Gethen ist ein Winterplanet und permanent mit Eis bedeckt. Auch die politische
Lage ist alles andere als einfach: Zwischen dem Königreich Karhide und seinem
Nachbarland Orgoreyn existieren starke politische Spannungen.
Die Aufgabe von Genly Ai, der als terranischer Abgesandter die Bevölkerung
davon überzeugen möchte, dem Weltenverbund des Ekumen beizutreten, ist also
alles andere als einfach. Zumal ihm die Regeln und Konventionen vor Ort nicht
vertraut sind und ihn die fehlende Zweigeschlechtlichkeit der Bewohner
irritiert.
Sein wichtigster Ansprechpartner ist Estraven, der Premierminister des Königs
von Karhide, aber er hat keine Ahnung, ob er ihm vertrauen kann. Als Estraven
des Verrats beschuldigt wird, läuft Genly Ai Gefahr, seinen wichtigsten
Verbündeten zu verlieren. Er muss sich entscheiden, wo seine Loyalität liegt.
Die linke Hand der Dunkelheit von Ursula K. Le Guin
Im Original The Left Hand of Darkness ---
übersetzt von Karen Nölle
Genre Science Fiction --- Band 4 aus de Hainish Romanen
Verlag Fischer TOR --- Seitenzahl 352
1. Auflage im Original Januar 1969
Ich werde meinen Bericht so abfassen, als erzählte ich eine Geschichte, denn man hat mich als Kind auf meiner Heimatwelt gelehrt, dass die Wahrheit eine Frage der Phantasie ist.Zitat
Meine Meinung
✩ ✩ ✩ ✩ ✩ ✩ ✩ ✩ ✩ ✩ ✩
Ich finde es definitiv toll, dass der Verlag diese alten Klassiker neu auflegt
- allerdings verstehe ich nicht so wirklich, warum das nicht der Reihenfolge
nach geschieht. Ich lese sehr viele Reihen und diese IMMER chronologisch.
Weil, auch wenn jeder Band für sich steht, dennoch oft Infos fehlen aus dem
Hintergrund, dem Rahmen der Geschichte. Das Gefühl hatte ich hier leider auch,
auch wenn ich trotzdem ganz gut mitgekommen bin.
Der Einstieg war einfach, auch wenn die Autorin schon eine sehr ausführliche
und nüchterne Erzählweise an den Tag legt. Die Beschreibungen bringen mich
dieser fremden Welt auf dem Winterplaneten näher, wirken teilweise auch etwas
überfrachtet.
Genly Ai ist der terranische Abgesandte des Ekumen, dem Weltenbund, dem schon
über 80 von Menschen bewohnte Planeten beigetreten sind. Vor allem geht es um
Handelsbeziehungen - zum einen von Handelsgütern, aber auch von Wissen.
Denn oftmals sind die Planeten Jahrzehnte voneinander entfernt.
Genly Ai hat schon viel über Gethen gelernt, da er schon seit zwei Jahren dort
lebt und versucht, diese Gesellschaft besser kennenzulernen. Besonders schwer
fällt ihm das Akzeptieren der fehlenden Zweigeschlechtlichkeit. Die Bewohner
sind die meiste Zeit ohne Geschlecht sind, und nur zur "Kemmer", ich würde es
ganz profan als Paarungszeit übersetzen, zum Mann oder zur Frau werden. Je
nachdem welcher willige Partner sich gerade in der Nähe findet.
Ein sehr faszinierendes Modell an das man sich sicher erstmal gewöhnen muss
und das natürlich von vornherein Schwierigkeiten im Umgang miteinander
vorprogrammiert.
Sein Auftrag, den König von Karhide zu überzeugen, sich dem Weltenverbund
anzuschließen, entwickelt sich schwierig, da sehr viel Misstrauen und Ängste
vorherrschen. Genly Ai versucht über den Premiermminister, Estraven, seine
wahren und friedlichen Absichten weiterzugeben, bis Estraven plötzlich des
Verrats beschuldigt wird.
Die Autorin beschreibt hier sehr gut, wie schwierig es sein kann, wenn
wortwörtlich zwei Welten aufeinandertreffen. Das kann man auch übersetzen auf
zwei Länder, zwei Gesellschaften oder zwei Menschen. Vertrauen muss aufgebaut
werden, Verständnis entwickelt und das Interesse, miteinander zurecht zu
kommen und leben zu können.
Das spiegelt sich auch in den politischen Spannungen zwischen Karhide und dem
Nachbarland Orgoreyn.
Wie schon erwähnt ist der Schreibstil recht nüchtern, zeigt aber an vielen
Stellen deutlich die Botschaften, die hier transportiert werden sollen.
Besonders gefiel mir der Aufenthalt von Genly Ai bei den Weissagern. Hier hab
ich mir einige Passagen notiert, weil sie wirklich viel Weisheit beinhalten,
über die man nachdenken und die man sich verinnerlichen sollte.
Schon recht bald verlassen wir mit Genly Ai seinen festen Wohnsitz und gehen
auf eine Reise, eine erhellende, aber auch sehr beschwerliche Reise, die
anfangs sehr abwechslungsreich ist und sich dann reduziert auf die Einsamkeit
von Eis, Schnee, Gletschern - und dem zögerlichen, aber stetigen Wandel von
Zweifeln und Unsicherheiten zu einer tiefen Bindung, die jegliche Unterschiede
und Bedenken hinter sich lässt.
Auch wenn sich das etwas gezogen hat empfand ich das sehr schön, mitzuerleben.
Die Geschichte wird aus zwei Blickwinkeln erzählt, die sich mehr oder weniger
abwechseln - durchbrochen durch kleine Märchen bzw. Legenden des Planeten
Gethen, die noch etwas tiefer auf die Ereignisse blicken lassen.
Besonders hervorstechend sind natürlich die gesellschaftlich philosophischen
Gedanken, die Ursula K. Le Guin hier eingewebt hat. Viele Gegensätze werden
hier gegenüber gestellt mit dem scheinbar zum Scheitern verurteilten
Versuchen, diese zu bereinigen - und doch mit der Hoffnung, dass Beständigkeit
und Verständnis immer Möglichkeiten offenlassen.
Man vergleiche Lawine und Gletscher. Beide gelangen an ihr Ziel.Zitat
Ein wunderbares Zitat. Eins von vielen, die ich mir markiert habe. Und es
spricht vollkommen für sich selbst :)
Meine Bewertung
✩ ✩ ✩ ✩ ✩ ✩ ✩ ✩ ✩ ✩ ✩
Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.
Es gab diesbezüglich keinerlei Vorgaben und die Rezension spiegelt meine ganz persönliche Meinung wider.
Die Hainish Romane
1 - Das zehnte Jahr
2 - Rocannons Welt
3 - Stadt der Illusionen
4 - Winterplanet / Die linke Hand der Dunkelheit
5 - Planet der Habenichtse / Die Enteigneten / Freie Geister
7 - Four Ways to Forgiveness
Hi Aleshanee,
AntwortenLöschenspannend: Ich werd morgen mein Review zu diesem Buch veröffentlichen und Du wirst merken, dass es mir ein wenig auf den Keks ging, dass der Fokus auf einer Geschlechter-Dystopie lag. Mir fehlte aber die Beschreibungen der Welten und damit das Eintauchen in diese fremden Welten. Das gehört für mich zu SF-Romanen dazu.
Dir einen guten Start in die Woche.
Viele Grüße
Frank
Hi Frank! Dann bin ich ja mal gespannt wie deine Rezi ausfällt :)
LöschenHm, der Fokus auf die Geschlechter war zwar da, fand ich jetzt aber nicht so schlimm muss ich sagen.
Die Welt wo sie sind wurde mir schon genug beschrieben - es spielte ja nur auf einer ... mich stört es eher, dass der Verlag diese Bände so durcheinander rausbringt und nicht mit Band 1 anfängt. Dadurch hätte man sicher schon etwas mehr Hintergrundwissen, was jetzt vielleicht fehlt.
Hi Aleshanee.
AntwortenLöschenich habe bisher nur "Freie Geister" von der Autorin gelesen, was mir gut gefallen hat. Sie schreibt schon besonders.
Ich habe dieses Buch ganz oben auf meiner Merkliste. Was du schreibst klingt wirklich interessant und du gibst einen sehr guten Einblick in den Roman. Auch das Zitat mit der Lawine und dem Gletscher ist großartig.
Ja, es ist schade, dass die Bücher nicht in der Reihenfolge neu veröffentlicht werden - ich bin auch jemand, der eigentlich immer vorn anfängt. Aber in "Freie Geister" habe ich mich gut zurecht gefunden. Ich behalte "Die linke Hand der Dunkelheit" auf jeden Fall im Auge. :)
Liebe Grüße
Nicole
Hi Nicole! Ich finde auch dass sie einen sehr speziellen Schreibstil hat - ein bisschen trocken, aber dennoch auch irgendwie lebendig. Jedenfalls fühlt man sich sehr mittendrin. Ich fand die Geschichte auf jeden Fall besonders und werde definitiv auch die anderen lesen. Aber vielleicht hol ich mir dann die alten Ausgaben und warte nicht, was als nächstes neu übersetzt wird :)
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