Wenn Liebe die Zeit besiegt
Keiner
lehrt Geschichte so lebendig wie er ‒ und das hat einen guten Grund:
Tom Hazard, Geschichtslehrer und verschrobener Einzelgänger, sieht aus
wie 40, ist aber in Wirklichkeit über 400 Jahre alt. Er hat die
Elisabethanische Ära in England, die Expeditionen von Captain Cook in
der Südsee, die Literaten und Jazzmusiker der Roaring Twenties in Paris
erlebt und alle acht Jahre eine neue Identität angenommen. Eines war er
über die Jahrhunderte hinweg immer: einsam. Denn die Nähe zu anderen
Menschen wäre höchst gefährlich gewesen. Jetzt aber tritt Camille in
sein Leben. Und damit verändert sich alles.
Wenn man lange genug lebt, merkt man, dass jede erwiesene Tatsache irgendwann widerlegt und dann erneut bewiesen werden kann.
Zitat Seite 48
Meine Meinung
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Das
hat sich für mich sehr nach Liebesgeschichte angehört, etwas, das ich
ja nicht so gerne lese - aber es ist von Matt Haig. Und ich schon
einige Bücher von ihm gelesen habe und seine Einsichten auf die Menschen
und die Gesellschaft schätze, war ich natürlich neugierig, was er hier
mit diesem "Zeitreisenden" für eine Geschichte gestrickt hat.
Tom
Hazard reist zwar nicht beliebig durch die Zeit, trotzdem kann ihn als
Zeitreisenden beschreiben, denn er lebt schon über 400 Jahre lang und reist somit durch die Epochen. Und
er ist nicht der Einzige. Gleich zu Beginn erklärt er das ganze auch
kurz als eine Art seltene Erkrankung, sozusagen das umgekehre Syndrom
der Progerie (das sind Menschen, die schon im Kindesalter eine
vorzeitige Alterung aufweisen).
Geboren wurde er im Jahr 1581 und hat
recht bald erlebt, dass seine besondere Eigenschaft kein Segen, sondern
ein Fluch ist. Während alle geliebten Menschen um ihn herum sterben
müssen, lebt er weiter und erkennt den Kreislauf aus Frustration und
immerwährender Wiederholungen. Das Gefühl, nicht dazu zu gehören, als
Außenstehender alles nur wahrzunehmen und nie wirklich "dabei zu sein", reduziert seine Empfindungen auf eine Gleichgültigkeit, die ihn an den Rand der Verzweiflung bringt.
Ein Hoffnungsschimmer
scheint die Albatros Gesellschaft zu sein, eine Gemeinschaft jener
Menschen, die wie er über die Jahrhunderte hinweg leben und sich dabei
im Verborgenen halten. Denn die Angst, entdeckt zu werden, als Hexer,
Kuriosum oder Forschungsobjekt verdammt zu werden, ist in all diesen
Menschen tief verwurzelt.
Erzählt wird diese
Geschichte aus der Ich-Perspektive von Tom, der zwischen der Gegenwart
und einschneidenden Momenten aus der Vergangenheit wechselt.
Im
Heute ist er wieder in London, der Stadt, in der er seine große Liebe
gefunden hatte und die er bis heute nicht vergessen kann.
Sie lacht. Es ist die schlichteste, reinste Freude der Welt: jemanden, den man gernhat, zum Lachen zu bringen.
Zitat Seite 287
Ich
habe den Lebensweg von Tom Hazard gerne verfolgt, den Matt Haig mit
viel Gefühl und Details sehr lebendig schildert. Das letzte Drittel konnte mich dann leider nicht mehr so mitnehmen, obwohl ich gar nicht genau benennen kann, woran das lag. Und ich mochte auch den Konflikt gegen Ende nicht, der
aus einem Missverständnis entsteht. Das ist ja öfter so bei
Liebesgeschichten und wirkt auf mich meist zu konstruiert und platt.
Dennoch
ist ein wunderschönes Buch, das nahegeht und das grundlegende Thema der
Angst thematisiert: die Angst vor Entscheidungen und der daraus
resultierenden Verantwortung, die Angst zu Versagen, verletzt zu werden,
etwas oder jemanden zu verlieren ...und wie man lernen sollte, dieser
Angst zu trotzen.
Denn das Weglaufen oder sich davor zu
verstecken mildert vielleicht diese Sorgen, hindert uns aber auch daran,
zu leben und die Momente zu genießen, die uns wichtig sind. Wir können
die Zukunft nicht voraussehen und die Vergangenheit nicht ändern: aber daraus lernen und vor
allem: im Jetzt leben.
Und deshalb lieber Entscheidungen
treffen, die unser Gefühl für richtig hält, als irgendwann
zurückzublicken und zu bemerken, so vieles durch dieses Angst versäumt
zu haben.
Im Buch gab es auch immer wieder
Momente, in denen die Menschen die Zeit anhalten wollten, wichtige
Augenblicke festhalten, die sie tief berührt haben und ich denke, das
können wir sehr gut in unserer Erinnerung, die wir im Herzen tragen. Gerade diese schönen
Erlebnisse sind es, die uns positiven Aufschwung geben, wenn wir mal in
einer Krise feststecken und deshalb ist es so wichtig, diese bewusst zu
erleben.
Wunderschön erzählt mit vielen
philosophischen Hintergedanken, manchmal etwas zu ausführlich für mich,
empfehle ich das Buch auf jeden Fall weiter :)
Meine Bewertung
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Ebenfalls rezensiert von
Wie man die Zeit anhält von Matt Haig
Roman mit Rückblenden in eine weitreichende Vergangenheit
Im Original How to stop time --- übersetzt von Sophie Zeitz
Verlag dtv --- Seitenzahl 384
1. Auflage April 2018
Ebenfalls gelesen von Matt Haig
Erinnert mich sehr an "Das Unsichtbare Leben der Addie LaRue" von V.E. Schwab. Auch da lebt die Protagonistin jahrhundertelang, allerdings aufgrund eines Faust'schen Kuhhandels. Unheimlich berührend erzählt.
AntwortenLöschenDas kenne ich nicht, hört sich aber gut an :)
LöschenErscheint nächsten März (oder Mai?)auf deutsch, habe die englische Ausgabe gelesen:)
LöschenJa, hab direkt nachgeschaut und es auf meine Wunschliste gesetzt :)
LöschenMir hat das Buch gut gefallen, obwohl mich Liebesgeschichten auch eher abschrecken, da bin ich immer dankbar, wenn sie nicht zu sehr im Vordergrund stehen ;)
AntwortenLöschenAddie LaRue ist klasse, das habe ich bereits im Original gelesen, wird dir sicherlich gefallen ;)
Liebe Grüße und noch schöne Feiertage
Mila
Gleich zwei Empfehlungen, da wird es wohl auf jeden Fall einziehen müssen :)
LöschenIch hab zwar von V. E. Schwab schonmal den ersten Band zu "Die Farben der Magie" gelesen, das mich nicht so ganz überzeugen konnte - aber ich probiere gerne nochwas anderes aus. Eine zweite Chance hat jeder verdient :D
Auch wenn mir "Wie man die Zeit anhält" gut gefallen hat und ich es auch jedem empfehlen würde, kommt es nicht ganz an meinen Haig-Favoriten "Ich und die Menschen" heran. Ich hab übrigens die Hörversion von "Wie man die Zeit anhält" und Christoph Maria Herbst hat es fantastisch vertont!
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Gabi
Ich und die Menschen ist schon wieder eine Weile her, aber ich hab auch in Erinnerung, dass es mir ein wenig besser gefallen hat. Trotzdem, wie du schon sagst, ein tolles Buch das ich auch gerne weiter empfehle :)
LöschenOh ja, Christoph Maria Herbst ist ein Klasse Sprecher! Ich mag ja Hörbücher nicht so, aber ihm höre ich immer gerne zu!
Hallo Alex,
AntwortenLöschenmir hat die Geschichte (hatte sie als Hörbuch gehört) richtig gut gefallen. Mich hatte die Story, natürlich toll erzählt von Christoph Maria Herbst, absolut in ihren Bann gezogen und es war definitiv nicht das letzte Buch von Matt Haig.
Liebe Grüße,
Uwe
PS: Frohes neues Jahr wünsche ich dir noch :)
Dir auch ein Frohes Neues Jahr, Uwe, danke!!! :)
LöschenOh, wenn Christoph Maria Herbst das liest, dann ist es auf jeden Fall ein Vergnügen. Ich mag ihn als Sprecher sehr gerne! Aber zum Lesen war es auch toll, trotz kleiner Kritikpunkte ;)