Rezension zu Frankenstein von Mary Shelley
Mary Shelleys »Frankenstein« ist neben Bram Stokers »Dracula« der zweite
große Archetypus des modernen Horrorgenres. Im Unterschied zum Fürsten
der Finsternis ist Shelleys Hauptfigur kein übernatürliches Wesen,
sondern ein künstlich erzeugter Mensch, der durch die Grausamkeit und
Ignoranz seiner Umwelt erst zu dem Monster wird, für das ihn alle
halten. Wirklich monströs hingegen sind die ganz normalen Menschen: mit
ihren kalten Herzen und ihrem Wahn, die Welt im Griff zu haben.
(Verlagsinfo) Diese Ausgabe erschien 2009 im Fischer Verlag
und wurde übersetzt von Heinz Widtmann
_____________________________________
Frankenstein
oder Der moderne Prometheus
von Mary Shelley
Genre Horror Klassiker
übersetzt von Heinz Widtmann
Verlag Fischer // Seitenzahl 224
übersetzt von Heinz Widtmann
Verlag Fischer // Seitenzahl 224
erstmals veröffentlicht im Jahr 1818
_____________________________________
"Erkennen Sie an mir, an meinem Beispiel, wie gefährlich es ist, sich wissend zu machen, und wie viel glücklicher ein Mensch ist, dem seine Heimatstadt seine Welt bedeutet, der nicht größer sein will, als seine Natur ihm erlaubt." Seite 47
Ein sehr eindrucksvolles Zitat, wenn man es aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts in die heutige Zeit holt. Mit dem Experiment, etwas Totem Leben einzuhauchen, Gott zu spielen und sich in dieser Leidenschaft zu verirren, ist ein sehr prägnantes Bild, dass sich im Größenwahn der heutigen Gesellschaft fortsetzt.
Ob Mary Shelley es genau auf diese Botschaft abgesehen hatte weiß ich nicht, denn an sich wollte sie nur eine Gruselgeschichte erzählen bzw. niederschreiben, die dabei immer mehr an Umfang gewonnen hat. Teilweise zuviel würde ich sagen, denn zwischendurch wirkt es doch etwas zäh, weil sie sich in zu detaillierten Beschreibungen verliert, die nicht unbedingt spannend sind.
Während erst Viktor Frankenstein selbst seine Lebensgeschichte erzählt, wie er sich, von den Studien besessen, zu diesem monströsen Experiment hat hinreißen lassen, kommt auch "das Monster" selbst zu Wort, in seinen ausweglosen Versuchen, sich der menschlichen Gesellschaft zu nähern.
Im Grunde des Herzens und seiner Gefühle, die er wohl tatsächlich hatte, war er ein friedvolles Wesen, dass durch die Abscheu und Grausamkeit, die ihm zuteil wurde, an der Einsamkeit und Lieblosigkeit zerbrochen ist.
Die Autorin zeichnet hier wirklich ein außergewöhliches Bild von einem Charakter, der alles versucht, um in der Gesellschaft angenommen zu werden und dem sein grauenvolles Antlitz zum Verhängnis wird.
Mit der alten Schreibweise ist es sehr ungewöhnlich zu lesen, aber ich hab mich recht schnell zurecht gefunden. Man stolpert dabei manchmal auch über witzige Formulierungen wie "Entwickelungen" oder "mit Hülfe" :D Stellenweise war es aber wirklich atmosphärisch sehr dicht gestrickt und spannend, grade wenn "das Monster" von seinem Leidensweg erzählt. Die Ungerechtigkeit und die Verzweiflung, die ihn schließlich auch innerlich zum Monster werden ließen, gehen dann doch sehr ans Herz.
Aber ich hab auch einige andere tolle Botschaften entdeckt, die euch gerne in den Zitaten zeigen würde.
"Wenn das Studium, dem man sich widmet, die Gefühle der Liebe und Dankbarkeit vernichtet und den Sinn für einfache Freuden tötet, dann ist es sicher nicht nützlich für den menschlichen Geist." Seite 50"Wir dürfen ihn nicht weiter bemitleiden, sondern die Überlebenden sind es, die unseres Mitleides bedürfen." Seite 68"Da ich aber um Dein Glück ebenso besorgt bin wie um mein eigenes, erkläre ich Dir unumwunden, daß unsere Ehe mich auf ewig unglücklich machen müßte, wenn ich nicht der Überzeugung sein könnte, daß der Entschluß dazu Deinem freien Willen entsprang." Seite 179
Gerade letzteres, die Worte eines liebenden Menschen, der nur das Glück des anderen im Sinn hat, auch wenn er es mit jemand anderem finden sollte. Ohne Eifersucht oder Rachegedanken, sondern einfach nur mit dem innigen Wunsch, dass es demjenigen, den man liebt gut geht und er glücklich werden sollte.
Das Buch beinhaltet auch ein Vorwort von Mary Shelley aus dem Jahr 1831 und im Anhang Daten zu Leben und Werk der Autorin und einen Auszug dazu aus Kindlers Literatur Lexikon.
Meine Bewertung
Ebenfalls rezensiert von
Über die Autorin: Mary Shelley (1797-1851) begann schon als Kind Gedichte und Romane zu
verfassen. Noch keine 17 Jahre alt, brannte sie mit dem jungen Dichter
Percy Shelley durch und bereiste Europa. Im Jahr ihrer Hochzeit 1816
verbrachten beide den Sommer mit Lord Byron am Genfer See, wo sie Ideen
für Schauergeschichten sammelten. Schon zwei Jahre später
veröffentlichte Shelley ihren „Frankenstein“, den Vater aller
Gruselromane, dessen Erfolg es ihr ermöglichte, fortan als angesehene
Schriftstellerin zu leben.
Quelle: Fischer Verlag
Hallo Aleshanee,
AntwortenLöschenwas für ne traurige Geschichte...ebenso wie die Fortsetzung...Frankensteins`s Braut.
Keine Chance für einen verunstalteten Mann mit einem durchaus guten Herz auch in der Liebe...LG..Karin..
Ja, die ist wirklich äußerst traurig und berührend, ich wusste das ehrlich gesagt gar nicht. Ich hab irgendwann mal einen Film dazu gesehen und irgendwie hab ich "Frankenstein" immer anders im Kopf gehabt, durch das, was man halt so hört. Bin aber jetzt froh, dass ich es gelesen hab!
LöschenAhoi Aleshanee,
AntwortenLöschenwitzig, ich lese gerade Frankissstein (großartig) und bin richtig motiviert, das Buch nochmal zu re-readen... Auf jeden Fall gucke ich mir nach Beenden des Buches den Film zu Mary Shelley an ^^
Liebe Grüße
Ronja von oceanloveR
Bei dem Buchtitel ist mir direkt "Kiss" ins Auge gesprungen und ich dachte schon, das es eine romantische Adaption davon ist, aber wie ich jetzt nachgelesen habe, scheint es ja echt recht cool zu sein. Grade das Thema mit der KI interessiert mich sowieso, ist ja auch sehr aktuell :)
LöschenEs ist sooooo genial! Verschiedene Erzählstränge verschmelzen, Fiktion in Realität gebettet, so viele Gedanken/Themen/Aktuelles... den Schreibstil muss man aber mögen; teilweise nahezu poetisch, dann fast vulgär. Ich liebe das Buch aber bisher!
LöschenLG
Ich mag das meistens gerne, wenn es so anders ist, kommt halt immer drauf an ob der Autor das auch gut hinbekommt - und ob es zu meinem Geschmack passt. Ich werds mir auf jeden Fall mal vormerken ;)
LöschenHallöchen Aleshanee =)
AntwortenLöschenDieses Büchlein liegt nun schon fünf Jahre auf meinem SUB. Dass es bisher keiner Aussortieraktion zum Opfer wurde, spricht wohl für sich =).
Ich bin sehr gespannt, ob ich mit dieser Ausdruckweise zurechkomme. Ich will mir schon seit Jahren selbst einen Eindruck verschaffen.
Danke für deinen Eindruck!
LG
Anja
Es ist natürlich eine Umstellung, wenn man was liest was aus der damaligen Zeit stammt. Immer könnte ich sowas nicht lesen, aber ab und an geht das schon, finde ich. Vor allem hat es mich natürlich interessiert, weils einfach ein Klassiker ist, den ich unbedingt mal lesen wollte :)
LöschenHallo liebe Aleshanee,
AntwortenLöschennoch so ein Buch, bei dem ich es immer noch nicht geschafft habe, es von meiner Wunschliste zu erlösen. Wobei ich nach deiner Rezension wirklich Lust hätte, es zu lesen. ^^
Ich wünsche dir ein schönes Wochenende!
Liebe Grüße :)
Na das freut mich dass dich die Rezension zum Lesen inspiriert :D
LöschenJa, unsere Leselisten sind halt immer zu lang, die muss man nach und nach abarbeiten, irgendwann hast du sicher Lust auf die Geschichte.
Dir auch ein schönes Wochenende!