Sonntag, 21. April 2024

Die unerhörte Reise der Familie Lawson von T. J. Klune

Auf einer idyllischen Lichtung tief im Wald lebt die Familie Lawson.
Vater Giovanni ist ein Roboter, sein Sohn Victor ein Mensch. Mit ihnen wohnen dort noch ein rabiater Pflegeroboter und ein schüchterner kleiner Staubsauger. 
Die Lawsons sind zufrieden. Sie haben einander, und mehr brauchen sie nicht.
Doch als Victor dem geheimnisvollen Androiden Tom begegnet, gerät ihr friedliches Leben in Gefahr....

-> Ich hab beim Klappentext den letzten Satzteil weggelassen, um einen Spoiler zu vermeiden. Die Verlagsinfo spoilert übrigens noch viel mehr, die auch leider auf sämtlichen Plattformen verwendet wurde. Also am besten nicht lesen ;) 





Die unerhörte Reise der Familie Lawson von T. J. Klune


Im Original In the Lives of Puppets -- übersetzt von Michael Pfingst
Genre Science Fiction Dystopie
Schauplatz Oregon USA, irgendwann in der Zukunft

Verlag Heyne --- Seitenzahl 476 --- 1. Auflage Mai 2023


Manchmal sind es die kleinen Dinge, die alles verändern.
Zitat Seite 29


Meine Meinung
♣ ♣ ♣ ♣ ♣ ♣ ♣ ♣ ♣

Das Thema KI ist ja momentan stark auf dem Vormarsch - und T. J. Klune hat hier sein ganz eigenes Konzept daraus gemacht. Die Evolution der Maschinen, die sich zu etwas weiterentwickeln, das (zumindest meine) Vorstellungskraft sprengt.

Ich weiß auch gerade gar nicht genau, wo ich anfangen soll, weil ich bei dieser Geschichte so vieles zum Nachdenken hatte und die Idee so genial verrückt war, dass ich trotz dem kleinen Gedankenchaos in meinem Kopf immer weitergelesen habe, weil ich nicht davon losgekommen bin!

Wir beginnen in dieser wunderschönen Lichtung, die man auf dem Cover bewundern kann. Giovanni Lawson ist ein Roboter, der sich hier fernab eine Zuflucht aufgebaut hat. Nach einem kurzen Einblick zu seiner Ankunft springen wir auch direkt 21 Jahre weiter, wo er sich dort ein richtiges Zuhause geschaffen hat. Mit seinem menschlichen Ziehsohn Victor, einem Pflegeroboter und einem kleinen Staubsauger-Roboter. 
Diese kleine Gemeinschaft hat sofort mein Herz gerührt. Allerdings musste ich mich auch an die Vorstellung gewöhnen, das Giovanni als Androide Gefühle hat - das passt einfach so gar nicht in mein Denken, was die eingangs erwähnte Entwicklung einer KI zum Ursprung hat. Wir alle wissen inzwischen, dass Computer lernfähig sind, wie auch immer das funktioniert, aber Entscheidungen aus Gefühlen heraus sind für mich einfach nicht möglich. Sie sind programmiert und handelt danach, was hier auch der Grundstock der Handlung ist. Mehr dazu kann ich allerdings kaum schreiben, da ich sonst zu sehr spoilern würde.

Victor wird als asexuell beschrieben. Etwas, das noch kaum in der Buchwelt vorkommt, und hier auch echt schwer einzuschätzen ist. Wie entwickelt sich ein Mensch, der noch nie mit Menschen in Kontakt bekommen ist? Keine menschliche Wärme gespürt hat, keinen anderen Kindern, Frauen oder Männern begegnet ist, um überhaupt eine Art von Beziehung aufzubauen?
Andererseits hat er in Giovanni einen äußerst liebevollen Ziehvater, der in seiner Erziehung wirklich mitfühlend und bestärkend einen tollen Job gemacht hat. 

Dazu kommt die tiefe Freundschaft zu den anderen beiden Robotern, die ziemlich abstrus ist. Der Pflegeroboter GROB, die ich mir immer als weibliche Krankenschwester vorgestellt habe, macht ihrem Namen nämlich alle Ehre. Alles was sie sagt und tut hat etwas "grobes" und anfangs fand ich ihre Kommentare auch oft unpassend - aber mit der Zeit muss man sie einfach mögen, denn hinter ihrer rauen Schale steckt ein weicher Kern. Auch wenn sie ihn mit größter Anstrengung zu verbergen sucht.
Ihre neutrale Art, alles beim Namen zu nennen, bringt Victor oftmals in größte Verlegenheit, aber sie kann ja nicht anders und bringt damit eine Menge Humor mit ins Spiel.
Rambo, der kleine Staubsauger, ist ein wahres Highlight :D Ängstlich, neugierig, naiv und pausenlos vor sich hinplappernd ist er einfach zu knuffig! Die Bilder die ich bei seinen Auftritten vor Augen hatte waren zu köstlich! Zum Beispiel wenn er plötzlich loszischt, weil er irgendwas entdeckt hat und einen wirbelnden Schweif Blätter hinter sich her zieht xD

Ich war auch ständig am Rätseln, was Giovanni in diese Einsamkeit verschlagen hat. Vor was er geflohen ist und wie die Welt außerhalb ihres kleines Radius wohl aussieht. Das alles erfährt man dann auch, wenn die Reise schließlich losgeht.

Ebenfalls Thema sind unverzeihliche Taten und das Verzeihen. Ich denke, jeder macht in seinem Leben gewisse Dinge oder trifft Entscheidungen, die ihm später leidtun. Allerdings ist es doch etwas anderes, ob das ein Mensch macht oder eine Maschine. Wie schon gesagt - Maschinen sind programmiert etwas zu tun und machen das, was ihnen gesagt wird. Sie haben kein Gewissen. Zumindest jetzt noch nicht. 
Was auch die Frage aufwirft: hat wirklich JEDER eine 2. Chance verdient?

Das Gesellschaftsbild, dass sich hier herauskristallisiert, erinnert an manchen Stellen dennoch an die Gesellschaft. An Regeln, Normen, an Marionetten (wie man im englischen Titel sehen kann), die an Fäden von denen, die das Sagen haben, das tun was gewünscht wird. 

Am Ende gibt es ein wirklich spannendes Finale, das zu Herzen geht und mit dennoch etwas schwer gefallen ist, weil Mensch und Maschine für mich noch immer kein Bild ergeben, das zusammenpasst, wenn es um zwischen"menschliche" Beziehungen geht. Natürlich kennt man das zur Genüge aus vielen Science Fiction Büchern und Filmen, aber es fällt mir dennoch schwer, mir das vorzustellen. 
Insgesamt aber auf jeden Fall wieder eine sehr geniale Geschichte mit viel Tiefgang und zwei großen Helden als Nebenfiguren!
Der Kopf sagt dir, dass du es niemals schaffen wirst, aber du musst ja nicht immer auf ihn hören.
Zitat Seite 205

Er glaubte, dass Glück nicht durch körperliche Freuden, Reichtum oder Macht entsteht, sondern durch ein Leben, das der Seele guttut.
Zitat Seite 277

Meine Bewertung
♣ ♣ ♣ ♣ ♣ ♣ ♣ ♣ ♣



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6 Kommentare:

  1. Hallo liebe Aleshanee,
    gerade das Thema KI und auch die Erwähnung der Roboter im Klappentext, haben für mich dieses Buch von T.J. Klune besonders reizvoll erscheinen lassen. Ich habe bislang immer noch nichts vom Autor gelesen, aber immerhin schon eines seiner Bücher auf dem SuB liegen :o)

    Deine Rezension macht mich unglaublich neugierig. Zum einen finde ich die von dir erwähnten Themen sehr spannend und interessant. Auch ich hätte vermutlich Schwierigkeiten, mir vorzustellen, dass ein Roboter Gefühle empfinden kann. Gut vorspielen (dank einer guten Programmierung) ... das schon. Aber wirklich empfinden?

    Dem Autor scheint es auch bei diesem Buch wieder gelungen zu sein, seinen Charakteren Tiefe zu verleihen. Das wäre definitiv ein Titel für die Wunschliste.

    Vielen Dank für diesen informativen Einblick!

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Oh, welches wartet denn da auf dem SuB auf dich?

      Das Thema KI ist hier aber nur so hintergründig. Auf jeden Fall auf ganz andere Weise als man es gewohnt ist bei typischen Science Fiction Geschichten, zumindest die ich kenne und was ich bei der Thematik erwarte.
      Ja, das mit den Gefühlen hat schon seinen Sinn, aber dazu kann ich nichts sagen ;) Es ist überhaupt ein sehr kompliziertes Thema hier, aber das würde dann auch zu sehr spoilern. Manches war auch echt schwer nachzuvollziehen. Aber am Ende doch auch wieder stimmig, irgendwie *lach*

      Die zwei Roboter Gehilfen waren jedenfalls köstlich. Wobei ich anfangs ja bei GROB schon meine Schwierigkeiten hatte, aber im Verlauf der Geschichte muss man sie einfach ins Herz schließen <3

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  2. Hi Aleshanee,
    jetzt, wo ich dieses Buch bei Dir entdecke, fällt mir wieder ein, dass sich schon seit geraumer Zeit hier "Das unglaubliche Leben des Wallace Price" liegen habe, das geduldig auf mich wartet :)

    Und Du merkst schon, dass ich wieder ein wenig hinterherhinke, was meine Besuche bei anderen Bloggern betrifft.

    Herzliche Grüße
    Frank

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    1. Wallace Price fand ich auch so toll! Bisher mochte ich alle drei Bücher sehr, die ich von ihm gelesen hab. Das nächste steht auch schon bereit :D

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  3. Hallo Alex,
    danke für den Hinweis, dass man den Klappentext und die Verlagsinfos lieber nicht zu genau lesen sollte, wenn man sich nicht spoilern möchte. Ich finde das echt schade, wenn da so viel vorweg genommen wird. Wieso macht man das? Neugierig machen ist ja okay und dass man dafür dann eben auch schon ein paar Dinge verrät, damit man zum Beispiel einschätzen kann, in welche Richtung es geht, versteh ich ja auch, aber hier scheint man ja doch deutlich mehr verraten zu haben.

    KI ist auf jeden Fall ein spannendes, ich finde aber auch etwas beängstigendes Thema, wenn man sich mal so richtig klar macht, was da alles möglich ist und wie viel gefährliche Dinge dann eben auch ganz leicht umsetzbar sind usw. Natürlich gibt es viele Bereiche, in denen es hilfreich und nützlich ist, aber viele Entwicklungen haben eben mehrere Seiten, von denen sie betrachtet werden sollten.

    Dass Roboter Gefühle haben, ist etwas, worauf man sich beim Lesen dann vermutlich einfach einlassen können muss. Schwer greifbar, aber ich könnte mir schon vorstellen, dass es für mich klappen würde, wenn der Rest passt. Man darf es dann vermutlich aber nicht zu kleinteilig zerdenken ;)

    Die Mischung im Buch klingt für mich sehr ansprechend und auf jeden Fall auch besonders. Da kann man sich auch gut vorstellen, dass es die eine oder andere schräge oder auch mal witzige Situation gibt, in der Konstellation. Ich habe auch noch vor weitere Bücher des Autoren zu lesen, daher bin ich gespannt, wie mir dieses dann hier gefallen wird, wenn ich irgendwann dazu komme, es zu lesen. Du hast mich mit deinen Einblicken jedenfalls noch neugieriger gemacht.

    Liebe Grüße,
    Dana

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    1. Das ist eine gute Frage. Manche Klappentexte sind so allgemein, dass sie auf 100 andere auch passen würden - und andere verraten fast die ganze Handlung *lach* Deshalb lese ich die oft gar nicht. Gerade bei Autoren, die ich gerne mag und was neues sowieso lesen möchte (wie hier) lese ich ihn gar nicht. Erst nach dem Buch.

      Eine KI sprengt ein bisschen meine Vorstellungskraft muss ich gestehen. Dass ein Computer "lernt", da komme ich schon an meine Grenzen. Das gab es ja schon damals mit den Schachcomputern. Deshalb bin ich bei Gefühlen einfach raus. Das bringe ich nicht in Einklang. Hier in der Geschichte gab es aber schon eine Erklärung dafür, zum Teil zumindest. Man muss sich wirklich drauf einlassen, aber in manchen Punkten ist es mir echt schwer gefallen.

      Trotzdem vermittelt es tolle Botschaften und ich fands insgesamt wieder sehr spannend und originell. Ich mag seine ungewöhnlichen Ideen :)

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