Einsame Buchten, endlose Strände und eine traumhafte Steilküste - der Camino del Norte im Norden Spaniens ist einer von zahlreichen Jakobswegen, die nach Santiago de Compostela führen.
Johannes Zenker hat sich 2019 ziemlich blauäugig und ohne jede
Wandererfahrung auf diese 830 km lange Reise begeben. Im Gepäck hat er die
großen Fragen: Er möchte herausfinden, was er wirklich im Leben braucht. Und
was ihn langfristig zufrieden macht. Also tauscht er die Bequemlichkeit
seiner gewohnten All-inclusive-Urlaube gegen den rauen Pilgeralltag ein und
findet unterwegs die Antworten, nach denen er gesucht hat - und sogar noch
einige mehr. Eine unglaublich amüsant geschriebene, mitreißende Reise voller
verrückter, kurioser Erlebnisse und überraschender Erkenntnisse, bei der
alles, was man zum Leben braucht, in einen Rucksack passt.
... und plötzlich Pilger von Johannes Zenker
Wie ein All-Inclusive-Urlauber sich selbst, Gott und ungeahnte Freiheit entdeckt
Reisebericht über den Pilgerweg Camino del Norte
Verlag Adeo --- Seitenzahl 264
1. Auflage März 2022
Meine Meinung
❖❖❖❖❖❖❖❖❖❖❖
Das Buch hat mich direkt neugierig gemacht - zum einen, weil ich selber gerne
mal so eine "Rucksack-Wanderung" machen möchte, und zum anderen,
da im Klappentext steht, dass sich Johannes Zenker "bläuäugig und ohne jede
Wandererfahrung" dieser Herausforderung stellt. Das hätte ich mich nicht getraut, da ich vor so einer Unternehmung echt Respekt habe.
Es geht dann auch sehr schnell los und gleich auf den ersten Seiten erfolgt
nach der Ankunft der langen Busreise die Ernüchterung. Denn so leicht, wie man sich das vorstellt,
ist es natürlich nicht. Gerade wenn man wenig Ausdauer hat stelle ich mir das
ganze enorm anstrengend vor, und auch frustrierend. Ich denke, ich würde da
definitiv vorher ein paar Monate regelmäßig lange Spaziergänge machen, um mich
darauf vorzubereiten.
Allerdings bemerkt der Autor auch im Laufe der Wanderung, dass es besser wird.
Die anfängliche Kilometerzahl steigert sich pro Tag und trotz ausgelatschter
Schuhe kommt er gut voran.
Johannes Zenker schreibt sehr offen und ehrlich. Die Zweifel an der ganzen
Mission, die immer wieder aufkommen - vor allem, als er ins schlechte Wetter
gerät und für Dauerregen nicht so wirklich ausgerüstet ist. Umso
imponierender, wie er weiterkämpft und sich nicht unterkriegen lässt und die
Zeit letztendlich auch richtig genießen kann.
Die Landschaft wird sehr schön beschrieben und auch die Herbergen / Klöster,
in denen man als Pilger einkehren kann. Manchmal sehr herzlich begrüßt,
manchmal aber auch abgefertigt, aber immer mit anderen Menschen zusammen in
einem Raum, teils auf alten fleckigen Matratzen ... das muss man schon abhaben
können.
Auch die Wäsche mal nicht waschen zu können oder mit nur halb getrocketen
Klamotten weiter zu marschieren, klingt nicht gerade motivierend ...solcher Details sollte man sich vorher bewusst sein.
Allerdings wiegt die Erfahrungen, die man macht, diese Strapazen auf. Denke
ich. Und kommt auch von Johannes Zenker so rüber, der mit jedem Hinternis weiter über sich hinauswächst.
Die Menschen die man trifft, sind überwiegend freundlich und hilfsbereit - und
nehmen jeden so an, wie er ist. Natürlich gibts Ausnahmen, die gibt es ja
immer, aber intensive Gespräche bei so einer außergewöhnlichen Erfahrung sind
sicher extrem anregend und können viel zum Nachdenken anregen. Und natürlich
für andere Denkweisen öffnen.
Dieser Punkt war mir allerdings zu wenig. Es gab zwar immer wieder kleine
Anekdoten, Gedankenspiele und Ausschnitte aus Gesprächen, aber grade zu der
Frage, oder den Zweifeln, die den Autor umgetrieben und schließlich zu dieser
Reise animiert haben, waren mir etwas dürftig. Dass man nicht alles öffentlich in einem Buch mit anderen Menschen davon
teilen möchte ist mir klar, aber erhofft hätte ich mir doch etwas mehr
Einblicke. Im Epilog geht er darauf zwar
nochmal ein:
Und wie ist es um den Sinn des Lebens bestellt? Ich fürchte, dass die Lösung dieser Frage sehr davon abhängt, ob es einen Schöpfer gibt oder nicht.Zitat Seite 249
Diese Sichtweise ist mir zum Beispiel zu einengend. Warum hängt es von dieser
Frage ab? Ich hab darüber natürlich auch schon nachgedacht und mit einem
Schöpfer oder ohne gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Auch die beiden
Möglichkeiten nach dem Tod: Paradies oder das Nichts - auch hier gibts noch
die verschiedensten anderen Szenarien. Da sind der Phantasie an sich ja keine
Grenzen gesetzt :) Das ist für mich auch einer der Punkte die für so eine
Wanderung sprechen: um mich von all dem belastenden Alltagsdingen freizuschaufeln und
eine zeitlang nur mit mir und meinen Gedanken beschäftigt zu sein.
Ein sehr guter Punkt war (ich weiß nicht mehr, ob es Johannes Zenker oder ein
Mitpilger war) dass man auf diesem Weg irgendwann mal alle Probleme so lange
gewälzt und alle Möglichkeiten durchdacht hat, dass man an einem Ende
angekommen ist. Und das wiederum enthält die Chance, auf Null zu gehen und neu
anzufangen. Wie und mit was auch immer.
Eine Frage, die auch aufkam, war, ob man den Weg lieber alleine geht, von
Anfang an, oder mit einem Partner. Ich muss gestehen, dass ich tatsächlich
lieber eine Begleitung hätte. Die Sprachbarriere alleine wäre für mich schon
abschreckend. Spanisch kann ich nicht und mein englisch ist leider auch sehr
dürftig ... da wäre ich froh um jemanden, der mich unterstützt.
Natürlich trifft man andere und kann sich anschließen, aber man merkt an den
Beschreibungen hier, dass viele auch Pausen brauchen oder einfach ein unterschiedliches Tempo angehen - und grade auch die Zeit
alleine genießen. Was aber nicht heißt, dass auch mal 1-2 Tage zusammen
gewandert wird und man viel Spaß dabei hat :)
Übrigens gibts auch ein paar tolle farbige Fotos, die den Eindruck der tollen
Landschaft großartig widerspiegeln!
Es gibt übrigens gegen Ende einen vorgewarnten (dicken) Spoiler zur Dunklen Turm Reihe von
Stephen King. Den sollte man wirklich NICHT lesen, wenn man die Reihe nicht
kennt! Im Epilog kommt auch nochmal kleiner, allerdings ohne Vorwarnung! Also aufpassen ;)
Meine Bewertung
❖❖❖❖❖❖❖❖❖❖❖
Ebenfalls rezensiert von
Hallo Aleshanee,
AntwortenLöschensolch eine Pilgerwanderung gehört für mich zu den ganz großen Abenteuern...ebenso wie auf die Walz gehen in unserer Zeit...trotz Handy und allen möglichen technischen
Möglichkeiten.
Denn bei beiden Aktionen kommt es auf den einzelnen Menschen und seine Befindlichkeiten an. Er entscheidet selber ....ohne Gruppenzwang oder andere Vorgaben.....wie es weitergeht...
Ich finde, dass hat was in unserer Welt, wo der Alltag oft von Regel/Vorschriften bestimmt wird...
Ich finde es einfach bewunderswert und ziehe den Hut vor den Menschen sie sowas mal wagen...
LG...Karin...
Mich reizt es vor allem, zur Ruhe zu kommen. Das "Gehen" an sich ist ja etwas dass man viel zu selten macht, dabei hat es was sehr meditatives. Ein Grund warum wahrscheinlich immer mehr Menschen wieder spazieren gehen.
LöschenGrade der Verzicht auf die ganzen Alltags"annehmlichkeiten", die uns eigentlich mehr Arbeit machen ist besonders reizvoll. Den ganzen Ballast hinter sich lassen und nur mit sich und der Natur unterwegs sein :)
Huhu liebe Aleshanee,
AntwortenLöschennicht, dass du dich wunderst: Ich habe gerade irgendwie Anmeldeprobleme, was das Posten unter meinem Googleaccount betrifft. Ich hoffe das Problem löst sich im Laufe der nächsten Zeit, sonst muss ich mich wohl nochmal näher damit befassen :o)
Ich wäre vermutlich so absolut kein Mensch für eine Pilgerreise. Zumindest nicht in meinem aktuellen Fitnesszustand. Ich würde es wohl auch so wie du handhaben und mich erstmal mit längeren Fußmärschen auf so eine Reise vorbereiten. Auch was die Sprachenkenntnisse anbelangt, bin ich mit dir eins: Mein Englisch wäre vermutlich nicht gut genug, um mich ordentlich verständigen zu können. Ich käme damit vielleicht irgendwie durch, aber das wäre mir zu unsicher. Andere Sprachen darüber hinaus beherrsche ich leider auch nicht.
Umso spannender ist es natürlich solch eine Reise durch ein Buch miterleben zu können. Die von dir angesprochenen Fotos machen neugierig. Auch das, was du über den offenen und ehrlichen Blick auf die Situationen seitens des Autors schreibst, klingt vielversprechend.
Eine sehr schöner und informativer Einblick von dir. Vielen Dank dafür.
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)
Huhu,
LöschenJohannes' Englisch ist zwar ziemlich gut, laut seiner Aussage wäre man aber auch mit weniger ausgekommen. Gerade heute gab es dazu einen frischen Instagram-Beitrag auf seiner Seite ;)
@Aleshanee danke für die ausführliche Rezension. Ich verlinke sie bei mir. Falls das nicht ok ist, bitte melden :)
Über den Turm-Spoiler habe ich kräftig geschimpft - und für die Spoiler-Warnung gesorgt.
Lieben Gruß
Anja
@Tanja: Seit der Umstellung mit den Kommentaren gibt es wohl immer wieder Probleme, aber ich hoffe, dass sie das bald in den Griff kriegen und es dann reibungslos läuft :)
LöschenWegen meiner Fitness hätte ich jetzt tatsächlich keine soooo großen Bedenken. Man kann ja sein eigenes Tempo anschlagen - nur muss man halt schauen, dass man bis abends die nächste Herberge erreicht...
Wegen der Sprache, es scheint ja, wie auch Anja sagt, schon ganz gut zu funktionieren auch mit leichten Englisch-Kenntnissen, aber das ist eine Hürde die mich schon etwas abschreckt.
@Anja: natürlich, verlinken ist immer gut :)
Ahh sehr schön, dass du da für die Warnung gesorgt hast! Etwas später kommt allerdings noch etwas über den dunklen Turm, das hab ich jetzt aber nicht mehr im Kopf.
Insgesamt fand ich den Bericht echt interessant. Etwas weniger über die Herbergen und etwas mehr über das was im Kopf so rumgeht hätte ich noch etwas besser gefunden :)
Und eine Liste was alles in den Rucksack gehört :D
Liebe Alehsanee,
AntwortenLöschenhoffentlich klappt es heute mit dem Kommentieren. Dieses Buch macht mich neugierig. Meine Schwägerin ist per Fahrrad von österreich aus den jakobsweg gefahren...auf Etappen/Jahre verteilt. Wo sie im Vorjahr angehalten hat ist sie mit dem Zug hingefahren und hat ihr Rad mitgenommen und dann ging es weiter.
Als total ungeübter "Wanderer" empfinde ich es ebenfalls stark, dass der Autor diese Reise begonnen hat. Schade, dass es nicht ganz DAS war, was du erhoffst hast.
Liebe Grüße
Martina
Ich hoffe, dass mit dem Kommentieren wird jetzt langsam wieder besser und macht keine großen Probleme mehr.
LöschenPer Fahrrad ist ja auch ein ganz schönes Stück. Ich glaube, das wäre eher nichts für mich. Das ganze in Etappen anzugehen ist auch eine schöne Lösung!
Die ersten Tage waren für Johannes Zenker schon sehr am Limit seiner Fitness, aber man hat gemerkt, wie sich der Körper daran gewöhnt und stärkt. Das ist schon echt toll!
Ja, ein klein wenig hat mir gefehlt, aber insgesamt hat es mich doch noch etwas neugieriger gemacht.
Hallo Aleshanee
AntwortenLöschenDieses Buch kannte ich noch nicht, aber die Inhaltsangabe hört sich sehr interessant an. Ich mag Reiseberichte ja sehr gern, denn es ermöglicht mir Einblicke in andere Länder und Kulturen zu bekommen, ohne dass mein Geldbeutel noch mehr schrumpft ;)
Der Punkt mit der Ausdauer kann ich gut verstehen. Ich habe bereits bei Büchern über den Jakobsweg gestaunt, wie viele Kilometer die Leute da an einem Tag schaffen und am nächsten gleich weitermachen - ich wäre vermutlich k.o. :D
Schön, dass sich Zenker trotz einiger Hürden und Herausforderungen durchgekämpft hat und auch die weniger schönen Seiten seiner Reise präsentiert.
Liebe Grüsse
Mel
Ich bin ja eigentlich kein großer Fan von Reiseberichten ... ich weiß nicht warum, aber das ist etwas, das ich dann doch lieber selber erleben möchte. Da schau ich mir dann tatsächlich lieber Dokumentationen an.
LöschenHier hat es mich vor allem gereizt weil es eine "Rucksack-Wanderung" ist. Ich hab mich immer wieder mal über Backpacker informiert, konnte mich aber bisher nicht überwinden. So eine Pilgerreise allerdings wäre vielleicht mal ein Einstieg.
Hallo Aleshanee,
AntwortenLöschenmich hattest du ja schon neugierig gemacht auf dieses Buch (ich weiß nur gar nciht mehr wo - TTT?), deine Rezi bestärktm ich nochmal. Für mich hat das Pilgern einen unglaublichen Reiz, auch wenn ich denke, es nie zu tun, weil ich da für mich dann doch zu viele Hürden sehe. Bücher und Erfahrungen finde ich aber dennoch immer sehr inspirierend.
LG Sabine
Hm, obs beim TTT schon dabei war weiß ich gar nicht - aber ich hatte es mal in einem eigenen Beitrag vorgestellt ;)
LöschenJa, dieses Gefühl der "Hürden" hab ich auch. Mich interessiert das schon seit Jahren - jetzt nicht unbedingt das "Pilgern", aber eben mal zu Fuß mit dem Rucksack durch fremde Lande streifen. Das reizt mich wirklich sehr. Aber bisher hab ich mich da einfach nicht rangetraut.