Dienstag, 9. Oktober 2018

Rezension: Der Spielmann von Oliver Pötzsch


Das älteste Spiel der Welt ist das Spiel um deine Seele ...

1486: Knittlingen ist ein ruhiger Ort im Kraichgau. Bis zu dem Tag, als die Gaukler in die Stadt kommen – und plötzlich Kinder verschwinden. Johann Georg, genannt „Faustus“, der Glückliche, kümmert das nicht. Ihn interessiert nur der Spielmann und Magier Tonio del Moravia: Von dem blassen Mann mit den stechend schwarzen Augen, der Johann eine große Zukunft als Gelehrter voraussagt, geht eine seltsame Faszination aus. Johann schließt sich ihm an, gemeinsam ziehen sie durch die deutschen Lande. Der junge Mann saugt alles auf, was Tonio ihm beibringt. Doch von Tonios Lehren geht eine ungeahnte Gefahr aus, und schon bald beschleicht Johann das Gefühl, dass sein Meister mit dunklen Mächten im Bunde steht. Mächte, die Johanns ganzes weiteres Leben bestimmen werden … 

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Der Spielmann

von Oliver Pötzsch

Genre Historischer Roman // Band 1 der Faustus Reihe
Setting Deutschland/Italien 15. Jhd

Verlag: List // Seitenzahl: 784
Hardcover: 22 € // Ebook: 18,99 €
1. Auflage: Sept 2018

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"Seine Figur gilt bis heute als Sinnbild eines ruhmsüchtigen, rastlosen Menschen,
der sich mit dem Teufel einlässt, durch diesen viel Ansehen und Reichtum erwirbt -
und am Ende mit seiner Seele bezahlt.

Sein Name war Johann Georg Faustus.
Dies ist seine wahre Geschichte." 

Aus dem Vorwort


Meine Meinung

Natürlich kenne ich "Faust", also irgendwie, zumindest hab ich davon gehört - leider hab ich es nie gelesen oder als Aufführung gesehen - deshalb weiß ich an sich nur, dass es um das Schicksal eines Mannes geht, der einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat.
Aus dem Grund kann ich auch nicht genau sagen, inwieweit hier der Autor Parallelen gezogen hat, aber was ich sagen kann ist: die Geschichte ist grandios umgesetzt und hat eine große Spannbreite an Gefühlen, Spannung und Dramatik, die mich von Anfang bis Ende gefesselt hat!

Es beginnt mit dem 8jährigen Johann Georg Gerlach, von seiner Mutter liebevoll "Faustus" (der Glückliche) genannt, weil er scheinbar an einem ganz besonderen Tag geboren wurde. So richtig glücklich ist der junge Faustus allerdings nicht, denn auch wenn versucht, das beste aus seiner Situation zu machen, bedrückt ihn die Krankheit seiner Mutter und die ständigen Erniedrigungen seines Vaters und seiner älteren Brüder sehr. Einzig Margarethe, seine Spielgefährtin und beste Freundin, lässt ihn die Sorgen vergessen. Das ändert sich mit seiner ersten Begegnung mit dem Zauberer und Astrologen Tonio del Moravia, dessen Tricks und seine unheilvolle Aura in wie magisch in den Bann ziehen.
Doch erst Jahre später schlägt das Schicksal mit einer Härte zu, die Johann aus seinem Leben reißt und zu einem umtriebigen, ständig Suchenden werden lässt, der den Verlockungen des Bösen kaum widerstehen kann.

"Der Drang nach Wissen war stärker als die Freundschaft.
Und so nahm das Schicksal - jener Fluch, von dem Johann gesprochen hatte, 
erneut seinen Lauf." Kap 22

Oliver Pötzsch hat hier die damalige Zeit mit vielen authentischen Hintergründen und farbenprächtigen Details geschmückt, die das Leben und Wirken der Figuren echt und anschaulich miterleben lassen. Vor allem die Rolle der Gaukler, Scholasten und selbsternannten Zauberer wirkte sehr überzeugend; sie waren ja eine gern gesehene Unterbrechung des anstrengenden Alltags, mussten aber auch mit vielen Vorurteilen kämpfen, gerade was die Ansichten der Kirche anbelangt.
Auch Johan Faustus geht hier auf einem schmalen Grad, denn sein unbändiger Drang nach Wissen macht ihn blind für das wahrhaft richtige und führt ihn zu Entscheidungen, die folgenschwere Konsequenzen nach sich ziehen.

"Er hatte wirklich geglaubt, dass ein neues Zeitalter anbrechen würde - 
eigene Gedanken statt Dogmen, die Welt vom Menschen ausgedacht,
und nicht von einem zornigen Gott, dessen verstaubte Regeln
auf ewig festgeschrieben waren." Kap 28

Der Pakt mit dem Teufel, Dämonen und Rituale, dieses Böse, dass sich in die Welt und die Herzen der Menschen schleicht ist hier wirklich großartig umgesetzt. Es gibt einige fast schon gruselige Szenen, aber interessanter fand ich vor allem auch die ständige unterschwellige Existenz und die ständigen Verführungen, denen Johan Faustus immer wieder unterliegt. Sich das Leben mit kleinen Lügen einfacher zu machen ist sicher jedem bekannt, aber durch das Bündnis, das er eingegangen ist, hat er mehr als jeder andere damit zu kämpfen. Er wird rastlos, hochfahrend und jähzornig und verliert dabei mehr und mehr sich selbst.
Diese Entwicklung erstreckt sich über mehrere Jahre und ich habe mit ihm gebangt, mitgelitten, ihn mit Vorwürfen überhäuft und ihn doch ins Herz geschlossen. Überhaupt sind alle Figuren sehr greifbar und prägnant, egal ob sie eine wichtige oder nur eine Nebenrolle einnimmt.

Der Schreibstil ist sehr flüssig zu lesen und an die historische Zeit angepasst - schön fand ich auch die Unterteilung der Kapitel in Akte. Während man mit Faustus quer durch Deutschland bis nach Italien reist, lernt man viel über die damaligen Umstände und Hintergründe. Bedeutende Persönlichkeiten der Geschichte tauchen auf, Erfindungen der damaligen Zeit oder auch Orte, wie die Geburtsstätte des tatsächlichen Johan Georg Faust in Knittlingen, auf die der Autor tatsächlich zufällig gestoßen ist. Hier sollte man unbedingt das Nachwort lesen, denn hier gibt es einige Infos wie Oliver Pötzsch zum Thema des Buches kam, einen kleinen Reiseführer der Schauplätze und einige Zitate aus Goethes "Faust", die man aus dem Alltag sicher kennt.

Ich bin absolut begeistert von der Geschichte die mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat. Es gibt viel Abwechslung, außergewöhnliche Figuren, authentische Hintergründe, eine durchgehende Spannung und ein dramatisches Finale mit einigen Überraschungen und ich bin jetzt schon mega gespannt, wie die Reise des Faustus weitergeht.


Meine Bewertung

 http://blog4aleshanee.blogspot.de/search/label/5%20Sonnen

© Aleshanee
 
  Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.
 Es gab diesbezüglich keinerlei Vorgaben und die Rezension 
spiegelt meine ganz persönliche Meinung wider.



Über den Autor: Oliver Pötzsch, Jahrgang 1970, arbeitete nach dem Studium zunächst als Journalist und Filmautor beim Bayerischen Rundfunk. Heute lebt er als Autor mit seiner Familie in München. Seine historischen Romane haben ihn weit über die Grenzen Deutschlands bekannt gemacht: Die Bände der "Henkerstochter"-Serie sind internationale Bestseller und wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt. 
Quelle: Ullstein Buchverlage


Band 2 "Der Lehrmeister" - meine Rezension



6 Kommentare:

  1. Hallo Aleshanee,

    deine Rezension liest sich toll und sehr aufschlussreich. Es ist interessant, wie Pötzsch die Geschichte des Faust hier zu seiner eigenen historischen Variante macht. Das Buch möchte ich vielleicht auch noch lesen, doch gerade bin ich mit dem neusten Teil der Wanderhure und ihren über 600 Seiten beschäftigt.

    Liebe Grüße Barbara

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    1. Dankeschön Barbara! Ja, er hat da wirklich eine eigene Geschichte draus gemacht, aber mit vielen Anspielungen, die ich wahrscheinlich nicht alle bemerkt habe, aber auch trotz meinem "Unwissen" gut rüberkamen. Großartig, weil es einfach viel Abwechslung gab, spannende Momente und dazu authentisch von der Zeit her. Kann ich auf jeden Fall empfehlen <3

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  2. Hey,

    eine tolle Rezension :) Ich lese das Buch selbst gerade (ich bin auf den letzten 100 Seiten und werde gleich weiterlesen) und bisher gefällt die Geschichte mir auch sehr, also kann ich viel in deiner Rezension erkennen, was ich so unterschreiben würde (tatsächlich habe ich mir das erste Zitat, das du herausgesucht hast, auch notiert). Was du über das Nachwort schreibst, klingt sehr interessant, also bin ich schon gespannt darauf, es selbst zu lesen. Hoffentlich wird das Finale mich ebenso begeistern wie dich!
    Ich habe den "Faust" in der Schule gelesen und mir sind deshalb ein paar Parallelen aufgefallen, aber mir ist bestimmt auch viel entgangen, da ich mich nur noch vage an die Handlung erinnern kann.

    Hab noch einen schönen Tag!
    Liebe Grüße,
    Kerstin

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    1. Vielen Dank! Ja, im Nachwort stehen noch einige interessante Infos, würde ich auf jeden Fall noch lesen ;)
      Ich hab mir jetzt schon überlegt, ob ich "Faust" nicht doch mal lese oder anschaue, eigentlich sollte man es kennen oder? *g* Ist ja auch nur ein dünnes Büchlein. Mal schauen ^^ Noch viel Spaß mit den letzten Kapiteln!

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  3. Hallöchen,
    na jetzt freue ich mich erst recht, dass dieses Buch auf meiner WL stehen habe. Spätestens nach Deiner Rezension wäre es sowieso dort gelandet *g*

    Liebe Grüße aus Wien,
    Conny

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    1. Wie schön! Das freut mich, und ich bin sicher, dass es dir auch gefallen wird! :)

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