch Rückblenden unterbrochen. Sowas finde ich nicht schlimm und es funktioniert in vielen Geschichten; hier muss ich aber gestehen, hat mir oftmals der rote Faden gefehlt.

Durch Bedivere erfahren wir viel über den Werdegang von Artus. Wie er als Junge durch einen Zufall das Schwert aus dem Stein zog - wie er von Merlin vor dem zweifelnden Volk als König angesehen und in die Schlachten geführt wurde. Und vor allem, wie er durch zielgerechte Kriege endlich Frieden nach Britannien brachte. 
Und Bedivere immer an seiner Seite. Sein treuer Freund, und heimlicher Verehrer.

Während wir Collum folgen, der versucht, in der Achtung der restlichen Tafelritter zu steigen, und sie gemeinsam versuchen, das Land zusammen zu halten, erfahren wir immer mehr über die einzelnen Charaktere.

Sir Palomides, der berühmte Sarazenenritter, kam aus Bagdad nach England, um etwas abenteuerliches zu erleben, worüber er in seiner Heimat berichten kann - und war zuerst recht enttäuscht von dem kalten und verregneten Britannien, das ihm primitiv und rückständig vorkam. 
Aber nichts, was er sich vorgenommen hat, scheint irgendwie zu fruchten oder ihm den Lohn bzw. die Anerkennung angedeihen zu lassen, die er sich erhofft hat.

Der scharfsinnige Sir Dinadan, der gerne redet und wie alle anderen ein Geheimnis hat, das allerdings gelüftet wird, als wir in seiner Geschichte zurückblicken.

Sir Constantine, Sohn von Cador, dem König von Cornwall und König Arturs´ Hofnarr, der zum Ritter geschlagene Sir Dagonet, waren an der Suche nach dem Heiligen Gral beteiligt.
Dagonet´s Rolle als Narr ist fast schon zynisch, denn er sieht in der Welt die öde Trostlosigkeit und das Vergängliche ohne jedweden Sinn und trägt eine tiefe Schwermütigkeit mit sich herum. Als ebensolcher Außenseiter tut sich Sir Constantine mit ihm zusammen bei der Gralssuche.

Natürlich werden einige erwähnt: die Herrin vom See, Lancelot, Sir Galahad, Guinevere, Mordred, Tristan und Isolde, das Questentier, Astolat, der Grüne Ritter, die Gralssuche, Excalibur und vieles mehr.

Insgesamt fand ich es, wie oben erwähnt, ein bisschen zusammengewürfelt. Außer, dass Britannien der Schauplatz ist und die Zeit von König Artus und der vielen Mythen, die sich darum ranken, war es schon ein kleines Flickwerk. Nicht alle Passagen haben mich gleichwertig fesseln können - manche fand ich extrem spannend oder interessant, andere wirkten etwas blass und eher nebenbei erzählt.
Im Grunde geht es darum, nach Artus Tod einen neuen König zu finden, um den Frieden im Land wieder herzustellen.

Collums Entwicklung hat mich gebannt und gefreut für ihn. Nachdem er sich zuerst so sehr in Lügen verstrickt hat aus Angst, auf seine Herkunft reduziert zu werden, macht er wichtige Erfahrungen durch um im Kreis der Ritter der Tafelrunde bestehen zu können.

Interessant auch immer der Glaube, der die Helden hier vorantreibt oder ausbremst. Die Römer brachten ja das Christentum auf die britischen Inseln und vertrieben damit die Vielzahl an Göttern und brachten einen großen Sinneswandelt mit sich. Dass Gott führt und in das Schicksal eingreift, ja die Könige selbst erwählt ist ja ein fester Glaube gewesen damals und auch hier hoffen alle, dass ein neuer Herrscher sozusagen durch diese höhere Macht bestimmt wird und dadurch wieder Frieden im ganzen Land einkehren kann.
Aber wie immer kommen auch Schicksalsschläge, Zweifel und Gewissensbisse zum Tragen.

Insgesamt hat es mir gut gefallen und ich bin gerne in diese historische Epoche eingetaucht, habe mitgelitten und mitgebangt mit den Figuren und viele spannende Elemente aus der Geschichte wiedererkannt - und neues dazu gelernt. Wie angekündigt ist es eine Neuinterpretation, wie es sie ja schon öfter gab und sich auch bei Märchen anbieten, die immer wieder gerne in neue Geschichten geschmückt werden. Lev Grossman hat hier einiges neu dazu gemischt, soweit ich das überblicken konnte, was insgesamt eine wirklich interessante Wirkung hatte.
Für mich hätte der Verlauf aber noch ein bisschen besser strukturiert werden können.


Meine Bewertung
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Ebenfalls rezensiert von




Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.
 Es gab diesbezüglich keinerlei Vorgaben und die Rezension 
spiegelt meine ganz persönliche Meinung wider.

9 Kommentare:

  1. Hallo liebe Aleshanee :)

    Das klingt richtig gut - ich mag diese historische Epoche und das Thema sehr und du hast mich mit deiner Rezension richtig neugierig gemacht! Von Lev Grossman habe ich bisher noch nichts gelesen, was die Geschichte für mich natürlich doppelt spannend macht. Neue Autoren & Autorinnen entdecken mach mir immer richtig viel Spaß. Ich nehme den Buchtipp auf jeden Fall mal mit und hoffe, es ergibt sich irgendwann eine Gelegenheit, das Buch zu lesen.

    Liebe Grüße
    Lisa von Prettytigers Bücherregal (Blog & Instagram)

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    1. Das war bisher mein dritter Versuch und hier wurden wirklich viele Details aus der Artus Mythologie mit eingebunden. Wenn ich es mir auch etwas strukturierter gewünscht hätte...

      Der König auf Camelot von T. H. White wird viel gelobt, aber das hab ich tatsächlich abgebrochen, der Stil war so überhaupt nicht meins.

      Die Artus Chroniken (Trilogie) von Bernard Cornwell dagegen fand ich grandios, kann ich sehr empfehlen!

      Bevor ich allerdings die nächsten in der Richtung lesen werde, mache ich mich an den dicken Schinken von Sir Thomas Malory "König Arthur", das soll aus dem Jahr 1485 sein. Ich denke, sonst bekomme ich die ganzen Verbindungen und Erwähnungen aus den nachfolgenden Nacherzählungen immer nicht so gut zusammen ;)

      Die Reihe von Stephen Lawhead soll übrigens auch gut sein.

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  2. Hallo Aleshanee,

    freut mich, dass wir beide das Buch mit 4 von 5 bewertet haben und da insgesamt auch der gleichen Meinung waren. Jetzt kommen erstmal wieder einige Bücher vom SuB aber das Thema Artus Sage reizt mich auch weiterhin und ich werde da sicher auch noch etwas dazu lesen. :)

    Liebe Grüße, Andrea

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    1. Ich hab mir ja, wie gesagt, mittlerweile eine Liste gemacht mit Büchern rund um das Thema. Möchte aber wirklich vorher erst das von Malory lesen. Das hab ich mir jetzt auch auf die Leseliste gesetzt und dürfte dann so im Sommer drankommen, wenn ich mich an meine Planung halte :) Ich bin sehr gespannt wie er es erzählt, da das Buch ja schon recht alt ist ;)

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  3. Hey Aleshanee,

    ich glaube, ich hätte das Buch nicht weiter angesehen, da ich mich Geschichten um die Artus Sage nicht wirklich interessieren. Auch Nacherzählungen aus der Epoche finde ich oft ein wenig trocken und wenig interessant. Ich kann nicht sagen, warum das so ist, aber mich reizt daran irgendwie nichts.

    Es freut mich allerdings, dass dich das Buch, auch mit einigen Ecken und Kanten, am Ende abholen konnte. Da ich auch nicht sehr bewandert bin um diese Legende, nur grobe Informationen habe, wäre der Namensdump, oder das Flickwerk, wie du es beschreibst, für mich insgesamt zu verwirrend gewesen.

    Cheerio
    RoXXie

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  4. Hallo liebe Aleshanee,

    ich muss erst mal sagen, dass ich deine Rezension richtig schön geschrieben finde. Man merkt, wie intensiv du dich mit dem Buch auseinandergesetzt hast und ich mag den ausführlichen Einblick, den du mit deiner Rezension gewährst.

    Was mich besonders angesprochen hat, waren die vielen Mythen rund um die Sage, die mit eingebaut sind. Auch, dass es historisch einige Aspekte aufgreift. Es hört sich so an, als hätte der Autor hierfür gut recherchiert.

    Allerdings bin ich nicht so tief in der Artus Sage drin. Ich kenne insbesondere den Film "Die Hexe und der Zauberer" von Disney. =D Daher vermute ich, dass ich in dieser Geschichte (mit den vielen Namen & Details) nicht so leicht durchblicken würde und ich vielleicht vorher noch mit einer anderen Adaption starten sollte. Interessieren tut es mich aber sehr. =)

    Liebe Grüße
    Leni

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    1. Ich hab es in einem Buddy Read gelesen und durch den Austausch macht man sich ja oft nochmal mehr Gedanken :)

      Oh, den Disney Film kenne ich auch, der ist total schön <3 Aber nur ein winziger Ausschnitt von den ganzen Mythen und Sagen, die es rund um Artus gibt. Da gibt der Autor hier einen wirklich vielfältigen Einblick. Was einerseits zum Einstieg ganz gut ist, weil man viel erfährt - andererseits hat man halt auch noch null Vergleich. Aber die Artus Sage ist ja eh sehr oft nach- und wiedererzählt und jeder ändert etwas.
      Ich hab mir jetzt das "alte" geholt: König Arthur von Sir Thomas Malory, das soll aus dem 15. Jahrhundert sein. Hat 1500 Seiten oder so *lach* Mal schauen wann ich den Schinken mal lese :D

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  5. Ahoi liebe Aleshanee,

    puh, gut, dass ich die Finger von gelassen habe; das wär mir ja nix mit so vielen Figuren, Strängen und Handlungen, alles bisschen zusammengewürfelt... Hast du damals "Cursed" gelesen? Das fand ich ja überraschend stark und bin total traurig, dass das irgendwie nie fortgesetzt wurde...

    Liebe Grüße
    Ronja von oceanloveR

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    1. Ja, das ist wohl eher für welche, die die Artus Sage kennen und darin vieles wiederfinden.
      Oder um mal einiges darüber zu erfahren, wenn man noch gar nichts weiß - wobei hier wirklich vieles zusammen gewürfelt wurde. So gut kenne ich mich mit allem eben auch nicht aus, weil ich über Artus etc. auch immer nur in Teilen gelesen habe in anderen Büchern, wo Figuren eingeflochen wurden...

      Cursed hab ich nicht gelesen - da scheint auch keine Fortsetzung mehr zu kommen. Band 1 war im Original ja von 2019, und ist auch in goodreads nicht als Reihe gelistet.

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