Samstag, 23. Oktober 2021

Game Changer von Neal Shusterman

Stell Dir vor, du könntest die Welt verändern ... Welche Entscheidung triffst Du?


Ash ist ein weißer, heterosexueller cis-Junge aus der Mittelschicht. Er hält sich selbst für einen guten Kerl, aber nicht gerade für den Mittelpunkt des Universums. Bis er eines Freitags in eine andere Dimension katapultiert wird, in der er genau das ist – der Mittelpunkt des Universums! Damit verfügt ausgerechnet
Ash nun über die Macht, die Welt zu verändern. Doch irgendetwas geht schief, und Ash führt - aus Versehen - die Rassentrennung wieder ein. Natürlich will er das wieder geradebiegen, aber: Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, alles falsch zu machen.

Ein Social Thriller der Extraklasse über eine durch und durch ungerechte Welt wie unsere. (Verlagsinfo)
 



Game Changer von Neal Shusterman

 
Genre Science Fiction / Coming of Age -- empfohlen ab 14 Jahren
Im Original Game Changer
übersetzt von Kristian Lutze, Andreas Helweg, Pauline Kurbasik
 
Verlag Fischer/Sauerländer -- Seitenzahl 403
1. Auflage Oktober 2021 




Meine Meinung


Der Protagonist Ash erzählt hier aus seiner Perspektive alles unglaubliche, was ihm passiert. Eine jugendliche, frische und quirlige Sprache, die einen mitreißt und immer wieder Witze einbaut, aber auch ernste Szenen einfließen lässt. 
Ash ist ein typischer, weißer Teenager, der nicht groß darüber nachdenkt, dass meine seiner Freunde eine dunkle Hautfarbe haben oder aus anderen Ländern kommen. Er nimmt vieles locker und unbetroffen - bis ihm ein "Tackle" beim Football plötzlich in ein Paralleluniversum katapultiert.
Ein Tackle heißt, dass er jemand anderen umrennt oder zu Boden wirft. Mit solchen Begriffen aus dem Sport wird man hier desöfteren konfrontiert, aber man kann dem ganzen schon gut folgen, auch wenn man sich - wie ich - nicht so gut damit auskennt. 

Erstmal weiß Ash gar nicht, was da genau passiert ist. Erst als er kleine Veränderungen feststellt, die einfach nicht sein können, zweifelt er erst an sich selbst und seiner Wahrnehmung, bis er schließlich erkennt, dass er in derselben aber völligen anderen Version unserer Welt gelandet ist. 
Mit Logik kommt man hier wohl nicht so recht weiter, denn ich hab bis zum Schluss nicht verstanden, warum das ganze passiert und wie Ash hier tatsächlich Einfluss nimmt - und wo es überhaupt hätte hinführen sollen. 
Er selbst jedenfalls nimmt alles relativ locker und hinterfragt nicht viel (zumindest was seine Rolle betrifft oder was hinter dem ganzen steckt) - das war Neal Shusterman hier auch nicht so wichtig, nehme ich an, denn wichtig sind die Themen, mit denen Ash sich plötzlich konfrontiert sieht. 

Zum einen der Rassentrennung, die plötzlich wieder Alltag ist, das Thema freie Liebe und Diskriminierung der Geschlechter und die damit einhergehenden Vorurteile.
In einigen Rezensionen hab ich gelesen, dass der Autor zuviel reinpackt, aber ich denke, dass er jedem Thema einiges an Aufmerksamkeit gewidmet hat, um auf die Problematik auch in unserer heutigen Zeit hinzuweisen. Und das recht deutlich.
 
Ich fragte mich, wie viele wichtige Anliegen nicht durch harte Opposition, sondern aufgrund halbherziger Unterstützung abgeschmettert wurnden.
Und durch nutzlose Maßnahmen.
Zitat Seite 155

Ash nimmt nämlich, wenn er so erzählt, kein Blatt vor den Mund und nennt die Dinge beim Namen. Das fand ich sehr gut, denn manchmal weiß man ja schon gar nicht mehr, was man sagen darf und was nicht. 

Ein bisschen hat es mich an "Die Mitternachtsbibliothek" von Matt Haig erinnert. Hier möchte ja die Protagonistin Nora Selbstmord begehen - doch anstatt dass sie stirbt, soll sie die vielen Möglichkeiten kennenlernen, wie es ihr in anderen Leben mit anderen Entscheidungen ergangen wäre. Bei Haig war alles sehr kurz und wurde nur angeschnitten, bei Ash und seinen "Sprüngen" nimmt sich der Autor schon die Zeit, damit man als Leser sieht wie die Veränderungen auf ihn wirken. 
Auch erkennt Ash Zusammenhänge und denkt über vieles nach, beginnt hinter die Fassaden zu schauen, was auch seine Beziehungen zu seinen Eltern und seinem Bruder betrifft, was er hier wieder sehr schön beschreibt:
 
Ihr denkt vielleicht, euer persönlicher Apfel sei ziemlich weit vom Stamm gefallen. Doch der Baum hat Wurzeln, die nicht zu erkennen sind, bis ihr darüber stolpert.
Zitat Seite 259

Optisch ist das übrigens sehr cool gemacht mit dem Weltenwechseln. Ein Sprung leitet immer eine andere Schriftart ein und zeigt uns auch einen "fallenden Ash" in die nächste Dimension.

Der Schreibstil hat mir hier am meisten gefallen, denn er war flott und offen und hat viele Einblicke in das Denken eines Jugendlichen gegeben, wie es wohl überall auf der Welt ähnlich ist.
Allerdings hat Shusterman immer wieder erkennen lassen, dass die Wahrnehmung von Ash eben "nur" die Wahrnehmung von Ash ist. Es ist seine Realität die er sieht und spürt und dass andere, seine Freunde, seine Familie etc. die Ereignisse anders, eben auf ihre Art wahrnehmen. 
Soviel zu: es gibt nur eine Wahrheit. 

Ich muss aber gestehen, dass ich trotz dem Spaß an der anschaulichen Sprache und den wichtigen Themen nie so wirklich angekommen bin in der Handlung. Dadurch, dass man so durch die Handlung fliegt, bei vieles nicht so recht hängen, zumindest ging es mir so. Es ist ein vor Augen führen vieler Problematiken der Intoleranz der Menschen, der Gesellschaft, verpackt in eine witzige Story, der es mir etwas an Tiefe fehlt. Vielleicht erreicht man viele Jugendliche aber auf diesem Weg - denn sie bereiten die Zukunft. 
 
Wir diffamieren die Unterschiede an anderen; wir glorifizieren die Unterschiede an uns selbst. Wir stecken "sie" in eine Schublade und sind doch selbst in einer gefangen.
Zitat Seite 363
 
Wir alle haben viele festgefahrene Muster, können nicht in andere hineinschauen oder gar ahnen, wie sehr sie unter bestimmten Vorurteilen leiden: aber wir können mehr Verständnis aufbringen und zumindest versuchen, sie zu verstehen und selbst wenn man manches nicht gut findet, soviel Toleranz aufbringen, und sie in Frieden leben zu lassen. Wir selbst beanspruchen das ja für uns auch :)

Der Schluss ... ich weiß nicht so wirklich, was er mir sagen soll. Irgendwas dringt da schon zu mir durch, aber ich kann es nicht greifen. Wie vieles, was hier passiert, das find ich wirklich etwas schade.
Vielleicht war das kein Ziel, einen tieferen Sinn (hinter dem ganzen) einzubauen, sondern einfach die Themen für Jugendliche gut verpackt rüberzubringen? Ich kanns mir nicht anders vorstellen, denn eigentlich weiß Shusterman, "wie es geht". Dennoch blieb ich beim Lesen viel zu oft an der Oberfläche - es war ein Gefühl, als würde das alles eher an mir vorbeirauschen...
Aber mir fehlt das hier definitiv, ich brauch einen Grundgedanken, auch wenn der hier mit den Themen rübergebracht wird, hat es keinen Grundstock wo es hinführt, grade mit dem Schluss.
Außer vielleicht, dass wir das beste machen müssen aus dem, was wir haben.
 


Meine Bewertung


Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.
 Es gab diesbezüglich keinerlei Vorgaben und die Rezension 
spiegelt meine ganz persönliche Meinung wider. 
 
 
Ebenfalls rezensiert von
 





Von Neal Shusterman begeistert gelesen hab ich





 
 
 
 
 





14 Kommentare:

  1. Hallo liebe Aleshanee,

    hm.....hm...Probleme, die wir in der heutigen Zeit schon haben in die Zukunft versetzen kann Neal Shusterman ja sehr gut....siehe " Vollenend" oder "Scythe", finde ich.

    Jetzt versucht er sich an weiteren Thematiken, bleibt aber in unserer Zeit.
    Vielleicht liegt darin die gesteigerte Erwartungshaltung/Blogger bzw. gleichzeitig auch das mögliche Problem dieser erzählten Geschichte.

    Andere Kultur/Sportkreis/Mentalität/Einstellung zu bestimmten Vorgängen im Land.
    Die Unseren so gar nicht ähneln....

    Ich denke mir, hier wird amerikanisches Denken/Handeln an Hand von dem Jungen Ash wieder gespiegelt....sprachlich für Jugendliche gut verpackt...vielleicht auch als ein "Art Ist-Zustand" der amerikanischen Gesellschaft....

    Rezepte für besseres Behandlung/Änderungen im Verhalten....wer hat, kennt die Besten..schwierig....schwierig
    ....deshalb denke ich mir...hier ist der Weg ...erst einmal das Ziel...

    Denn was wir selber nicht wollen, mit dem sollten wir andere auch nicht belasten/belästigen...

    schönes Wochenende..LG..Karin..

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    1. Meine Erwartung war ja eh schon gedämpft, weil ich ein paar Rezensionen vorher gelesen hatte - und ich kann mich dem eigentlich nur anschließen.

      Es sind wichtige Themen, an sich gut verpackt,nur das Gesamtkonzept dahinter ist etwas schwierig und für mich einfach nicht so greifbar. Das hat mir hier definitiv gefehlt.

      Er zeigt auf jeden Fall viele Ansätze auf, die vielleicht doch den ein oder anderen zum nachdenken bringen.

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  2. Hi Aleshanee,
    wir haben ja ungewohnt ausführlich über das Buch diskutiert - und Du findest doch die passenden Worte, um zu zeigen, woran es in dem Buch hapert ... Dir noch einen schönen Sonntag und viele herzliche Grüße
    Frank

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    1. Dankeschön Frank!

      Ja, ich hab mich hier echt einfach treiben lassen und drauf los geschrieben ;) Haben wir ja letztens auch kurz drüber gesprochen, ich hab da gar nicht mehr groß dran rumgefeilt sondern einfach gelassen wie es ist.
      Manchmal hab ich dann auch keinen Nerv mehr dazu und ich hatte das Gefühl, alles dazu gesagt zu haben, was ich sagen wollte :)

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  3. Hallo liebe Aleshanee,

    mir ist es ähnlich ergangen, was das Ende des Buches betrifft. Auch ich habe nach der Botschaft gesucht und bin etwas ratlos zurückgeblieben. Ich denke auch, dass die Botschaft lauten könnte, dass wir das Beste aus dem machen sollen, was wir haben. Ich denke auch, dass Shusterman den Leser zum Nachdenken bewegen und ihn einmal das große Ganze hinterfragen lassen wollte.

    Diskriminierung, egal wie sie ausgerichtet ist, ist nicht in Ordnung. Jeder Einzelne kann etwas dagegen tun. So lautete meiner Meinung nach seine Botschaft schon desöfteren. Aber andererseits macht er auch an der Geschichte von Ash deutlich, dass es in dieser Hinsicht Grenzen gibt.

    Zugleich kam hier auch - für mich - die Botschaft rüber, dass Veränderungen auch immer einen Tribut fordern. Es ist gar nicht möglich alles zu durchdenken. Vielleicht möchte Shusterman auch zugleich ein wenig Trost spenden? Denn egal welche Realität Ash erreicht und wie schlimm sie auch für ihn sein mag. Es gibt auch Positives (siehe Hunters Veränderung, siehe Paul ...)?

    Geschafft hat Neal Shusterman auf jeden Fall wichtige Themen anzusprechen, die zum Diskutieren und Nachdenken anregen. Ich finde das Buch ist perfekt für Leserunden geeignet :o)

    Liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Hi Tanja! Das hast du super schön zusammengefasst, dem kann ich nicht wirklich was hinzufügen :)
      Interessant für dich vielleicht die Rezension von Wordworld (hab ich oben verlinkt), sie hat ein Resummee gezogen das wir wohl alle teilen und aus dem Buch mitnehmen.

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  4. Huhu Aleshanee,

    Ich bin ja auch echt großer Fan von Neal Shusterman, seine "Scythe"-Reihe ist wirklich mein großer Favorit. Hier weiß ich allerdings auch noch nicht so recht, ob ich den Buch eine Chance geben. Bisher klang jeder Rezensent irgendwie enttäuscht. So auch du. Sehr schade, Shusterman weiß ja eigentlich wirklich wie es geht ... Aber als Autor kann man vielleicht nicht immer das perfekte Werk abliefern. Hoffen wir Mal, dass das Buch nicht irgendwie unter Druck entstand, Verlage können da ja echt gnadenlos sein.


    Liebe Grüße
    Jessi

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    1. An sich ist es wirklich gut gemacht: von der Idee her, den Hintergründen, den Botschaften, dem Schreibstil ... ich weiß auch nicht, warum es für mich nicht so ganz rund wird. Irgendwas fehlt, oder ja, keine Ahnung ^^ Es ist echt schwer zu beschreiben.
      Auch wenn ich viel Spaß damit hatte und vieles zum Nachdenken anregt (wobei da jetzt für mich nichts neues dabei war) hat es mich einfach nicht so überzeugen können wie sonst...

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  5. Hallo Aleshanee,

    ich habe es natürlich auf der Wunschliste, allein, weil es von Shusterman ist. Aber so richtig überzeugte Rezensionen habe ich bisher noch nicht dazu gelesen. Schade, dass es eher oberflächlich bleibt. Vielleicht liegen ihm auch EInzelbände überhaupt nicht. Seine genialen Bücher sind doch immer auf mehrere Teile ausgelegt. "Dry" fand ich damals auch gut, aber nicht umwerfend - wie es für Shusterman eher üblich ist.

    Liebe Grüße,
    Nicole

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    1. Joa, schwierig.

      Wobei "Dry" hat er ja auch zusammen mit seinem Sohn geschrieben, ich denke, das macht schon auch einen Unterschied.
      Dem anderen Einzelband von Shusterman (Kompass ohne Norden) in dem es ja um die Krankheit seines Sohnes geht, konnte ich leider gar nichts abgewinnen...

      Ein neues wird ja auch schon wieder angekündigt, auch wieder ein Einzelband, den er zusammen mit seinem Sohn geschrieben hat: Proxy
      Eigentlich bin ich jetzt mittlerweile etwas skeptisch geworden *lach* Aber der Klappentext klingt schon wieder so gut xD

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  6. Liebe Aleshanee

    Der Autor ist mir noch kein Begriff, aber ich entdecke immer wieder sehr durchwachsene Rezensionen und ich denke, dass man ihn entweder so richtig mag, oder halt nicht ;-)

    Deine Rezension ist sehr aufschlussreich und aufgrund der differenzierten Kritik werde ich - obwohl das Buch durchaus auch positive Aspekte zu bieten hat - vorerst darauf verzichten.

    Alles Liebe an dich
    Livia

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    1. Game Changer hat tatsächlich sehr durchwachsene Rezensionen - aber seine Vollendet Reihe (4 Bände) und seine Scythe Reihe (3 Bände) sind um einiges besser und schneiden auch im Durchschnitt sehr gut an!
      Die haben auch sehr wichtige, gesellschaftliche Themen und super umgesetzt! Lohnt sich also, die mal näher anzuschauen ;)

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  7. Liebe Aleshanee,

    Kritik gab es so einige an dem Buch. Zumindest bei den rezensionen, die ich gelesen habe. Zu langatmig habe ich gelesen, wasi ch bei dir nicht raus lese. Nicht fokussiert, das lese ich eher bei dir raus.
    Ich habe das Buch nicht gelesen und werde es wohl auch nicht, aber ich bin froh mir deine und auch andere Meinungen darüber "anzuhören", weil Buchtipps vergibt man ja auch mal privat :-)

    Liebe Grüße
    Tina

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    1. Hm, langatmig hab ich es wirklich nicht empfunden, es passiert eigentlich schon ständig etwas und man wird mit neuem konfrontiert...
      An sich gibt es natürlich auch einen roten Faden, und man kann sich schon ein Fazit draus ziehen - aber das hat er für mich einfach hier nicht so rübergebracht, wie ich es mir erwartet hatte. Seine anderen bisherigen Bücher haben mich einfach mehr begeistern können ;)

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