Samstag, 10. August 2024

Mike und ich und Max Ernst von Antonia Michaelis

In einer hellen Mondnacht steht plötzlich die »Schöne Gärtnerin« vor Lucinda und erzählt ihr, dass sie aus ihrem Bild gestiegen sei, um ihre verschollene Schwester zu suchen. Lucinda glaubt zu träumen. Doch sie lässt sich überzeugen – und so machen sich die beiden auf eine abenteuerliche Suche quer durch Europa. Schon bald gesellt sich der Junge Mike zu ihnen. Und noch jemand hat sich an ihre Fersen geheftet: eine seltsame Frau, die vor nichts zurückzuschrecken scheint, um vor ihnen am Ziel zu sein ...

Vorgeschichte: Max Ernst malte zwei Versionen des Bildes "Die Schöne Gärtnerin". Die erste "Die Schöne Gärtnerin oder die Erschaffung Evas", entstand 1923 in Paris, wurde später von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und in der Ausstellung "Entartete Kunst" diffamiert. Seitdem ist sie spurlos verschwunden. 1967 malte Ernst, der den Verlust des Bildes nie ganz verwinden konnte, eine zweite, etwas abstraktere Version: "Die Rückkehr der Schönen Gärtnerin". 



Mike und ich und Max Ernst von Antonia Michaelis


empfohlen ab 10 Jahren - eine ungewöhnliche Liebesgeschichte

Verlag Loewe --- Seitenzahl 224 --- 1. Auflage Juni 2003




Meine Meinung 
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Wie meist bei den Büchern von Antonia Michaelis spielt sie auch wieder mit einer surrealen Realität. Sie verbindet das Leben und die Bilder des Künstlers Max Ernst,mit der mysteriösen Lebendigkeit der gemalten Figuren und der auf dem Cover angekündigten, ungewöhnlichen Liebesgeschichte. Dabei flechtet sie aber auch nebenher kleine Ansätze aus dem Zweiten Weltkrieg ein, ein Thema das immer wieder in ihren Büchern vorkommt, aber für das Lesealter passend verpackt ist. 

Die Protagonistin ist die 14jährige Lucinda. Sie lebt mit ihrem Vater in Berlin in einem Museum und ist ein eher verschrecktes, einsames Mädchen, das sich nicht viel zutraut. Als plötzlich ein Diebstahl das Vertrauen zwischen ihrem Vater und ihr zerstört, begibt sie sich auf eine Suche, bei der sie über sich hinauswachsen muss.

Die Idee, dass Figuren aus Bildern schlüpfen fand ich sehr interessant - vor allem, da die Autorin diese Vorstellung wieder einmal äußerst mysteriös dargestellt hat und gleichzeitig glaubwürdig, so dass kein Zweifel aufkam, die "schöne Gärtnerin" wäre tatsächlich als lebendes Geschöpf von der Leinwand gestiegen. 
Lucindas Reise ist eine Suche nach der verschollenen Schwester der Gärtnerin, aber auch eine Suche von Lucindas Selbst. Sie muss Stärke beweisen und Mut, vor allem gegenüber dem Jungen Mike, der ganz unverhofft auftaucht. Ihr ständiges Misstrauen begleitet sie die ganze Fahrt durch Europa, auch weil eine Frau immer wieder auf der Bildfläche erscheint, deren Absichten nicht ganz klar sind. 

Antonia Michaelis flechtet hier die Vergangenheit mit ein, das Zerstören von Kunstwerken in Menschen gemachten Dramen, und ein lebendiger Eindruck von einem jungen Mädchen, das aus seiner Einsamkeit ausbricht, indem ihm einfach "nur" die Möglichkeit dazu gegeben wird. 
Besonders schön fand ich ja Lucindas Beschreibungen, wenn sie auf die Bilder von Max Ernst zugreift und sich illusorische Vorstellungen der Landschaften ausdenkt, durch die sie kommen. Überhaupt ist der Schreibstil wieder sehr anschaulich und gut greifbar - als wäre man direkt mit dabei.

Eine kurze Geschichte, in der vieles angesprochen wird und trotzdem nicht überladen wirkt. Ich hab mich sehr gut unterhalten gefühlt, auch wenn ich keinen persönlichen Bezug zu den Bildern von Max Ernst gefunden habe - ich hab bei Kunst aber auch einen ganz kauzigen Geschmack ;) 


Meine Bewertung
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6 Kommentare:

  1. Liebe Aleshanee

    Das Buch und die Autorin muss ich mir ja unbedingt einmal ansehen. Ich mag es, wenn Bücher sehr verschiedene Themen/Genres streifen und mit Traum und Wirklichkeit spielen, aber auch noch gesellschaftskritisch sind, also einfach für alle etwas bieten und mich dabei sogar noch etwas lernen lassen.

    Lieben Dank für den Tipp
    Livia

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    1. Sie hat schon eine sehr spezielle Art und einige ihrer Bücher waren wirklich tolle Highlights für mich! Auch wenn die Genre oft gar nicht so meine Vorlieben treffen - trotzdem gefallen sie mir gut :)

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  2. Hallo liebe Aleshanee,
    ich weiß nicht, ob dieses Buch jetzt vom Thema her meinen Lesegeschmack treffen würde. Allerdings entnehme ich deine Rezension, dass die Autorin ein besonderes Talent hat, mit Worten umzugehen und gerade das macht mich neugierig.

    Scheinbar hat A. Michaelis auch schon sehr viele Bücher gelesen. Ich kenne noch kein einziges von ihr. Vom Titel her hat mich ja Tankstellenchips gleich angesprochen. Hast du das zufällig gelesen?

    Welches Buch von ihr kannst du empfehlen?

    Ganz liebe Grüße
    Tanja

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    1. Hm, Tankstellenchips ist das einzige, das mir nicht so gut gefallen hatte ^^

      Empfehlen würde ich für dich... Das Blaubeerhaus, Jenseits der Finsterbachbrücke, Die Worte der weißen Königin, wenn ich so über deinen Lesegeschmack nachdenke.

      Meine Favoriten sind Der Märchenerzähler, Im Auge des Leuchtturms, Solange die Nachtigall singt - und absolutes Highlight war für mich Niemand liebt November

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    2. Verdammt und dabei klingt der Titel doch so gut :o))))))

      Ich danke dir für die Empfehlungen. Ich schaue mir die Bücher gleich mal genauer an.

      Niemand liebt November klingt vom Titel her aber auch sehr ansprechend muss ich sagen ...

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    3. Naja, vielleicht gefällt dir Tankstellenchips ja auch :) Das war das erste von ihr mit "Humor" und der war einfach so gar nicht meins...

      Niemand liebt November ist wie viele andere Bücher von ihr mit einer gewissen Tragik, aber eben großartig geschrieben, ich mag ihren Schreibstil einfach wahnsinnig gerne <3

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