Montag, 19. April 2021

Geheimtipp: Was Preema nicht weiß von Sameena Jehanzeb

Was Preema nicht weiß von Sameena Jehanzeb

Wenn deine Reise am Ende beginnt, wohin mag sie dich führen?

Manche Tage fangen mieser an als andere. Besonders solche, an denen man schwerelos und ohne nennenswerte Erinnerungen in einem weißen Nichts aufwacht. Preema Anand sind nur zwei Dinge geblieben: ihr Name und die Gewissheit, dass die Welt untergegangen ist. Doch kurz bevor ihr Verstand dem Wahnsinn verfällt, trifft sie auf weitere Überlebende, die sich auf eine vermeintlich idyllische Lichtung mitten im Nirgendwo gerettet haben und Antworten in wilden Theorien suchen. Je dringlicher auch Preema die Geheimnisse ihrer Umgebung und die ihrer eigenen Vergangenheit zu ergründen versucht, desto deutlicher wird, dass ihre Erinnerungen gefährlicher für sie sein könnten als die grauen Schemen, die die Überlebenden heimsuchen …
 
 
Die Welt endete am 13. April 2036 mit ohrenbetäubendem Getöse, einem allumfänglichen Verlust der Orientierung und einer so tiefgreifenden Furcht, dass sie einem den Verstand in tausend Scherben brach.
Erster Satz
 
Meine Meinung
 ❤ ❤ ❤ ❤ ❤ ❤ ❤ ❤ ❤
 
Das Ende der Welt - doch Preema hat irgendwie überlebt und findet sich in einem völlig weißen Nichts wieder. 
Ein sehr ungewöhnlicher Anfang, der neugierig macht, und ich wusste wirklich gar nicht, auf was ich mich hier einlasse oder wohin mich diese Geschichte führen wird.
 
Die Beschreibungen sind jedenfalls sehr anschaulich und ich konnte gut mit Preema mitfühlen, die sich mit der ganzen Situation komplett überfordert fühlt. Auch als sie auf andere Menschen trifft, die ebenfalls Überlebende sind, bleibt ihr der Sinn des ganzen verborgen. Sie kann sich nicht wie die anderen damit anfreunden, alles einfach hinzunehmen und so versucht sie, aus den wenigen Erinnerungen, die immer wieder aufblitzen, einen Zusammenhang herzustellen. 
 
Es ist wirklich schwierig zu beschreiben ohne zu spoilern und gerade das Nichtwissen, was als nächstes kommt oder was dahintersteckt, macht einen großen Reiz der Geschichte aus!
Die Menschen auf der "Lichtung", denen Preema begegnet, haben viele Theorien, warum sie hier sind, aber sie nimmt nichts einfach hin und versucht, auf eine eigene Lösung zu kommen. 
Die Erinnerungen, die Preema kleine Stückchen aus der Vergangenheit zeigen, sind teilweise sehr traurig, ja geradezu dramatisch, aber auch liebenswert und lustig. Der Humor kommt hier immer wieder durch und es gab viele schöne Momente. 
 
Ein paar Details hab ich mir rausgepickt, weil sie mir besonders ans Herz gewachsen sind. Zum Beispiel beschreibt die Autorin eine ganz tolle Methode, um kleinen Kindern die Angst vor "Monstern im Kleiderschrank" zu nehmen. Besonders witzig auch eine Stelle, in der Preema auf das Geschlecht hinweis:
 
"Es ist ein Mädchenmonster. Siehst du? Es hat Mamahubbel" 
Seite 85

"Mamahubbel" hab ich noch nie im Leben gehört, aber es klingt so süß <3
Die Erinnerungen gehen auf Kindheitserfahrungen zurück, aber auch auf das ältere Ich von Preema - womit sie manchmal Freude, oft aber auch Schmerz verbindet.
 
"... aber letztlich können wir weder vor unserem Schmerz noch vor unseren Fehlern davonlaufen", sagte er traurig. 

Fehler machen wir alle und die Konsequenzen sind nicht immer überschaubar, dennoch müssen wir mit ihnen leben und zurechtkommen; und sie sind auch wichtig, um aus den Erfahrungen zu lernen! 
 
Während sich Preemas Erinnerungslücken immer mehr auffüllen, spürt sie sehr deutlich, welche einschneidenden Erlebnisse ihr Leben geprägt haben.
 
Es ist auch eine Liebesgeschichte mit dabei, die ich sehr erfrischend fand. In einer anderen Rezension hab ich gelesen, dass Gwenn, die hier Preema sehr selbstbewusst anbaggert, zu "übergriffig" rüberkommt und es bei einem Mann ganz anders aufgefasst würde. Ich fand Gwenns hartnäckiges Flirten teilweise auch manchmal ganz schön direkt und penetrant, aber wenn man die Hintergründe weiß, relativiert es sich auch wieder. Ich finde auch etwas schade, dass dieses "Spiel" und Werben in der Verliebtheit oft gleich mit so einem Makel behaftet ist oder gesehen wird, denn gerade dieses Necken und Herausfordern kenne ich als etwas schönes. Etwas, das Schmetterlinge im Bauch tanzen lässt und das den Raum gibt um zu sehen, ob man zusammenfindet oder eben nicht.  
 
Was mich besonders gefreut hat war auch, dass ein Missverständnis sofort behoben wurde, da man darüber geredet hat. Es wurde nicht unnötig aufgebauscht wie man das ja oft bei Liebesgeschichten kennt, sondern direkt aus der Welt geschafft, ein sehr sympathischer Zug! 

Ich hab mich jedenfalls durchweg sehr gut unterhalten gefühlt und mochte den lockeren Stil sehr gerne. Manche Szenen waren für mich etwas schwer nachzuvollziehen, aber das war eher so am Rande; dafür gab es andere Momente, die mich richtig mitgehen haben lassen. Es sind definitiv viele originelle Ideen beigemischt, die dem ganzen einen lebendigen Rahmen gegeben haben.

Das Ende war für manche vielleicht zu vorhersehbar, ich bin da meist einfach zu unbedarft um sowas schneller zu entdecken, obwohl ich auch eine Ahnung hatte. Aber ich fand es sehr schön und stimmig! 

Nicht ganz so konform gehe ich mit 

Eine Frau, die in der Rolle als Hausfrau und Mutter aufging, die sich selbst aufgab, um für andere zu leben.
Seite 239

So aus dem Kontext gerissen ist das etwas schwierig und ich nenne das nicht als Kritik, dennoch sind mir die Gedanken, die mir hier kamen, wichtig: Das ist/war durchaus ein Problem vieler Frauen, weshalb "wir" von dieser typischen Hausfrauen-Rolle wegwollen und sicher gibt es Frauen, die sich selbst verlieren dabei, aber ich denke, da liegt noch viel dahinter als alleine diese "Rolle". Ich sehe es eher so (wie sicher auch die Autorin), dass Frauen sich entscheiden sollen dürfen, was sie machen wollen. Dass man weder auf jene herabschaut, die ehrgeizig sind im Job, aber auch nicht auf jene, die lieber zuhause bleiben und in der "Rolle" als Mutter und/oder Hausfrau aufgehen. 
Beides sollte akzeptiert werden. Natürlich wenn es die eigene Entscheidung ist und nicht von anderen gefordert wird. 

"Sie gibt vor, glücklich zu sein. Das ist etwas Anderes. Wer kann schon wirklich zufrieden damit sein, alleine zu leben?"
Seite 238

Das kam auch eher so nebenbei, dennoch war mir diese Aussage wichtig, da Preema dagegen spricht. Dieses immerwährende Bild eines Lebens, dass ohne Partner nicht lebenswert ist, findet man überall (und natürlich auch in Büchern) und empfinde ich für viele sehr deprimierend. Man ist es zwar gewohnt (was keine Garantie für Richtigkeit ist), dennoch kann man auch alleine sehr gut zurecht kommen, man kann glücklich sein und die Liebe auch durch andere Menschen erleben: die Familie, Freunde, Arbeitskollegen und andere Mitmenschen, die man ins Herz schließt. Liebe ist so vielfältig und nicht nur auf einen Partner begrenzt, ohne dessen Liebe man sozusagen kein "vollwertiger Mensch" ist. Dass einem etwas fehlt und man vereinsamt - so ist es nicht, wenn man sich nicht von der gesellschaftlichen Vorstellung mitreißen lässt.
Es wird nur immer wieder überall suggeriert und ich denke, dass Menschen durchaus ein schönes Leben auch ohne festen Partner haben können, wir sind alle so verschieden, da hat auch dieses Phänomen seinen Platz ;)  Deshalb war es mir wichtig, das hier zu erwähnen. 

Übrigens streut die Autorin immer wieder Metaphern zu Filmen, Musik oder nerdige Details ein, was besonders erfrischend war, sowas liebe ich immer sehr!

Insgesamt eine überraschende Geschichte mit vielen tiefen Einblicken in das Schicksal, die Liebe, Freude und Leid - interessant aufgebaut und amüsanten sowie bewegenden Momenten.

 
Meine Bewertung
 ❤ ❤ ❤ ❤ ❤ ❤ ❤ ❤ ❤
 


 Ebenfalls rezensiert von

 
 

 

Was Preema nicht weiß von Sameena Jehanzeb

 
Genre Science Fiction / Phantastik / Drama
Selfpublisher
Seitenzahl 360 -- 1. Auflage Mai 2020
 

 
 
Von der Autorin ebenfalls gelesen
 
  • den Genremix aus Science Fiction, Fantasy, Krimi und Liebesgeschichte - mit einem Schuss Humor - meine Rezension -
 
Juno kämpft sich nach vielen Enttäuschungen durchs Leben. Bis zu dem Tag, als sie in eine Pfütze stolpert – und sich auf dem fremden Planeten Brïn wiederfindet …
Im mittelalterlichen Frankreich gesteht die heranwachsende Jeanne ihrer Freundin Marie ihre Liebe. Sie ahnt nicht, welche Folgen das für sie hat …
Die Führerin und magische Stimme des Planeten Brïn ist tot – der Planetenschild geschwächt, die Portale zu anderen Welten brechen zusammen …

So weit diese Ereignisse auseinander zu liegen scheinen, sind sie doch auf phantastisch-skurrile Weise miteinander verwoben. Brïn ist ein Planet voller Mystik und Magie. Wächter beschützen ihn vor Angriffen bizarrer Kreaturen und ein bestialischer Mörder treibt sein Unwesen.
Wie ein roter Faden ziehen sich dabei die Schicksale zweier Frauen, die über Raum und Zeit miteinander verbunden sind, durch den Strudel der Ereignisse.
 
 


Von klein auf liebt Kora den Schnee und den Winter. Seine eisige Umarmung gibt ihrem kranken Herzen das Gefühl, im richtigen Takt zu schlagen. Je älter Kora wird, desto weniger Schnee gibt es in ihrem Leben. Die Welt wird wärmer, die Umweltkatastrophen verheerender und schon bald muss Kora den Winter suchen. Schließlich findet sie ihn in einem kleinen Dorf, in dem der Legende nach die Schneekönigin wohnt. Als sie tatsächlich auf diese trifft, stellt die Königin des Winters sie vor eine Entscheidung, bei der Kora nur verlieren kann – ganz gleich, welche Wahl sie trifft.
 
 

 


4 Kommentare:

  1. Hallo Alex :)
    Mich hier zu sehen, überrascht dich jetzt vermutlich nur wenig :D Ich war so gespannt auf deine Rezension zum Buch und muss sagen: ich bin jetzt definitiv noch neugieriger geworden. Was du schreibst, klingt wirklich großartig und vorallem im Verlauf der Geschichte auch vielseitig. Es werden unterschiedliche Themen aufgeworfen und zumindest viele davon werden auch unterschiedlich betrachtet und nicht alle einfach so stehen gelassen.
    Auch der Reiz, nicht zu wissen, was da kommt, könnte sich bestimmt gut auf mich übertragen. Ich habe mir das eBook jetzt kurzerhand einfach mal gekauft und versuche es bald in meiner Leseplanung unter zu bekommen :)
    Liebe Grüße
    Dana

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    1. Das freut mich wirklich sehr und ich bin sicher, dass dir die Geschichte auch so gut gefallen wird!
      Ja es ist vielseitig, aber dennoch auf den Punkt. Also es zerfasert nicht, sondern bleibt auf der Linie, aber eben sehr abwechslungsreich, und die Zusammenhänge werden dann aber immer klarer.
      Ich bin sehr gespannt was du dazu sagen wirst :)

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  2. Liebe Aleshanee

    Auf die Rezension habe ich mich schon sehr gefreut. Du hast wirklich wundervolle Worte für dieses Buch gefunden und mich einfach noch neugieriger gemacht. Alle meine dringenden Buchwünsche sammle ich jeweils und wenn einige zusammengekommen sind, bestelle ich die bei meiner Lieblingsbuchhandlung. "Preema" habe ich gleich auf die Liste gepackt, es wird bei meiner nächsten Bücherbestellung auf jeden Fall dabei sein :-)

    Alles Liebe an dich
    Livia

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    1. Das freut mich wirklich sehr!
      Die Geschichte ist unglaublich interessant und so witzig und liebevoll erzählt - ein Gefühlskarussell dass dich sicher genauso einnehmen wird! :)

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