Mittwoch, 8. August 2018

Rezension: Tankstellenchips von Antonia Michaelis

Tankstellenchips

von Antonia Michaelis

Genre: Roadtrip - Abenteuer
empfohlen ab 14 Jahren

Verlag: Oetinger
Covergestaltung: Kathrin Schüler
Seitenzahl: 368
Hardcover: 18 €
Ebook: 13,99 €

1. Auflage: Juli 2018






Verlagsinfo
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Road Novel von Antonia Michaelis über zwei ungleiche Helden und sehr viele Kühe.

In einer Sommernacht lernen sie sich kennen: Sean, Student aus dem Iran, seit zwei Monaten in Deutschland, und Davy, aus dem Heim abgehauen, auf der Suche nach einem Freund. Beide werden Zeugen eines Überfalls. Von nun an verfolgt von Verbrechern und Polizei türmen sie zusammen quer durch Deutschland: über Erdbeerfelder, unter dunklen Gewitterwolken, durch Biergärten, im Heißluftballon, mit der Bahn und auf dem Moped. Immer wieder werden sie dabei von Kühen umzingelt, das scheint ihr Schicksal zu sein. Warum sonst sollte der Wagen mit Sean und dem Abschiebebescheid ausgerechnet auf dem Weg zum Flughafen in einer Kuhherde stecken bleiben?

Klug, skurril und komisch nimmt Antonia Michaelis ihre Leser mit auf eine Deutschlandreise aus Sicht eines Flüchtlings und erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft.


Meine Meinung
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Ich bin ja ein großer Fan von den Büchern der Autorin - selbst Themen, die mich eigentlich nicht so reizen, verpackt sie mit ihrem besonderen Schreibstil und ihrer eigenwilligen Sichtweise in ein außergewöhnliches Leseerlebnis.

Aber ich möchte kurz noch auf die "Buch Verpackung" zum sprechen kommen, denn ich liebe es, wenn ich den Schutzumschlag abnehme und dann auf eine originelle Idee und Gestaltung treffe. Was es ist verrate ich nicht, da müsst ihr schon selber nachschauen! Das Cover an sich find ich jetzt nicht "schön", aber auf jeden Fall auffällig und mal etwas völlig anderes.

Die Handlung an sich war jetzt von der Idee her auch nicht so meins - solchen Geschichten und Themen gehe ich eher aus dem Weg, weil ich da im Alltag schon genug darüber höre, aber mich hat es interessiert, wie die Autorin das umsetzen wird.  
Das Thema ist Flucht und wird auch auf vielerlei Arten in Szene gesetzt: Shayan, genannt Sean, flüchtet aus seinem Land Teheran, der kleine Davy flüchtet aus einem Heim und beide flüchten vor der deutschen Polizei, weil ihnen eine Menge an Missverständnissen passieren, die auf keine Kuhhaut passen :D Ja das Sprichwort ist extra gewählt, denn Kühe kommen recht häufig vor und sind mehr als einmal ein Hindernis, das die beiden aufhält bzw. weitertreibt. Irgendwie hab ich in Erinnerung, dass das öfter in den Büchern der Autorin vorkommt: also Tiere die immer wieder mal auftauchen.

Aber gerade Shayan flüchtet auch noch vor sich selbst. Es dringt immer wieder die Erwartungen der Familie durch, vor allem seines Vaters, "etwas aus sich zu machen und kein Versager zu sein." Dabei prallen dann auch sehr häufig die Kulturen aufeinander, die oftmals mit Humor gegenüber gestellt werden und dabei aufmerksam machen auf einen wichtigen Punkt: eine andere Gesellschaft, eine andere Lebensweise ist nicht so einfach zu verstehen, wenn man nicht damit aufgewachsen ist. Man verinnerlicht so viele festgefahrene Dogmen, dass es einfach schwerfällt, andere Sitten und Gebräuche und ja, auch Menschen, zu verstehen.
Humor ist ja bei mir immer ein etwas schwieriges Thema, aber ich fand es teilweise schon recht amüsant, teilweise konnte ich aber auch vieles nicht nachvollziehen. Zum einen weiß ich darüber einfach zu wenig Bescheid und manches hab ich im Zusammenhang wohl auch einfach nicht verstanden. 

Das Buch hat definitiv einen ernsten Hintergrund, sollte aber schon mit Augenzwinkern gelesen werden, denn sie nimmt hier schon viel auf die Schippe. Überhaupt passiert den beiden Flüchtigen so immens viel und sie geraten von einer schwierigen Situation in die nächste, dass man hier über Logik oder Sinn nicht streiten braucht: diese Geschichte lebt einfach davon. 

Der Held für mich war allerdings nicht Shayan, sondern Davy. Der Junge ist 8 oder 9 Jahre alt und muss ziemlich viel hinter sich haben. Viel erfährt man nicht, aber das wenige reicht eigentlich schon um zu wissen, dass es großen Mut erfordert für das, was er auf sich nimmt. Sein Ziel, seine Freiheit, lässt er dabei nie aus den Augen und klammert sich dabei sehr an seinen neuen großen Freund "Sean". So ein liebenswerter Kerl, der jeden zum Lächeln bringt und trotz seines Defizits ein absolut schlaues Kerlchen ist. 
Davy hat nämlich ein kleines Problem mit der Sprache - er hat scheinbar nie so wirklich deutsch gelernt und alles nur aufgeschnappt, was an einen Jugendslang erinnert, vor allem durch das Verschlucken von Buchstaben. 
Anfangs war das sehr ungewohnt zu lesen, vor allem auch, weil Shayan (Sean) im Dialog auch nur sehr gebrochen deutsch spricht und man hier etwas im Lesefluss gebremst wird. Allerdings hat mich das nicht lange gestört, weil ich dadurch einfach genauer und intensiver gelesen habe. 

Wie oben gesagt gibt es logische Knackpunkte und ein Sammelsurium an kuriosen Zufällen, aber das ist eben auch das, was die Geschichte ausmacht. Shayan wirkte auf mich zuerst konfus, ängstlich, wirklich auch extrem naiv, aber durchaus liebenswert. Seine Suche nach einem Platz in Leben ist geprägt durch seine (der Erziehung geschuldete?) Vorstellung, dass jede Frau die er trifft eine potenzielle Heiratskandidatin ist und er sich alleine damit - plus einem Job und 10 Kindern - ein perfektes Leben haben wird. Diese Blauäugigkeit war mir an manchen Stellen etwas zu dick aufgetragen, aber es war auch insgesamt alles etwas überzogen dargestellt, was aber auch gewollt war, denke ich mal. 

Es war für mich ein interessanter Ausflug zu diesem Thema dass mich zum großen Teil auch wirklich gut unterhalten hat. Vor allem bei den vielen Ideen war Antonia Michaelis hier sehr einfallsreich.


Meine Bewertung
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10 Kommentare:

  1. Hi Aleshanee,
    das liest sich so, als wäre das Buch so ein bisschen abseits deiner üblichen Lesegewohnheiten gewesen. Ich finde, es klingt ganz witzig, mit den naiven Flüchtenden und den Kühen. Skurillitäten und Situationskomik ist ja generell meins. Momentan allerdings eher nicht, ich les gerade seltsamerweise viel im Bereich Religion und Glauben.
    LG,
    Daniela

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    1. Das war definitiv an sich gar nicht mein Genre, aber man mag ja ab und zu auch mal seinen Horizont erweitern *lach*
      Allerdings mag ich die Bücher von ihr einfach sehr gerne, da hab ich schon öfter etwas gelesen, was mich vom Thema her eigentlich nicht anspricht, mich es aber fasziniert, wie sie es umsetzt.
      Vom Schreibstil her ist sie immer besonders, aber auch immer anders, das bewundere ich sehr. Hier ist wirklich die (Tragik)Komik im Vordergrund und man darf hier nicht alles so ernst nehmen. Einige haben geschrieben, dass vieles unglaubwürdig wirkt - das ist auch so, aber diese Geschichte soll ja auch nicht glaubwürdig sein, sondern gewisse Themen ins Bewusstsein rücken.

      Ich hatte auch mal eine Zeit, in der ich einiges über Glauben und Philosophie gelesen hab, solche Phasen kommen und gehen bei mir ;)

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  2. Huhu Aleshanee,

    ich mag die Bücher von Antonia Michaelis auch gerne und habe zuletzt "Mr. Widows Katzenverleih" von ihr gelesen. Und da hatte sie einen sehr ähnlichen Humor wie du ihn hier beschreibst untergebracht. Das war mir an manchen Stellen auch einfach too much. Vor allem, wenn das Thema an sich ein ernstes ist, man die Geschichte aber einfach nicht ernst nehmen kann. XD Sowas mag ich einfach nicht sooo gerne und ärgere mich dann eher darüber, als es witzig zu finden. :P Aber das mit den Kühen klingt schon unterhaltsam... :D

    LG Alica

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    1. "Mr Widows Katzenverleih" wollte ich auch gerne lesen, bin aber leider bisher noch nicht dazu gekommen - vielleicht lese ich dann doch erstmal in die Leseprobe, wenn es ähnlich ist? Das war jetzt zwar ein netter, lustiger Ausflug, aber etwas ähnliches müsste für mich jetzt erstmal in nächster Zeit nicht sein ^^

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    2. Die Geschichte wird eigentlich erst im weiteren Verlauf immer verrückter, der Anfang war noch recht "normal". :) Also die Leseprobe bringt da vllt nicht sooo viel für den richtigen Einblick. ;) Aber ich würde dir dann eher dazu raten, Mr Widows Katzenverleih erst später zu lesen, wenn du wieder bereit für den Humor bist. ;)

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    3. In diesem Jahr käme ich eh nicht mehr dazu *lach* Aber mal schauen, irgendwann wird es sicher einziehen :D

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  3. Hi Alex :D

    oh das klingt toll. Auch wenn du nicht restlos überzeugt warst, so hast du mich doch neugierig gemacht. Es stimmt schon, man hört und liest auch im Alltag bereits viel über diese Thematik. Auch wenn ich dir Recht geben muss, dass man schon irgendwie übersättigt und erschlagen ist manchmal, von den ganzen Nachrichten, so würde ich mich aber trotzdem auch gerne an das Buch wagen.
    Es klingt hier nämlich auch nach einer Geschichte mit viel Witz und einer großen Portion Unterhaltung, worauf ich echt Lust hätte :D. Ich werde es mir auf jeden Fall auf die Wunschliste setzen ^^.

    Liebe Grüße
    Insi Eule

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    1. Da kann ich jetzt ehrlich gesagt ganz schlecht einschätzen, ob es dir gefällt ^^ Ich hab schon bei einigen Meinungen gesehen, dass man den Humor mögen muss, zu diesem Thema, sonst findet man nicht zu dieser Geschichte. Es wird sehr viel durch den Kakao gezogen und übertrieben viele Steine den Flüchtigen in den Weg gelegt - zum einen natürlich realitätsfern, zum anderen dafür ist aber ständig was los ... das sollte man sich vielleicht vorher überlegen, ob man damit klarkommt ;)

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  4. Hey,

    auf deine Rezension zu diesem Buch war ich ja sehr gespannt, seit ich gesehen habe, dass du es liest - die Gestaltung ist wirklich sehr auffällig und ich hätte es wohl normalerweise eher nicht genauer angeschaut, aber Antonia Michaelis schreibt ja normalerweise gute Bücher, also war ich neugierig. Deine Rezension klingt recht interessant und vor allem, dass die Mischung aus ernsten Themen und Humor geglückt ist, finde ich ansprechend. Ob ich das Buch lesen würde, weiß ich nicht - thematisch ist es auch nicht hundertprozentig meins - aber es kommt auf jeden Fall auf meine Merkliste.

    Noch einen schönen Tag!
    Liebe Grüße,
    Kerstin

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    1. Ich finde es schwierig einzuschätzen, wie so oft bei der Autorin ;) Einige haben bei der Leserunde geschrieben, dass sie die vielen "Katastrophen", die sich den beiden in den Weg legen, zu unglaubwürdig sind - aber das hat sie meiner Meinung nach extra so gemacht. Natürlich ist das nicht logisch dass so viele Sachen passieren, aber es brachte dadurch halt auch sehr viel Abwechslung rein.
      Der Humor hat auch nicht jedem getaugt, gerade bei dem Thema, das ist sicher sehr individuell, ob einem sowas gefällt oder nicht ...

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