Dienstag, 19. März 2024

[Novelle] Der ehrliche Finder von Lize Spit

Vom Glück, einen echten Freund zu haben, von Kindheit, Hoffnung und Verzweiflung – eine Geschichte aus dem Herzen unserer Gegenwart.

Seit er vor einem Jahr in Bovenmeer angekommen ist, sitzt Tristan in der Schule neben Jimmy, der klüger und einsamer ist als alle anderen und es sich zur Aufgabe macht, Tristan Ibrahimi durch das Schuljahr zu begleiten. Denn der hat nicht nur einen Krieg erlebt und eine Flucht durch ganz Europa, sondern er hat auch das, wonach Jimmy sich am meisten sehnt: eine intakte, große Familie, die Halt und Geborgenheit bietet.

Gemeinsam bauen sie sich ihre eigene Welt voller geheimer Orte und einer Sprache, die beide verstehen, eine Welt, in der Freundschaft möglich ist. Bis jemand eine Entscheidung trifft, die nicht nur ihre Welt gefährdet und Jimmy und Tristan alles abverlangt.



Der ehrliche Finder von Lize Spit


Genre Novelle / Gegenwartsliteratur --- empfohlen ab 14 Jahren
Im Original De eerlijke vinder --- Übersetzt von Helga van Beuningen
Schauplatz in Belgien

Verlag Fischer --- Seitenzahl 128 --- 1. Auflage März 2024



Meine Meinung
О О О О О О О О О О

Nachdem mich "Und es schmilzt" sowie "Ich bin nicht da" von der Thematik und dem Aufbau sehr beeindruckt haben, war klar, dass ich ihr neues Buch auch lesen muss. Auch wenn ich mit Novellen oft nicht so viel anfangen kann und das Thema auch an meinen Lesevorlieben etwas vorbei geht, war ich neugierig auf die Umsetzung. 

Der Schreibstil wirkt etwas abseits von dem, was ich von ihr gewohnt bin. Das mag an der Kürze des Buches liegen und auch an der Sicht des Protagonisten. Jimmy geht in die dritte Klasse und fühlt sich sehr als Außenseiter. Auch zuhause bekommt er nicht wirklich die Zuwendung, die er bräuchte und er leidet unter dem Verschwinden seines Vaters sowie unter der Nichtbeachtung seiner Mutter.
Dafür stürzt er sich in seine Sammelleidenschaft. Neben der Beschäftigung, sämtliche Automaten nach Kleingeld abzuklappern, sind "Flippos" seine Passion. Kleine Sammelbilder die in Chipstüten stecken und die er akribisch datiert und in Alben klebt. 

Das ganze ändert sich, als die Familie Ibrahimi in die Kleinstadt kommt. Aus dem Krieg im Kosovo geflohen haben sie ein Martyrium der Flucht hinter sich und leben jetzt mit einer Vielzahl an Kindern in einem alten Haus, wo sie versuchen, Fuß zu fassen. 
Der 12 jährige Tristan ist einer ihrer Söhne und kommt in Jimmys Klasse, wo dieser direkt die Aufgabe übernimmt, sich um den Neuankömmling zu kümmern. Für Jimmy eine große Sache, in der er total aufgeht. Er wird gebraucht, findet in Tristan einen Freund und wird wertgeschätzt. Er bringt ihm die niederländische Sprache näher, hilft ihm bei den Schulaufgaben und sich hier zu integrieren. 
Jimmy erlebt das Gefühl, einer Familiengemeinschaft anzugehören, zusammen zu halten und füreinander da zu sein, was ihm zuhause so sehr fehlt.

Die Sammelleidenschaft, die wohl auch mit dem Titel zusammenhängt, nehmen dem Finden von Besonderheiten, wird anfangs sehr ausführlich beschrieben. So wirklich konnte ich aber nicht in Verbindung bringen, was mir die Autorin hier sagen will oder welcher Zusammenhang mit den folgenden Ereignissen besteht. 

Als dann schließlich eine schlimme Nachricht eintrifft, spürt man plötzlich sehr deutlich den Krater, der zwischen den beiden liegt. Tristan selbst bleibt ja recht blass im Hintergrund, weil Jimmy hier aus seiner Sicht alles schildert und er vieles gar nicht verstehen konnte oder wahrgenommen hat. Denn die Schrecken des Krieges und der Flucht, die Ängste und Hoffnungslosigkeit, haben den noch jungen Tristan erwachsen gemacht. Viele der kindlich scheinenden Sorgen und Freuden von Jimmy verblassen auf einmal und man spürt sehr deutlich, dass es in Tristans Leben nicht um Sammelbilder und Schulnoten geht, sondern ums nackte Überleben.
Diese spürbare Veränderung bringt Jimmys Gefühle durcheinander, weil er damit nicht umgehen kann. Auch wenn er sich an seine Freundschaft klammert merkt er deutlich die Wandlung und die Distanz, die sich plötzlich zwischen ihnen ausbreitet. 

Lize Spit hat keine Scheu, Tragik und Leid deutlich in Worte zu fassen - aber hier verbleibt sie in Andeutungen, was vor allem das Ende betrifft, das für viele nicht so klar definiert scheint. Und ich auch nicht sicher bin, ob ich es so verstanden habe, wie sie gemeint hat. Vielleicht sollte es auch offen sein - jedenfalls ist die Botschaft eine sehr traurige, berührende und erschreckende, die das Schicksal von so vielen deutlich macht.

Trotz den vielen guten Ansätzen bin ich dem Thema der Handlung nicht so nah gekommen, wie es sein sollte. Woran es genau lag kann ich leider nicht festmachen, aber insgesamt konnte ich mich auf die Geschichte einfach nicht so einlassen...

Zum Cover muss ich sagen dass es perfekt passt, wenn man die Geschichte kennt. Zuerst war ich ja nicht so begeistert vom Aussehen und der Gestaltung, aber durch die Verbindung hat es definitiv eine starke Aussage.


Meine Bewertung
О О О О О О О О О О



Vielen Dank an netgalley und den Verlag für das Rezensionsexemplar.
 Es gab diesbezüglich keinerlei Vorgaben und die Rezension 
spiegelt meine ganz persönliche Meinung wider.


Ebenfalls rezensiert von




Ebenfalls von Lize Spit gelesen
und beide 5 Sterne bekommen:

Ich bin nicht da (Beziehungsdrama 
/psychische Krankheit) 

Und es schmilzt (Missbrauch-Drama) 
  

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