Sonntag, 12. Juni 2016

Rezension: Der geheime Name von Daniela Winterfeld

Der geheime Name
von Daniela Winterfeld

Genre: Märchen-Adaption
Verlag: Knaur
Seitenzahl: 528
1. Auflage: Jan 2013


* * *
In dichten Schwaden lauerte der Nebel über dem Moor. 
Seine feinen Tröpfchen waren auf das Wollgras niedergesunken, glitzerten auf den Torfmoosen und verwandelten die schmalen Stege zwischen den Torfstichen in glitschige Pfade."
 
* * *





Nicht mit "Es war einmal ..." aber trotzdem ein wunderschöner Anfang, der uns in ein märchenhaften Albtraum entführt!

Rumpelstilzchen ist jetzt zwar nicht mein Lieblingsmärchen, aber ich mag Märchen-Adaptionen einfach wahnsinnig gerne und so hab ich mich sehr auf das Buch gefreut - aben auch weil es gerade eine Geschichte aufgreift, die nicht so oft im Fokus steht.

 * * *

Das kleine, garstige Männlein, dass die Müllerstochter Stroh zu Gold spinnen lässt ... ganz genauso geht es hier zwar nicht zu, aber die Essenz von dem Märchen hat Daniela Winterfeld auf jeden Fall sehr gut getroffen. 

Anfangs lernt man erstmal Fina kennen. Sie ist 19 und schon ihr ganzes Leben lang zusammen mit ihrer Mutter auf der Flucht. Nur wenige Monate bleiben sie an einem Ort und ziehen ständig weiter durch die ganze Welt, immer in der Angst vor Finas Vater, der ein Stalker ist und sie ihrer Mutter wegnehmen will. Aber stimmt das wirklich? Langsam erkennt Fina, dass die Geschichte nicht richtig sein kann, auch das viele Geld, das ihre Mutter wie nebenbei verdient, macht sie stutzig und endlich erkennt sie, dass sie ihr Leben selber in die Hand nehmen muss.
Sie flieht zu ihren Großeltern in der Lüneburger Heide, die in einer alten Mühle wohnen und erkennt zu spät, dass sie einem Plan folgt und ihre Mutter nicht ohne Grund davongelaufen ist.

In dem Moor neben der Mühle in der Lüneburger Heide lebt Mora. Im Gegensatz zu Fina kennt er nichts von der Welt, denn er lebt schon immer hier in dem Bannkreis seines Herrn. Er ist ein einsamer, unschuldiger junger Mann, der in seinem Leben nichts als Schmerz und Knechtschaft kennen gelernt hat. Sein einziger Zweck ist es zu dienen und jede Gefühlsregung zu unterdrücken, die ihn dem Menschsein näher bringen könnte. 

Natürlich lernen sich die beiden kennen und Daniela Winterfeld hat eine ganz eigene, ruhige und atmosphärisch dichte Art, wie sie das Märchen in unserer Zeit wieder aufleben lässt. Für manche mag es vielleicht langatmig erscheinen, aber ich war die meiste Zeit völlig von diesem verzauberten Ort gebannt und habe mit Spannung verfolgt, wie sich Fina und Mora näherkommen. In der Mitte und gegen Ende gab es dann schon Momente, bei denen ich etwas Tempo vermisst habe, aber insgesamt war es durchwegs fesselnd.

Vor allem die Beziehung zwischen den beiden jungen Leuten, die unterschiedlicher nicht sein können, war sehr berührend zu beobachten. Mora mit seiner seltsamen Sprache, der keine Ahnung hat, was mit ihm geschehen ist und in welcher Abhängigkeit er sein Dasein fristet. Und Fina, die mit ihrer liebevollen und entschlossenen Art alles versucht, um ihn aus seinem Schneckenhaus herauszulocken. 

Ganz am Rande spielt natürlich auch die Hoffnung eine Rolle, sich mit genug Geld alles an Wünschen erfüllen zu können, egal, auf wessen Kosten.

Fazit

Eine sehr ruhige und unmerklich fesselnde Geschichte, die das Märchen von Rumpelstilzchen auf eine betörende und schreckliche Weise wieder aufleben lässt. Die Charaktere sind so präsent, die Stimmung so eindringlich, dass man schwer wieder davon loskommt. Nur die kleinen Längen zwischendurch lassen mich leider einen Punkt abziehen.


Weitere Rezensionen findet ihr hier



Meine Bewertung




© Aleshanee


Über die Autorin: Daniela Winterfeld, geboren 1978, studierte Literaturwissenschaften, Psychologie und Geschichte. Heute ist sie in einer Literaturagentur tätig und lebt mit ihrer Familie in Berlin.
Quelle: Knaur Verlag

20 Kommentare:

  1. Guten Morgen Aleshanee,

    eine sehr schöne Rezension, das Buch wurde ich auch gerne lesen, es klingt wirkich spannend.

    Liebe Grüße
    Diana

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    1. Dankeschön! Wenn du Märchenadaptionen magst, ist es sicher was für dich ;)

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  2. Guten Morgen,
    schön, dass du das Buch jetzt auch gelesen hast und vor allem dass es dir abgesehen von den kleinen langatmigen Stellen auch gefallen hat :)

    Liebe Grüße,
    Steffi vom Lesezauber

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    1. Manchmal zog es sich schon ein bisschen, aber insgesamt war die Atmosphäre einfach toll und die Charaktere, wie sie sich "entwickelt" haben, war schon faszinierend!

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  3. Guten Morgen :-)!
    ich lese auch recht gerne Märchen Adaptionen. Diese klingt ganz interessant und die Umgebung des Moores ein wenig düster und irgendwie aufregend. Schade, dass es zwischendurch einige Durststrecken gab. Aber insgesamt klingt es wirklich gut.
    Eine sehr schöne Rezension.

    Liebe Grüße,
    Vanessa

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    1. Danke Vanessa! Ich hab ja bisher noch nicht so wirklich viele Märchenadaptionen gelesen, aber bisher Glück gehabt, die meisten waren toll :)
      Wenn du also noch einen Tipp hast ...?

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  4. Guten Morgen Alex!

    Das Buch liegt ja auch noch auf meinem SuB und ich hab immer auf den richtigen Moment gewartet, weil ich solche Geschichten ja echt mag.
    Ich denke, ich warte wirklich noch bis zum Herbst und beim ersten Sturm schnappe ich es mir dann und tauche in die Geschichte ein. :-D

    LG
    Tilly

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    1. Oh ja, das perfekte Wetter und die perfekte Stimmung dafür! Da bin ich mal sehr gespannt, wie es dir dann gefallen wird :)

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  5. Hey :)

    Das Buch liegt schon eine Weile auf meinem SuB... Eigentlich war das gar nicht so geplant, weil die Geschichte ja echt gut klingt und ich Märchenadaptionen wirklich mag.

    Nach deiner Rezi hab ich jetzt aber auch wirklich lust darauf, das Buch endlich mal zu lesen. Hoffe, ich empfinde die langatmigen Passagen auch nicht als langatmig^^

    Liebe Grüße
    Lena

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    1. Das hoffe ich auch! Ich kann mir auch vorstellen, dass der Stil nicht jedem liegt - das ganze ist schon sehr auf die beiden Hauptfiguren fixiert, aber trotzdem, durch die tolle Atmosphäre hat es mich sehr gefangen genommen ;)

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  6. Hallo Aleshanee ;-)
    Ich habe dieses Buch vor...ähm...drei Jahren oder so gelesen und irgendwie ist es immer noch präsent.
    Bildgewaltig, ungewöhnliche Sprachfarbe, eine dunkle Welt, die nicht nur Angst und Schmerz bietet, sondern auch berührt, hoffen und an die Liebe glauben lässt.
    Ja, das Buch habe ich gern gelesen, auch wenn ich wie du der Längen wegen eine Blüte abgezogen habe.
    Schöne Rezi.
    Liebste Grüße,
    Hibi

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    1. Ich hatte das Buch schon lange auf meiner Wunschliste - und bin froh, dass ich es endlich lesen konnte! Ich muss nochmal ein bisschen mehr im Netz stöbern, so Märchenadaptionen finde ich einfach klasse. Zum einen mag ich die alten Märchen total gerne (ist ja auch ein Stück Kindheitserinnerung) und das ganze in einem neuen Stil ist toll!

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  7. Huhu Aleshanee :o)
    Ahhh,, wie cool! Du hast es gelesen! Ich fand die Geschichte damals auch so fesselnd und gut gelungen. Vor "Rumpelstielzchen" hatte ich richtiggehend Angst und das Szenario war auch verdammt gelungen dargestellt.
    Sehr schöne Rezension :o)
    Liebe Grüße Tanja :o)

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    1. Mich hat ja die Sprache anfangs ein bisschen an Gollum aus Herr der Ringe erinnert *lach* Aber das verging dann zum Glück mit der Lesezeit ... Es war jedenfalls gut inszeniert und hat dem ganzen viel Authenzität gegeben.
      Sowas würde ich echt gerne noch viel öfters lesen ;)

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    2. Echt? An Gollum habe ich so gar nicht gedacht. Aber jetzt wo du's sagst: Ähnlichkeiten sind vorhanden :o)

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  8. Ich hatte das Buch immer schon im Blick, aber wieder aus den Augen verloren. Muss ich mir wohl noch mal angucken. :-D

    LG
    Mona

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    1. Das ist schon sehr speziell, aber die Atmosphäre ist wirklich sehr beeindruckend. Dann warte ich mal ab, ob du es auch liest :)

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  9. Hallo Aleshanee!
    Dieses Buch klingt für mich so ungewöhnlich, dass ich es mir mal gleich auf die Wunschliste gesetzt habe. Nach deiner Rezi beschleicht mich die Leselust darauf. Ich habe nur wenig Märchenadaptionen gelesen, aber Rumpelstielzchen, war schon immer eines meiner Liebsten!
    LG Patricia

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    1. Ungewöhnlich ist es auf jeden Fall!
      Rumpelstilzchen mochte ich ja als Märchen nicht so gerne, die Version, die ich als Kind immer angehört habe, war am Ende immer so gruselig, als er sich zerrissen hat ^^

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  10. Huhu Aleshanee,

    wie cool, dass du dich auch an dieses Buch gewagt hast. Märchenadaptionen sind schon wirklich was tolles oder? Es freut mich richtig, dass es dir trotz ein paar Längen doch so gut gefallen hat. Ich fand es eben auch so interessant, weil Rumpelstilzchen wirklich so gut wie gar nicht im Vordergrund steht und die Liebesgeschichte in dem Buch war auch wirklich schön zu beobachten. So oft ich es auch lese, dass manche Angst vor dem Rumpelstilzchen hatten (oder ihn einfach nur eklig fanden), ich hatte ziemlich Mitleid mit ihm. Aus meinen Augen war er auch nur ein weiteres Wesen auf der Suche nach Liebe. Ansonsten kann ich deiner Rezi eigentlich nur zustimmen. Toll, dass du schöne Lesestunden damit hattest! =)

    Ganz liebe Grüße
    Leni =)

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